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Das Erwachen: Dunkle Götter 1

Das Erwachen: Dunkle Götter 1

Titel: Das Erwachen: Dunkle Götter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael G. Manning , Jürgen Langowski
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er recht hatte. Ich wollte mich schon umdrehen und zurückkehren, weil endlich die Vernunft die Narrheit besiegt hatte. Dann aber blickte ich Star in die Augen. In diesem Moment veränderte sich mein Leben. Alles, was vorher gewesen war, wurde weggefegt, und ich und meine Freunde gerieten auf einen Weg, den wir nicht mehr verlassen konnten. Die Historiker hätten viel weniger zu schreiben gehabt, wenn ich der verängstigten Stute nicht in die Augen geblickt hätte.
    An diesem Punkt bin ich nicht mehr sicher, wie ich mein Erlebnis beschreiben soll. Einige derjenigen, die dies lesen werden, haben sicherlich auch selbst schon schwere Krisen durchgestanden und kennen den Ansturm der Gefühle, die in einem solchen Augenblick losbrechen, in jenem Moment zeitloser Klarheit, da man in der Spanne, die ein Blinzeln dauert, tausend Gedanken fassen kann. Dies war ein solches Geschehnis, und als ich dem edlen Tier ins Auge blickte, fühlte ich mich, als hätte sich ein Fenster zu meiner eigenen Seele aufgetan. Meine Welt schrumpfte, bis sie rein gar nichts mehr enthielt. Nichts außer Star und mir selbst. Die Augen des Tiers waren wild vor Angst, die Atemzüge der heftig pumpenden Lungen waren trotz des rauschenden Wassers laut zu vernehmen. Mein Körper kam mir leicht und substanzlos vor, ich versank förmlich in dem Blick der Stute und verlor mich selbst. Schließlich gab es nur noch Star, denn auch Mordecai war verschwunden, als hätte er nie existiert. Mein Körper und mein ganzes Selbst existierten nicht mehr. Natürlich war mein Körper immer noch vorhanden, aber er hatte sich verändert und war wesentlich schwerer geworden. Außerdem war es kalt geworden. Mein Herz schlug so heftig, dass ich dachte, es springe gleich aus der Brust heraus. Ich war in dem kalten Fluss fast untergetaucht, und die Kälte drang mir in die Knochen und raubte mir die Kräfte. Zugleich drückte mich die Strömung gegen den Baum und zog mich unwiderstehlich nach unten.
    Ich konnte einen jungen Mann am Flussufer sehen, der allmählich zusammensank wie eine Puppe, der man die Fäden abgeschnitten hatte. Er rutschte ebenfalls in den Fluss. Ich fragte mich, wer er sein mochte. Mit letzter Kraft hielt ich mich über Wasser und hatte in meiner Verzweiflung nur einen einzigen klaren Gedanken. Wenn ich etwas fände, worauf ich sicher stehen konnte, dann würde ich mich aufrichten und aus dem Eiswasser heraussteigen können. Meine Hände berührten etwas Hartes, dann fanden es auch die Füße, und ich stieg tatsächlich empor. Beim nächsten Schritt stieß ich abermals auf etwas Festes, auf dem ich stehen konnte, und stieg dann beharrlich immer höher. Während ich auftauchte, fühlten sich meine Hände seltsam an, und als ich nach unten blickte, erkannte ich, dass ich Hufe besaß. Zunächst fand ich das dumm, denn ich war ganz sicher, dass ich ohne Hände nicht die Böschung hinaufklettern konnte. Also lief ich flussaufwärts, bis ich eine Stelle erreichte, wo das Ufer sanfter anstieg. Diese Stelle wählte ich aus, um vollends hinauszuklettern.
    Als ich zurückblickte, sah ich einen zweiten jungen Mann, in dem ich Marcus erkannte. Er zog den anderen Jungen aus dem Fluss und die Böschung hinauf, war dabei aber nicht sehr erfolgreich. Die steile Wand war voller Schlamm, der unter ihm wegrutschte. Es würde ihm sicher nicht gelingen, den anderen Jungen ganz nach oben zu zerren. So versuchte er, unter ihn zu gelangen und ihn wenigstens über die eingebrochene Kante der Böschung zu schieben. Klar war jedoch, dass er nicht hoch genug kommen würde, weshalb ich beschloss, ihm zu helfen. Ich stieg den Damm hinauf, näherte mich der Kante und blickte hinab, als er sich mit dem schlaffen Körper des bewusstlosen jungen Mannes abrackerte. Gerade stieß er ihn wieder hinauf, und da ich die Hände nicht gebrauchen konnte, senkte ich den Kopf und packte den Jungen mit den Zähnen am Kragen. War mein Hals schon immer so lang gewesen? Jedenfalls zerrte ich ihn mühsam bis aufs Gras und schleppte ihn weiter, bis ich sicher war, dass er auf festem Untergrund lag.
    Inzwischen war auch Marc heraufgekommen und rief mir etwas zu. Als ich ihn ansah, fiel mir auf, dass die Farben seltsam waren. Es war eindeutig mein Freund, aber er sah dennoch verändert aus. Dann blickte ich nach unten zu dem unbekannten Fremden. Auch sein Gesicht kam mir irgendwie bekannt vor. Er hatte lange schlaksige Arme und Beine, und dann durchfuhr mich ein eiskalter Schreck, denn ich war es ja selbst,

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