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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Kommissarin mit sanfter Gewalt beiseiteführen und ihrem Kommandanten übergeben. Nein, sie würden sich auf mich stürzen, um mich hei lebendigem Leib zu verschlingen.
    Jetzt zittert sie. Es ist besser, den Mund zu halten und sich von der Menge dem Ausgang entgegentreiben zu lassen. Trotzdem wirft sie rasch einen Blick über die Schulter und sieht dabei, wie der Kommandant der Garde dem auf einem Betstuhl knienden Kardinal Camerlengo Campini etwas ins Ohr flüstert. Dieser hört mit gesenktem Kopf zu und flüstert dann seinerseits dem Kommandanten etwas zu. Er scheint aufgebracht zu sein. Der Hüne richtet sich wieder auf und macht einigen seiner Männer ein Zeichen, woraufhin sie ihm durch eine Geheimtür folgen.
    Valentina bemüht sich unter Einsatz ihrer Ellenbogen, so rasch wie möglich zum Ausgang zu gelangen, doch die Menge drängt sich so dicht, dass sie nichts weiter erreicht, als dass man ihr finstere Blicke zuwirft und sie mit vorwurfsvollem Gemurmel bedenkt. Als sie zehn Minuten später endlich auf den regennassen Petersplatz tritt, haben die Schweizergardisten dort bereits Aufstellung genommen. Oben auf der Treppe steht der Kommandant und lässt den Blick suchend über die Menge schweifen. Valentina fröstelt im kalten Wind, der über den Platz fegt. Am liebsten würde sie in die Basilika zurückkehren, doch daran hindert sie die sich schiebende und stoßende Menschenmenge. Also flüchtet sie sich unter einen Regenschirm, wobei sie dem Mann zulächelt, der ihn aufgespannt hat, und sich dicht an ihn drängt, während die Menschen an den Gardisten vorüberziehen. Sie glaubt zu spüren, wie der Blick des Hünen auf dem Regenschirm verweilt. Sie bemüht sich, den Arm des Mannes nicht zu fest zu drücken und geht mit ruhigem Schritt weiter. Jetzt ist es geschafft, sie ist unten an der Treppe angekommen. Sie sieht sich um und merkt, dass der Hüne suchend in eine andere Richtung blickt. Daraufhin lässt sie den Arm des Mannes los und verschwindet zwischen den Säulenreihen, die den Platz links und rechts umgeben. Dann eilt sie über das nasse Pflaster des Borgo Santo Spirito der Tiberbrücke entgegen. Dort angekommen, schaltet sie ihr Mobiltelefon ein und wählt die Privatnummer von Mario Canale, Chefredakteur des Corriere della Sera. Unter dem unablässig niederprasselnden Regen klappern ihre Zähne vor Kälte.

25
    Nachdem er das Hornsignal gehört hat, eilt der Inquisitor mit seinen Leuten die Treppe zu den oberen Stockwerken des Klosters empor. Dort stößt er auf einen leicht ansteigenden breiten Gang, an dessen Ende eine Tür zum Refektorium führt. Er stößt sie so heftig mit der Schulter auf, als wollte er sie aus den Angeln reißen.
    Der Mann, der ins Horn gestoßen hat, kniet im Staub. Die anderen Männer der Eskorte sind bleich und regen sich nicht. Es ist unübersehbar, dass man die Nonnen mit Hanfstricken auf den Refektoriumstischen festgebunden und ermordet hat. Da die aufgedunsenen Leichen mit dem Einsetzen des Tauwetters in Verwesung übergegangen sind, ist die Luft voll übler Gerüche. Man weiß nicht recht, ob diese nicht auch zum Teil von den verschimmelten Speiseresten am Boden der Essnäpfe stammen.
    Während er von Tisch zu Tisch geht, mustert Landegaard die Leichen und erschauert beim Gedanken daran, welch entsetzliche Qualen die Frauen gelitten haben müssen: ausgestochene Augen, ausgerissene Zungen, versengte Gliedmaßen, ganz davon zu schweigen, dass man sie geschändet hat. Zu solch extremen Mitteln, wie von Hass und Wut Entfesselte sie hier angewendet zu haben scheinen, greift die heilige Inquisition in den seltensten Fällen. Das kann nur das Werk von Abgesandten des Satans oder einer Horde gottloser Krieger gewesen sein. So, wie es aussieht, waren die Folterer der Nonnen nicht nur darauf aus, von ihnen ein Geständnis zu erpressen, sie wollten sich auch für etwas an ihnen rächen. Man könnte glauben, jemand habe sie in früheren Zeiten ebenso behandelt. Landegaard forscht in seinem Gedächtnis. Zum letzten Mal hat die Inquisition vergleichbare Methoden vor vierzig Jahren angewendet, als man die Templer in den Kerkern des Königs von Frankreich über Monate hinweg gefoltert hatte, damit sie endlich ihre Verbrechen gestanden.
    Er wendet sich um, als er Schritte hört. Einer seiner Männer tritt näher und hält ihm ein Medaillon hin, das er im Staub gefunden hat. Landegaard betrachtet es aufmerksam. Ein fünfzackiges Kreuz um einen Dämon mit einem Bocksschädel. Das Zeichen der

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