Das Erwachen: Dunkle Götter 1
allerdings selten. Auf hundert andere kommen höchstens ein oder zwei, die dieser Gruppe angehören. Eine angenehme Nebenwirkung ist allerdings die, dass die Stoiker mit subtilen Methoden, wie etwa durch Verzauberungen oder andere magische Mittel, die Geist und Seele beeinflussen, nicht beeinflusst werden können. Dadurch sind sie in gewissen Positionen, besonders bei Gericht, von großem Wert. Natürlich können sie anderen Formen der Magie dennoch unterworfen werden, aber gewiss nicht in stärkerem Maße als jedes andere körperliche Wesen oder Objekt.
Die große Mehrzahl der Menschen besitzt nur eine sehr geringe Ausstrahlung und ist ohne umfassende Ausbildung und Auseinandersetzung mit der Magie kaum fähig, in nennenswertem Ausmaß auf das Aythar Einfluss zu nehmen. Gleichermaßen fällt es ihnen schwer, Dinge, die dem Wesen nach rein magischen Ursprungs sind, überhaupt wahrzunehmen. Diese Menschen sind zwar in der Lage, magische Gerätschaften zu benutzen, und können nach langer Übung ein wenig Aythar sogar gezielt einsetzen, doch geht dies nie über ein sehr beschränktes Maß hinaus.
Marcus der Ketzer,
Über das Wesen von Glaube und Magie
Als ich erwachte, fiel strahlender Sonnenschein durch das offene Fenster ins Zimmer. Ich blinzelte in dem hellen Licht und versuchte, den Kopf mit einem der verzierten Kissen zu schützen, die ich am Vorabend zur Seite geschoben hatte. Irgendjemand riss es weg.
»Bei allem, was heilig ist!« Ich zog mich unter die Bettdecke zurück, um dem Licht zu entkommen. Eigentlich bin ich gar kein Langschläfer, aber in der vergangenen Nacht war ich fast bis zum Morgengrauen wach geblieben. Freilich musste es jetzt irgendjemand auf mich abgesehen haben – also hielt ich verzweifelt die Decke fest, die mein Plagegeist wegziehen wollte.
»O nein, das kommt nicht infrage! Mordecai Eldridge, du stehst sofort auf! Ich habe dich heute Morgen schon oft genug entschuldigt. Du hast bereits dein Treffen mit dem Herzog versäumt, und wenn du meinst …«
»Was?« Ich ließ die Decken los und richtete mich auf. Penny, mein Plagegeist, taumelte zurück, stolperte über den Stuhl und riss die Decken mit.
»Au!«, rief sie, als sie unsanft auf ihr Hinterteil fiel. An dieser Stelle sollte ich ein paar Dinge erklären. In jenen Tagen schliefen die meisten Menschen nackt, und auch für mich waren Schlafanzüge und Nachtgewänder ein unbezahlbarer Luxus. Als Penny wieder aufstand, wurde mir dies peinlich bewusst, ganz zu schweigen von meinem kleinen Soldaten, der seinen strammsten Morgengruß entbot. Nun war ich für den Überfluss an schmückenden Kissen äußerst dankbar und griff eilig zu, um meine Blöße zu bedecken. Penny war so freundlich, den Blick abzuwenden.
»Hör mal, Penny, wir sind ja schon lange Freunde, aber wäre es nicht besser, wenn du beim nächsten Mal anklopfst?« Verdammt wollte ich sein, wenn ich mich von ihr in Verlegenheit bringen ließ, denn ohne Zweifel war doch ich das Opfer.
»Ich habe geklopft! Ich habe um sieben angeklopft, um acht bin ich noch einmal gekommen, und um neun zum dritten Mal! Du solltest dich um halb zehn mit dem Herzog treffen, aber ich sagte ihm gleich, du seist krank. Zuerst hat er mir wohl nicht geglaubt, aber Marcus hat schon behauptet, er hätte dich gestern wach gehalten, und ihr hättet zusammen etwas getrunken.« Sie schien sehr verstimmt, aber mir fiel auf, dass sie keinerlei Anstalten machte, mir die Decken zurückzugeben. Vielmehr wanderte ihr Blick immer wieder zu meinen Beinen. Oder jedenfalls nahm ich an, dass es meine Beine waren. Ich rückte das Kissen zurecht und vergewisserte mich, dass ich auch wirklich bedeckt war. »Um zehn Uhr bin ich dann hereingekommen, um zu putzen und zu lüften«, fuhr sie fort. »Du hast geschlafen wie ein Toter.«
Sie war fest entschlossen, mir die selbstgerechte Empörung zu verderben. »Wie spät ist es denn jetzt?«, fragte ich etwas kleinlaut.
»Mittag.« Die hochgezogene Augenbraue und die geschürzten Lippen verrieten mir, dass die Mittagszeit eindeutig zu spät war, um aus dem Bett aufzustehen.
»Mittag?« Jegliche Entschlossenheit, nur ja keine Verlegenheit zu zeigen, verließ mich. »Es tut mir leid, Penny. Hör mal, ich bin dir dankbar, dass du dich so für mich verwendet hast, aber könntest du mich jetzt allein lassen, damit ich mich anziehen kann?« Ich blickte zur Kommode. Am vergangenen Abend, nein, am frühen Morgen, hatte ich einen heldenhaften Kampf ausgefochten, um den
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