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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Rauchs, die diese Lüge aufdecken und mit allen Mitteln das Satansevangelium an sich bringen wollen, seit dem vierzehnten Jahrhundert Päpste ermorden. Ihr erstes Opfer war Seine Heiligkeit Klemens V., der am 20. April 1314 in Roquemaure vergiftet wurde. Den Dokumenten zufolge, die ich hier in den letzten Nischen entdeckt habe, dürfte der Schwarze Rauch auf diese Weise in rund fünfhundert Jahren insgesamt achtundzwanzig Päpste ins Jenseits befördert haben.«
    Eine Art knackendes Geräusch. Der Archivar hat das Diktiergerät auf den Boden gelegt, weil auf dem Pult kein Platz dafür ist. Seine Stimme ist eine Weile über dem Rascheln von Papieren, die er in fliegender Hast durchblättert, nicht zu hören. Dann spricht er von einem Bericht aus dem Jahre 1908 und erläutert: »Das von der Bruderschaft verwendete Gift gehört in die Klasse der Neuroleptika. Es versetzt das Opfer in einen todesähnlichen Zustand. Zwar lässt es sich durch chemische Analyse nicht nachweisen, hinterlässt aber für jemanden, der weiß, wonach er zu suchen hat, eine leicht erkennbare Spur, nämlich einen ascheähnlichen Niederschlag in der Nase des Opfers. Genau diesen Niederschlag habe ich bei unserem soeben gestorbenen Papst gesehen.«
    Valentina hört ein Geräusch. Vermutlich hat Ballestra das Diktiergerät wieder unter das Pult gelegt.
    »O Herr, man muss die Lüge um jeden Preis ans Licht des Tages bringen, bevor sich der Schwarze Rauch des Vatikans bemächtigen kann …«
    Seine Schritte entfernen sich. Man hört ihn in der Ferne murmeln, dann nähert er sich wieder. Seine Soutane raschelt, als ob er sich bückte. Ein unterdrückter Aufschrei. Geräusche, dann ein letztes Stöhnen. Danach Stille. Valentina nimmt das Gerät vom Ohr und steckt es ein. Hier ist Ballestras Weg zu Ende. Als sie sich vorbeugt, um die Spuren seines Todeskampfes genauer in Augenschein zu nehmen, erkennt sie im grünlichen Licht ihrer Nachtsichtbrille eine Gestalt, die zwischen den Pfeilern der Halle der Siegel auf sie zukommt.

21
    Nachdem sich Landegaard von seinem ersten Entsetzen erholt hat, befiehlt er seiner Eskorte, mittels Seilen und Haken einen Zugang zum Kloster zu schaffen, damit die Schreiber samt ihren Utensilien hinaufgebracht werden können. Da er nicht die Absicht hat, sich wie ein Maultier nach oben ziehen zu lassen, legt er sich gleichfalls ein Seil um den Leib und macht sich an den Anstieg.
    »Auf, Männer. Bald haben wir es geschafft.«
    Als er mithilfe seiner Begleiter die Mauerkrone überwunden hat, beugt er sich von innen über die Brüstung und sieht zu, wie seine Eskorte die verängstigten Schreiber nach oben bringt. Aus dieser Höhe könnte man annehmen, die Leichen der Nonnen betrachteten den Himmel.
    Nachdem alle auf der Esplanade versammelt sind, geht er auf die schwere, mit Eisen beschlagene Tür zu, die ins Innere des Klosters führt. Er späht durch das Sprechgitter, dessen Laden offen steht. Sein Blick fällt in einen riesigen weiß gekalkten Raum. Man hört keine Schritte, nicht das geringste Geräusch außer dem des Windes, der durch die Fenster pfeift. Offensichtlich haben die Nonnen unterlassen, die Tür zu schließen.
    Er öffnet sie und teilt seine Leute ein: Während er sich mit seiner Eskorte auf den Weg nach unten in die geheimen Räume des Klosters macht, lässt er eine Handvoll anderer die oberen Stockwerke erkunden. Als sie auf gewaltsam geöffnete Türen und umgestürzte Bücherregale stoßen, begreift Landegaard sogleich, was geschehen sein muss.
    Er kniet sich vor einen der Kamine und sieht nachdenklich auf die Aschehaufen, deren oberste Schicht der Wind verwirbelt. Den Eiskristallen in der Esse nach zu urteilen, hat dort seit Monaten kein Feuer gebrannt. Mit einem Schürhaken stochert er vorsichtig in der Asche und zieht dann mit seiner behandschuhten Rechten verkohlte Reste von Pergamenten und Ledereinbänden hervor. Prüfend fährt er mit einem Finger über die Rußschicht auf den Feuerböcken und riecht daran: Auch der Ruß stammt unverkennbar von verbranntem Einbandleder. Dann wendet er sich den umgestürzten Regalen zu. Allem Anschein nach haben die Nonnen getreu ihren Vorschriften gehandelt und vernichtet, was den Eindringlingen nicht in die Hände fallen durfte.
    Landegaard stochert weiter in der Asche herum. Bald findet er harte weißliche Splitter. Er betrachtet sie stumm. Das könnten Überreste von Knochen sein. Dann stößt er auf ein deutlich größeres Stück. Es stammt unverkennbar von einem

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