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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Wirkung des Mittels nachlässt und sie von zerstückelten Leibern träumt, von Kinderleichen und aufgeschlitzten Bäuchen. Nacht für Nacht sind es die gleichen Träume: die Verbrechen der Serienmörder, mit denen Maria Parks als Profilerin beim FBI unausgesetzt zu tun hat. Die Gespenster, die ihr im Nacken sitzen, sind: Serienmörder, Massenmörder und Amokläufer. Serienmörder suchen in ihrer eigenen ethnischen Gruppe nach ganz bestimmten Opfern. Da wäre Edward Sorrenson, ein Familienvater ohne jeden kriminellen Hintergrund, der Heranwachsende entführte, ihnen die Kehle durchschnitt und sie dann mit einem schweren Vorschlaghammer buchstäblich zu Quadern schlug. Oder Edmund Stern, ein Möbelpacker, der in Schuhkartons tote Säuglinge sammelte. Solche Täter haben alle einen vergleichbaren Hintergrund: eine vereinnahmende Mutter, eine inzestuöse Vergewaltigung, Schläge und Schikanen, sodass der Hass von Tag zu Tag zunimmt. Wenn dann das Ungeheuer in ihnen herangewachsen ist, geht es daran, Menschen ähnlich denen zu töten, die es seiner Ansicht nach um etwas gebracht haben: blonde Frauen, Prostituierte, pensionierte Grundschullehrerinnen, heranwachsende Mädchen oder Säuglinge. Ein Serienmörder zerschlägt die Spiegel, die ihm sein eigenes Bild zeigen.
    Die Angehörigen der zweiten Gruppe begehen ebenso ungeheuerliche wie unvorhersehbare Gräueltaten. Da wäre der Fall Herbert Stox, der ohne jede Vorwarnung in einer einzigen Nacht in ein und demselben Stadtviertel zwölf jungen, dunkelhaarigen, schwangeren Frauen den Unterleib aufgeschlitzt hat. Massenmörder gehorchen einem übermäßigen zerstörerischen Antrieb; es sind Fanatiker, die Gottes Stimme zu hören glauben.
    Bei Amokläufern hingegen handelt es sich um Psychotiker, die in kurzer Zeit an verschiedenen Orten möglichst viele Menschen umbringen. Nach einem im Blutrausch verbrachten Tag jagen sie sich dann in der Abenddämmerung eine Kugel in die Schläfe.
    So sehen die Schaustücke im Kriminalmuseum aus. Doch wie in jeder Hierarchie braucht man auch hier jemanden an der Spitze, einen König, der in der Wüste der Vorstädte und im Dschungel der Städte herrscht; sozusagen ein Idealbild des Mörders, vor dem sich die anderen nur bescheiden verneigen können. Das ist der »Crosskiller«.
    Er zieht im Lande umher wie ein Raubtier, das ständig sein Jagdgebiet wechselt. Auf einen Mord in Los Angeles folgt einer in Bangkok, dann im Winter einer unter der Sonne der Karibik, in einem der riesigen Hotelkomplexe, in denen die Touristenmassen wohnen.
    Beim FBI hält man ihn für eine Abart des Serienmörders, die über genug Geld verfügt, um sich eine Weltreise im Flugzeug leisten zu können. Diese Ansicht aber trifft nicht zu, denn der Serienmörder tötet, um seinen Trieb zu befriedigen. Er ist ein Psychopath, der ein bestimmtes Ritual vollzieht, das ihm Sicherheit verschaffen soll. Er entstellt und zerstückelt seine Opfer: ein ängstlicher kleiner Junge, der um sich herum Angst und Schrecken verbreitet und immer genug Spuren hinterlässt, damit man ihn fassen kann. Ihm geht es um den Taumel, den die Strafe in ihm auslöst.
    Vor allem aber rührt sich ein Serienmörder nicht gern vom Fleck. Er ist sozusagen bodenständig, tötet im eigenen Revier, ein räudiger Hund, der die Schafe seiner eigenen Herde anfällt.
    Der kaltblütige Crosskiller dagegen zieht unstet umher. Er ist ein Leichenverschlinger, ein großer weißer Hai, der auf der Jagd nach Beute beständig gegen die Strömung anschwimmt. Er befindet sich am obersten Ende der Nahrungskette, ein eiskaltes Wesen, das seine Opfer gezielt aussucht und sich nie von triebhaften Regungen mitreißen lässt. Er hört weder Stimmen, noch gehorcht er Gottes Befehlen. Er hat keine Rechnungen zu begleichen und muss auch keine Rache üben. Er ist als einziger oder ältester Sohn in einer glücklichen Familie aufgewachsen. Weder hat ihn der Vater vergewaltigt noch die Mutter ihn den inzestuösen Wallungen ausgesetzt, die das Denken verwirren. Niemand hat ihn geschlagen. Er ist auf die Welt gekommen, wie er ist. Um seine Wiege haben Hexen gestanden.
    Wie der Serienmörder, der Amokläufer oder der Massenmörder ist allerdings auch er geistesgestört. Doch da er sich dieser Störung vollständig bewusst ist, kann er ihr ein bemerkenswert ausgeglichenes Verhalten entgegensetzten. Gleichgewicht im Ungleichgewicht … Er könnte jedermanns Nachbar, Bankberater oder einer jener Geschäftsleute sein, die von einem

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