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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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Leben.«
    »Wie kommen Sie darauf, dass eine simple Kugel einem Hydden zu ewiger Jugend verhelfen kann?«
    »Von ewig habe ich nie gesprochen, Herr. Ich glaube, dass Sie nur langsamer sterben als wir anderen.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Den Aufzeichnungen zufolge weilt kein anderer Hydden, der mithilfe eines Steins sein Leben verlängert hat, noch unter uns ... und, nun ja, aus der Nähe sind Zeichen des Alterns nicht zu übersehen.«
    Sinistral stand auf, unruhig, doch in höchstem Maße angetan von diesem furchtlosen und scharfsinnigen Geist. Er traf eine Entscheidung.
    »Ich habe beschlossen, Sie in meine persönliche Kanzlei zu holen, Blut. Allerdings nur unter zwei Bedingungen. Erstens: Sie sprechen niemals mit jemandem über den Stein, von dem Sie zu Recht annehmen, dass er sich in meinem Besitz befindet.«
    »Sehr wohl, Herr. Und die zweite?«
    »Mir gegenüber werden Sie weiter offen die Wahrheit sagen, so wie Sie es eben getan haben. Haben Sie verstanden?«
    »Ja, Herr, das werde ich.«
    Der Kaiser zweifelte nicht daran.
    An jenem Tag hatte Bluts kometenhafter Aufstieg im Dienst des Kaisers begonnen.
    Inzwischen war er grauer, etwas fülliger und fühlte sich in seiner einfachen grauen Uniform sichtlich wohler als noch vor zwanzig Jahren, als er sie erstmals angelegt hatte. Wie der Kaiser bemerkte, war sie schmucklos bis auf ein schlichtes Rangabzeichen, das ihn als Vorsteher der Kaiserlichen Kanzlei auswies. Auch seine Brille war noch von derselben Art, nur dass der Rahmen, passend zu seinem asketischen Wesen, inzwischen nicht mehr aus Gold, sondern aus Stahl bestand.
    Außerdem hatte er während des Kaisers Schlaf geheiratet.
    »Verläuft Ihre Ehe glücklich?«
    »Sehr, Herr.«
    »Und die politische Lage ist weitgehend unverändert, sagen Sie?«
    »Die Bochumer Alltagsgeschäfte sind einem ständigen Wandel unterworfen, aber die Fraktionen und die Verwaltung, die Fyrd und der Hof sind weitgehend noch so, wie Sie sie hinterlassen haben. Ineinflussreichen Positionen gibt es nur wenige neue Gesichter. Ich habe Berichte für Sie zusammengestellt, die Sie lesen können, wenn Sie wieder bei voller Gesundheit sind.«
    Es waren nun schon mehrere Tage vergangen, seit der Kaiser erwacht war.
    »Und draußen im Reich?«
    Blut zögerte. Zu diesem komplizierten Thema gab es immer viel zu sagen, doch auch das sollte besser warten.
    Der Kaiser schien damit zufrieden, vorläufig nicht mehr zu tun, als die Zeit totzuschlagen. Geistig kam er mit jeder Stunde, jedem Tag wieder etwas mehr zu Kräften, doch körperlich wurde die Zeit für ihn knapp.
    »Meine Liebste ist noch immer nicht da?«
    »Die Gnädigste ist auf dem Weg von Thüringen hierher, Herr.«
    »Hat sie gesagt, wann sie hier sein wird?«
    Blut schüttelte den Kopf.
    »Das tut sie nie«, sagte Sinistral nachsichtig.
    »Eben, kaiserliche Majestät.«
    »Gibt es sonst etwas Neues?«
    Der Kaiser lag noch in dem Zahnarztstuhl in seiner unterirdischen Schlafkammer und bot nach wie vor einen abscheulichen Anblick.
    Doch er nahm jetzt Nahrung zu sich, und sein Verstand war so rege wie eh und je.
    »Über die Gnädigste oder die Welt im Allgemeinen?«
    »Sowohl als auch. Geben Sie mir einen kurzen Überblick, Blut, darauf verstehen Sie sich doch.«
    »Die Gnädigste hat ihr zweites Kind bekommen, gerade noch rechtzeitig, wie Sie sich erinnern, bevor Sie sich zum Schlafen zurückgezogen haben ...«
    »Ach ja ... ja ...«
    Er hatte es vergessen.
    »Ist es wieder ein Junge geworden oder ein Mädchen?«
    »Äh ... ein Junge, Herr.«
    »Sie zögern.«
    »Ich hatte gehofft, meinen Bericht über dieses schwierige Thema auf später verschieben zu können.«
    »Warum?«
    »Er war kein gewöhnlicher Junge ...«
    »Ist er tot?«
    Blut schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein, nicht tot. Sogar ausgesprochen lebendig, nur ... er ... es war eine ungewöhnliche Geburt.«
    Der Kaiser stutzte.
    »Tatsächlich? Dann muss ich wissen ...«
    »Herr«, sagte Blut bestimmt, »Sie müssen schlafen. In Bochum geht alles seinen geregelten Gang, und was darüber hinaus geschieht, wird Ihre volle Aufmerksamkeit erfordern, aber nicht jetzt. Das Erdbeben, von dem Sie aufgewacht sind, war eines von mehreren, und wenn die Voraussagen zutreffen, stehen weitere bevor.«
    Der Kaiser wollte sich aufsetzen, aber dafür war es noch viel zu früh. Er sank erschöpft zurück und atmete schwer.
    »Hat es auch in Brum Erdbeben gegeben?«
    »Ich habe von einem einzigen gehört.«
    »Ein gutes Omen, wenn der

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