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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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auf gleicher Höhe entgegenstarrten. Dabei sah er den Schreiber auf eine Art an, wie ihn noch nie ein lebendes Wesen, ob Tier oder Hydden, angesehen hatte, noch nicht einmal seine Mutter: mit grenzenloser Ergebenheit, rückhaltloser Hingabe, glühendem Stolz und beängstigender Fürsorglichkeit.
    Dann stürzte er sich ohne weitere Umstände auf Stort. Verwirrt durch all die Gefühlsbezeigungen, die ihm natürlich ein Rätsel waren, glaubte der Schreiber sein Ende gekommen. Zwei große Pfoten legten sich auf seine Schultern. Aber statt gebissen zu werden, widerfuhr ihm etwas beinahe ebenso Schlimmes: Er wurde von einem Hund abgeschleckt, der in Liebe zu ihm entflammt war.
    Und diese Liebe war größer als jede Liebe, die ein Hydden jemals erfahren hatte.
    Eine Liebe so groß wie das Universum.
    Verglichen damit war die Umarmung Ma’Shuqas, die Stort zu Beginn des Sommers fast ums Leben gebracht hatte, nur ein flüchtiger Kuss auf die Wange.
    »Igitt!«, stieß er hervor. »Oh ... Hilfe!«
    Sein Pulver, so schien es, besaß ganz und gar nicht die Macht zu vertreiben, sondern wohl eher die, augenblicklich unbändige, unermessliche Liebe zu entfachen.
    Im nächsten Moment spürte Stort einen schmerzhaften Biss am Schienbein.
    Ein anderer Hund hatte seine widerwärtige, sabbernde Schnauze vorgedrängt und nagte an Storts Bein.
    »Autsch!«
    Dann, während er sich noch der Zudringlichkeiten des großen Hundes erwehrte, biss ihn ein zweiter kleinerer ins andere Bein.
    »Autsch!«
    Und in den Knöchel!
    »Nein! Hilfe!«
    Hilfe?!! Der große Hund hörte es und schien zu denken: Wird mein Herr angegriffen? Kann es sein, dass ein anderer Hund es wagt, ihn zu bedrohen?
    Solche oder so ähnliche Gedanken fanden auf holperigem Weg in sein Hundehirn.
    Er hörte auf, Stort abzuschlecken.
    Er sah ihm in die Augen und schien zu sagen: »Überlass das mir!«
    Obwohl er im vorausgegangenen Kampf an der Schulter verletzt worden war, fuhr er geschmeidig herum wie ein Athlet und knurrte.
    Seine Artgenossen sprangen zurück.
    In Erwartung eines klaren Befehls blickte er sich nach Stort um.
    Herr, was soll ich tun? Sag es nur, ich werde gehorchen!
    Stort verstand.
    »Nun«, sagte er, »vielleicht ...«
    Die anderen Hunde wichen zu Seite, und der große Bull Terrier erschien wieder.
    »Äh ...«, fuhr Stort fort, »vielleicht könntest du ...«
    Der Bull Terrier kam näher.
    »Töte ihn!«, rief Stort.
    Der Hund stürzte sofort los, jetzt eine Ein-Hund-Armee und offenbar aller Schmerzen in der Schulter ledig.
    Töte ihn? Dein Wunsch ist mir Befehl!
    Er machte einen Satz, packte den Mörder seiner Familie, schüttelte ihn, wie Cluckett freitagmorgens vor Storts Haustür einen Staubwedel auszuschütteln pflegte, und schleuderte ihn in die Dunkelheit, wo sein Körper irgendwo leblos zu Boden fiel.
    Stort verstand.
    »Bei Fuß!«, rief er.
    Mit bluttriefenden Lefzen kam der große Hund bei Fuß. Er sah Stort an, als erwarte er einen anerkennenden Klaps oder auch zwei, die er prompt bekam.
    »Was haben wir denn da?«, fragte Stort, als er bemerkte, dass der Hund ein Halsband trug. Er hatte also einem Menschen gehört oder tat es noch und besaß einen Namen.
    Stort las laut, was auf der Blechmarke stand: Georg Friedrich Händel.
    »Merkwürdiger Name«, sagte er, »kommt mir entfernt bekannt vor. Aber einfach nur Georg wird es auch tun!«
    Georgs Glück war vollkommen, als er seinen Namen hörte. Nun war er wieder er selbst. Voller Freude und voller Stolz auf die vollbrachte Leistung schaute er zu Stort auf und legte den Kopf etwas schräg, als wollte er fragen: »Was nun?« Als Stort in die Richtung losmarschierte, in die seine Freunde entschwunden waren, trottete Georg ihm nach, den Kopf beinahe so hoch wie Stort, aber in respektvollem Abstand zwei Schritte hinter ihm.
    Wie es seine Gewohnheit war, sprach Stort laut aus, was ihm durch den Kopf ging. »Ich frage mich, wo die anderen wohl sind.«
    Georg fasste dies als Befehl auf, lief ein Stück voraus und schnüffelte eine Weile im Müll. Als er auf eine Fährte stieß, schaute er zurück, vergewisserte sich, dass sein Herr folgte, und führte ihn dann in zügigem Tempo zielsicher durch das verschlungene Labyrinth der Abfallberge.
    Jack und die anderen steckten in einer misslichen Lage.
    Sie hatten bemerkt, dass sie Stort verloren hatten, und mit ihm die beiden Steine. Für eine gefahrlose Umkehr war es zu spät, denn sie wurden von zu vielen Hunden verfolgt, gegen die sie hätten kämpfen

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