Das Erwachen
Verliebtheit, sondern eine Waffe. Henry, gesegnet mit einer überdurchschnittlichen Potenz, benutzte diese Waffe, um Frauen zu züchtigen und um sie, aus für Sarah unerklärlichen Gründen, zu bestrafen. Gleichzeitig fühlte er sich überlegen und aufgewertet. Auch Sarah wurde immer wieder bestraft, in Besitz genommen, viel öfter als ihr lieb war und selbst dann, wenn sie keine Lust empfand und nicht bereit war zu körperlicher Liebe.
Anfänglich, als sie noch einen Rest von Verliebtheit fühlte, ließ sie Henry gewähren und erduldete seine Attacken. Später begann sie sich zu wehren, aber immer nur halbherzig und auf eine missverständliche Art, die Henry sogar ermunterte. Als Henry sie mit seiner sexuellen Gier und dem perversen Bestätigungsdrang mehr und mehr anwiderte, ihre Abneigung zunahm und er dies zu spüren bekam, da fing er an, sie zu schlagen. Das steigerte seine Lust und verlieh ihm Macht. Wieder einmal hatte er es einer Frau gezeigt. Seiner Frau gezeigt.
Sarah hatte über Monate den Fehler begangen, dass sie sich zu widersprüchlich und inkonsequent verhielt. Mal ums Mal gab sie Henrys Werben nach. Dann konnte er charmant und liebevoll sein. Und weil ihr Henry solch wollüstige Orgasmen bereitete, duldete sie sogar während des Beischlafs seine körperlichen Züchtigungen.
»Was beschwerst du dich wegen der Schläge«, hatte er sie einmal ausgelacht. »Das gehört dazu, bringt dich auf Touren und steigert die Lust. Ist es nicht so?«
Er hatte ihr den Hals zugedrückt und sie war tatsächlich zum Höhepunkt gekommen. Und zwar auf eine solch intensive Art, wie sie es noch nie erfahren hatte.
»Unter Sauerstoffmangel ist es noch schöner«, hatte er auf ihre Frage geantwortet. »Das habe ich gelesen. Irre Gefühle soll man dabei empfinden. So eine Art Rausch.«
Das hörte jedoch mit einem Mal schlagartig auf. Henry hatte sie zu fest und zu lange gewürgt, Sarah war ohnmächtig geworden.
Es war schon längst dunkel, als sie nach Hause kam. Die Hunde lagen in der Diele und dösten, außer ihr war niemand anwesend. Sarah duschte, zog einen Morgenmantel an und begann mit ihrem allabendlichen Ritual des Vergessens. Im dunklen Wohnzimmer sitzend, trank sie Cognac und schaute hinaus auf den beleuchteten Stadtteil auf der anderen Seite der Saar. Autos huschten über die Brücke und bogen nach links ab zum Bahnübergang, der tagsüber oft geschlossen war und lange Staus verursachte. Wenig später fuhren die gleichen Autos eine leichte Anhöhe hinauf, an einem Supermarkt vorbei und glitten lautlos auf einem Höhenrücken weiter zur nächsten Ortschaft. Die Scheinwerfer spiegelten sich im Wasser der Saar.
Sarah wusste nicht, wie lange sie aus dem Fenster geschaut und getrunken, immer wieder getrunken und sich im Vergessen geübt hatte. Irgendwann nach Mitternacht schlief sie ein und hatte wieder einen jener dumpfen Träume, in denen Henry über ihr kniete und sie von oben herab anlächelte. Er streichelte ihre Brüste, und in seinem Gesicht stand die Vorfreude geschrieben. Seine Gier und seine Geilheit sprangen sie an.
Wie all die Male zuvor war auch heute das Zimmer fast dunkel. Irgendwo in der Ecke brannte eine Lampe, die nur etwas gedämpftes Licht spendete. Allein Henry war für Sarah zu erkennen, sein muskulöser Oberkörper. Alles andere lag im Schatten. Henry lächelte sie auf seine jungenhafte und natürliche Art an, die sie vor Jahren so ungemein bezaubert hatte.
Sie öffnete ihren Mund, hauchte zärtliche Worte und forderte ihn auf, in sie einzudringen. Sie war bereit und roch seinen heißen Atem, spürte die Wärme seines Körpers und seine Männlichkeit. Henrys entspanntes Gesicht veränderte sich, seine Züge wurden härter, der Unterkiefer zeichnete sich ab. Die Adern an seiner Stirn und am Hals schwollen an, er fasste sie mit hartem Griff an der Schulter. Sarah spürte die ruckartigen, kraftvollen Stöße, denen sie sich anpasste. Der Rhythmus wurde heftiger, Henry gab ihrem Körper keine Chance, entgegenzuhalten, zu ungestüm war sein Takt.
Sarahs Augen begannen zu brennen. Wieso brennen meine Augen, fragte sie sich im Traum. Meine Augen brennen doch sonst nie. Meine Augen brennen nur, wenn Henrys Schweißtropfen von der Stirn …
Sarah hörte sich schreien und erschrak. Die ruckartigen Stöße hörten auch für zwei Sekunden auf, um dann erneut einzusetzen.
Verschwommen sah sie Henry über sich, die Stirn mit glitzernden Schweißtropfen gesprenkelt, spürte den prallen Penis in ihrer
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