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Das Eulentor

Das Eulentor

Titel: Das Eulentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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schlagen können. Aber Panik brachte nichts. Hastig drehte ich den Schein der Petroleumlampe heller. Fieberhaft sah ich mich auf der Plattform nach einem brauchbaren Gegenstand um, aber ich hatte mit den Norwegern die überflüssigen Teile entfernt. Lediglich die Lampe, eine Strickleiter und zwei Wasserflaschen zählten zu meiner Ausrüstung – mehr nicht! Allerdings könnte ich vom Motor den Schiebegriff für die Dieselzufuhr abmontieren – dann hatte ich wenigstens ein Metallteil, das ich als Hebel verwenden konnte.
    Als ich den Griff in der Hand hielt, merkte ich, wie eiskalt meine Finger waren. Ich zitterte am gesamten Leib. Nur die Ruhe! Ich suchte nach einer geeigneten Stelle, um die Strickleiter zu befestigen. In der Nähe des defekten Zahnrades ragten zwei Eisenzapfen aus dem Holzboden, an dem ursprünglich das Sicherheitsgitter befestigt gewesen war. Daran hängte ich die Strickleiter, schob die Beine über den Rand der Gondelplattform und tastete nach der ersten Holzsprosse. Mit bloßen Socken fand ich keinen sicheren Halt. Wie alles, was ich benötigte, lagen auch meine Schuhe oben in der Station. Meine übertriebene Vorsicht, jedes Gramm Gewicht zu sparen, würde mir letztendlich den Tod bringen.
    Unsicher krümmte ich Zehen und Ballen um die Holzstrebe. Was für ein Gefühl! Knirschend spannten sich die Seile, als ich mein Gewicht auf den Fuß verlagerte. Sogleich lief mir der Schweiß über die Stirn. Sobald ich glaubte, die Lage einigermaßen unter Kontrolle zu haben, schob ich den Oberkörper vom Rand und tastete mit dem zweiten Fuß nach der tieferen Sprosse. Automatisch schaukelte ich mit den Beinen unter die Holzplattform, ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Meine Bauchmuskeln spannten sich. Verzweifelt klammerte ich mich mit den Händen an den Gondelboden. Wenn ich ausrutschte und abstürzte! Mein Körper verkrampfte sich, die Muskeln begannen zu zittern. Je länger ich wartete, desto schlimmer würde es werden. Die Taue knirschten verdächtig. Langsam griff ich mit der Hand nach einem Seil, und als ich es zu fassen bekam, hing ich mit meinem gesamten Gewicht in der Strickleiter. Ich hielt so lange den Atem an, bis sich das Schwingen beruhigte.
    Danach stieg ich eine weitere Sprosse hinab. Endlich sah ich den Gondelboden von unten. Das Lampenlicht fiel durch die Ritzen der Holzbohlen und beleuchtete die Schiene. Hansen hatte tatsächlich die Einkerbungen verbeult. Eine Zacke des Zahnrads steckte fest. Ohne Eisensäge, Kneifzange oder Stemmeisen ließ sich das unmöglich reparieren. Aber falls es mir gelang, einen wegstehenden Metallspan vollends zur Seite zu biegen, konnte ich den verkeilten Zahn freibekommen, damit er sich zumindest wieder nach oben bewegen ließ.
    Ich hielt mich mit einer Hand an der Strickleiter fest und versuchte mit der anderen, den abmontierten Griff des Dieselmotors wie einen Hebel anzusetzen. Doch immer wieder rutschte ich mit dem Griff ab und schwenkte mit der Strickleiter unkontrolliert zur Seite. Als es mir endlich gelang, den Griff zwischen dem Zahnrad und dem Metallspan einzukeilen, umfaßte ich ihn am Ende, um die gesamte Hebelwirkung auszunutzen. Vorsichtig drückte ich, um nicht wieder abzurutschen. Knirschend gab der Span einen Millimeter nach. Ich stemmte mich mit den Füßen gegen die Strickleiter und preßte mein gesamtes Gewicht gegen den Hebel. Der Span verbog sich. Da rutschte ich ab und schnitt mir den Handballen an dem scharfen Metall auf. Der Griff fiel mir aus der verschwitzten Hand. Er klimperte gegen die Felswand und verschwand in der Dunkelheit. Panisch umklammerte ich die Strickleiter. Das Blut lief mir über den Hemdsärmel. Im Moment dachte ich nur an den Dieselmotor. Hoffentlich ließ sich die Treibstoffzufuhr auch ohne den Griff öffnen.
    Da ließ mich ein Klimpern zusammenzucken. Der Metallgriff war unter mir aufgeschlagen, in unmittelbarer Nähe, vielleicht vierzig oder höchstens fünfzig Meter entfernt. Dort unten mußte sich Hansens Gondel befinden. Das metallene Geräusch hallte seltsam dumpf durch den Schacht. Was für ein ungewohntes Gefühl, nach hunderten abgeworfenen Gegenständen zum ersten Mal einen Aufprall zu hören. Doch noch etwas war ungewöhnlich. Das Echo! Mir stockte der Atem. Es klang anders als sonst. Möglicherweise lag es an der befremdenden Tiefe, in der ich mich befand. Die Geräusche verebbten nicht, sie kehrten ständig wieder, wurden leiser, wieder lauter, als wisperten die Wände miteinander. Alles begann

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