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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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Vergangenheit nicht zurückholen. Sie ist für immer verloren.«
    »Und doch hat es den Anschein, als wäre Paley’s Creek hier irgendwoin der Nähe, Barklice. Tag für Tag sehen wir Leute auf den alten Pfaden. Nacht für Nacht hören wir die Musik, die der Wind herbeiträgt. Sie kommt aus dem Norden, glaube ich, und genau in diese Richtung ziehen die Leute. Zum Fluss. Dort ist es, habe ich recht?«
    »Paley’s Creek«, sagte Barklice höchst nervös.
    »Sie waren schon einmal dort, habe ich recht? Irgendetwas ist dort vorgefallen, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete Barklice in jammervollem Ton.
    »Und seitdem meiden Sie den Ort.«
    »Ja.«
    »Nun, eins ist gewiss, wenn Jack hier wäre, würde er Sie am Kragen packen und hinschleifen, ob es Ihnen gefällt oder nicht. So aber werde ich es wohl tun und Sie zwingen müssen, sich der Sache zu stellen, der Sie so lange aus dem Weg gegangen sind.«
    »Sie werden mich wahrscheinlich in einen Kochtopf stecken und mit Haut und Haaren verspeisen. Solche Dinge tut man am Paley’s Creek.«
    »Es sind hauptsächlich Bilgener dorthin unterwegs, und keiner hat mir wie ein Kannibale ausgesehen!«
    »Schon möglich, aber es ist schlicht und einfach zu spät. Paley’s Creek findet bei Vollmond statt, oder jedenfalls der Hauptteil. Bei Monduntergang ist es vorbei, und das ist morgen Nacht.«
    »Zeit genug, um hinzugehen.«
    Er schüttelte den Kopf, nicht ohne eine gewisse Erleichterung. Nichts ist tröstlicher als eine gute Ausrede, wenn man sich vor etwas Unangenehmem drücken will.
    »Wir müssen hierbleiben und einen Weg finden, wie wir Jack auf uns aufmerksam machen können.«
    »Hmmm«, machte Stort. »Ich glaube, Sie haben recht.«
    »Und ob ich recht habe«, sagte Barklice fröhlich. »Wir können auf keinen Fall hin, das ist offensichtlich. Der Vollmond wird aufgehen und über den Himmel wandern. Paley’s Creek wird stattfinden und dann vorüber sein – traurig, aber wahr. Ich kann nicht hin. Ich habe getan, was ich konnte. Trinken wir noch einen Becher.«
    »Ich bin dabei«, sagte Jack leise aus dem Schatten.
    Barklice griff nach seinem Knüppel.
    Stort verschluckte sich fast an seinem Trunk.
    »Jack!?«
    »Guten Abend.« Jack trat ins Mondlicht.
    Er umarmte beide, groß und stark wie ein Bär.
    »Jack«, sagte Stort.
    »Stort«, erwiderte er.
    »Sie ...?«
    »Ja.«
    »Und? Ist sie die Schildmaid?«
    »Ja. Es gibt viel zu erzählen.«
    Sie ließen Jack berichten, von der Geburt und allem, was danach geschehen war.
    »Solche Schmerzen, Stort. Ich habe geweint, weil ich ihr nicht helfen konnte. Auch jetzt noch ... nun, ihr habt sie ja gesehen.«
    »Sie hat mit Sicherheit Schmerzen, da sind wir uns einig, Barklice und ich. Sie braucht eine Behandlung, die wir ihr nicht geben können. Wenn doch nur Brif hier wäre! Er wüsste, was zu tun ist.«
    Sie sprachen noch eine Weile darüber, fanden aber keine Lösung.
    Die Unterhaltung kam wieder auf Barklice zurück.
    »Morgen jährt sich meine Schande zum zwölften Mal, und danach geben Sie mir keine Chance mehr. So einfach ist das.«
    Jack blickte verwirrt.
    »Ich habe nur die Hälfte mitbekommen, aber wie mir scheint, wollen Sie sich vor etwas drücken. Darum schlage ich vor, Sie erklären mir hier und jetzt, worum es genau geht.«
    Barklice schritt ein paarmal auf und ab, dann sagte er: »Ich vermute, dass es noch möglich ist – wenn ich mit Ihrer Hilfe den Mut aufbringe, zum Paley’s Creek zu gehen. Kommen Sie! Machen wir uns sofort auf den Weg. Wenn ich kneifen will, ziehen Sie mir mit dem Knüppel eins über, Jack.«
    »Ich habe meinen Knüppel nicht dabei und werde heute Nacht nirgendwo hingehen. Ich habe Familie. Katherine hat mir mit Scheidung gedroht.«
    »Wann habt ihr denn geheiratet?«, fragte Stort. »Das ging ja flugs, Jack. Vor einem Monat habt ihr noch gesagt, ihr würdet niemals heiraten. Ihr wolltet Freigeister bleiben und dergleichen mehr.«
    »Nein, wir sind nicht verheiratet, aber ein Kind ändert alles, besonderseines wie Judith ... Wir müssen uns um sie kümmern. Doch jetzt erzählen Sie mir, worum es geht, Barklice. Sie wissen doch, dass ich gute Geschichten mag.«
    Sie füllten die Becher, schürten das Feuer, legten Naschwerk bereit und ließen Barklice erzählen. Wie viele Hydden hatte er immer gehört, Paley’s Creek sei schwer zu finden, aber die Bilgener wüssten, wo dieser Ort liege, an dem angeblich sonderbare Dinge geschahen und den zu besuchen gewöhnlichen Leuten nur auf eigene Gefahr

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