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Das Eulentor

Das Eulentor

Titel: Das Eulentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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würde sein Eifer die Vorführung retten, die trotz all meiner Bemühungen ziemlich schlecht verlief.
    Ein weiteres Mal bedeutete mir Kathi Bloom mit den Augen, weiterzureden, als sei dies meine Gelegenheit, endlich Pluspunkte zu sammeln.
    »In diesem Raum, direkt neben dem Schacht, wird ein Labor errichtet. Hier entsteht die Dunkelkammer, in der wir den Urangehalt im Schacht messen wollen …« Ich präsentierte einen Stapel photographischer Platten. »… und unmittelbar daneben entsteht die meteorologische Stube für physikalische Auswertungen.«
    Nun bedeutete mir Kathi Bloom mit einer dezenten Geste zu schweigen. Ich verstummte.
    Lindemann interessierte sich nicht weiter für meine Erklärungen. Statt dessen trat er an den Rand der Absperrung und starrte in die kreisrunde Öffnung. Von unten wehte ein kaum spürbarer, kühler Luftzug herauf. Lindemann zog die Lampe näher, so daß das Licht auf die ersten Sprossen der Steigleiter fiel, die Hansen im Abstand von dreißig Zentimetern in das schwarze Felsmassiv geschlagen hatte.
    »Was glauben Sie, womit wir es hier zu tun haben?« Lindemanns direkt in den Schacht gerichteten Worte klangen seltsam hohl.
    »Der Durchmesser des Schachts mißt drei Komma vierzehn Meter, was exakt der Zahl Pi entspricht«, erläuterte ich. »Darüber hinaus befindet sich der Schachteingang in vierhunderteinundsiebzig Metern Seehöhe, was dem hundertfünfzigfachen Wert der Zahl Pi entspricht. Noch kennen wir die Bedeutung nicht, konnten aber feststellen, daß sich der Schacht nicht verengt, sondern konstant …«
    »Wie tief ist er?«
    »Das genaue Ausmaß ist noch unbekannt. Bisher haben wir mit der Steigleiter eine Tiefe von fünfhundert Metern erreicht, wodurch wir unter dem Meeresspiegel angelangt sind. Trotz dieser Fortschritte ist kein Ende in Sicht.«
    »Diese Wände wurden nicht von der Natur geformt«, stellte Lindemann fest. »Falls Ihre Annahme stimmt, und die Meterangaben des Schachts etwas mit der Zahl Pi zu tun haben, kann er noch nicht lange existieren.«
    Ich sah ihn fragend an.
    »Die Länge eines Meters wurde 1793 in Frankreich festgelegt, und der Prototyp des Meters, der sogenannte Urmeter, 1795 in Paris in Messing gegossen. Wer also hat den Schacht erschaffen, wann wurde er gebaut, wie wurde er gebaut? Was ist seine Bestimmung? Das sind die Fragen, die mich interessieren.«
    »Das wissen wir noch nicht, aber wir sind zuversichtlich, daß …«
    »Wann können Sie die ersten Ergebnisse liefern?« Lindemann wandte sich von dem Loch ab und betrachtete mich mit einem intensiven Blick, der keinen Widerspruch duldete.
    Meine Hand, mit der ich mich an dem Geländer festhielt, verkrampfte sich. Jetzt durfte ich keine falsche Antwort geben. »Es ist so.« Ich strich mir über den Nasenflügel. »Die Arbeit an der in den Fels geschlagenen Steigleiter kostete uns einen Monat Zeit, da wegen der Enge immer nur ein Mann im Schacht arbeiten kann. Zudem ist der Fels aus einem unglaublich massiven Material. Allein der Abstieg über die mehr als tausendfünfhundert Sprossen dauert über eine Stunde.«
    »Kommen Sie zum Punkt«, drängte Lindemann.
    Ich räusperte mich. »Um rascher voranzukommen würden wir, wie ich es in meinem letzten Schreiben bereits formuliert habe, leistungsfähige Seilwinden, Gondeln und besseres Werkzeug benötigen.«
    Kathi Bloom, die hinter Lindemann stand, sah mich mit so viel Stolz in ihren Augen an, daß mir ein Kribbeln durch den Körper lief, während ich sprach. In diesem Moment war ich davon überzeugt, daß dieses Gespräch einfach gut verlaufen mußte, da sie so sehr an mich glaubte.
    Lindemann preßte die Lippen aufeinander. »Ich kenne diesen Brief. Sie schlagen fünf Winden für jeweils fünfhundert Meter Seil vor. Und was passiert danach?«
    Danach? Ich räusperte mich. »Sie meinen, wenn wir eine Tiefe von zweieinhalb Kilometern erreicht haben? Nun, dann sind wir tiefer in die Erde vorgedrungen als je ein Mensch zuvor. Ich hoffe, daß wir dort unten eine Antwort auf Ihre Fragen finden … und möglicherweise einige Rätsel der Physik lösen können.« Ich verstummte. Mehr gab es nicht zu sagen.
    Lindemann nickte. »Ich kann Ihnen mitteilen, daß sich die von Ihnen angeforderte Gerätschaft bereits auf dem Schiff befindet. Ich werde den Befehl erteilen, sie ausladen und zur Station transportieren zu lassen.«
    Ich merkte förmlich, wie mein Mund aufklappte. »Ich …«
    Lindemann brachte mich mit erhobener Hand zum Schweigen. »Danken Sie nicht

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