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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Gefolge umzuwenden, hatte er das Zeichen gegeben, den Weg fortzusetzen.
    Am Ende jenes Tages waren sie zu den verbrannten Mauern des Klarissen-Klosters von Ponte Leone gelangt und hatten dort missmutig ihr Lager aufgeschlagen. Kein Wunder, dass sie Stunde um Stunde vergeblich danach gespäht hatten, ob sich nicht endlich Mauern und Türme der Anlage zeigten! Nach längerem Suchen hatte Landegaard schließlich an einem der Pfeiler eine eingeritzte Botschaft entdeckt. Mutter Gabriella hatte sich dort einige Stunden aufgehalten und ihre Wunden versorgen lassen. Als allerdings die Klarissen entdeckt hatten, welche Reliquien sie mit sich führte, hatten sie die Oberin sogleich weggeschickt, sodass sie ihren einsamen Weg fortsetzen musste. Alles andere konnte sich Landegaard mühelos zusammenreimen, als er an den Klostertüren die Überreste der dort gekreuzigten Nonnen sah. Offensichtlich waren die Seelenräuber Mutter Gabriella dicht auf den Fersen gewesen.
    Schon beim ersten Tageslicht hatte sich Landegaard wieder auf den Weg gemacht, dem See entgegen, der irgendwo fern im Tal liegen musste. Es wurde immer wärmer. Der Inquisitor trieb so sehr zur Eile, dass sie nur wenige kurze Pausen machten, bis sie die Mauern von Maccagno erreichten.
    Maria stöhnt auf. Sie hat im Gedächtnis des Generalinquisitors, der sich jetzt den Mauern des Wehrklosters nähert, die Erinnerung an diese zehn entsetzlichen Tage entdeckt.

3
    Am Fuß der Befestigungsmauer hält Landegaard sein Pferd an und hebt eine Hand. Mit knirschenden Rädern bleiben die Wagen hinter ihm stehen. Er horcht in die Stille hinein. Kein Laut ist zu hören, nicht einmal das Krächzen eines Raben. Er ruft dreimal sein »Heda!« über die Mauer. Niemand antwortet. Man hört nichts als das Summen von Insekten. Er weist auf das Fallgitter, hinter dem die Ketten für die Zugbrücke liegen. Seine Schützen spannen die Armbrust, als ein kaum hörbares Stimmchen von der Mauer herab fragt, wer in diesen Zeiten der Pest Einlass begehre. Überrascht ruckt Landegaard so fest am Zügel, dass sich sein Tier wiehernd aufbäumt. Er hebt den Blick und sieht über die Mauerkrone hinweg eine Tonsur. Die Hände zu einem Schalltrichter geformt, ruft er: »Ich bin Thomas Landegaard, Generalinquisitor der Marken Aragon, Katalonien, Provence und Mailand, und habe den Auftrag vom Heiligen Vater, die im Gebirge liegenden Klöster aufzusuchen, um festzustellen, wie es um Gottes Zitadellen steht. Die Pest, Bruder Mönch, wütet zurzeit im Norden, sodass es nicht den geringsten Anlass gibt, dem Botschafter aus Avignon den Zutritt zu verweigern. Lass also deine Zugbrücke herunter, damit ich nicht länger wie ein Rabe hier herumkrächzen muss.«
    Weitere Tonsuren werden sichtbar. Der Wind trägt Stimmen herüber. Allem Anschein nach beraten sich die Trappisten. Landegaard steht kurz vor einem Wutanfall, als der Kopf des ersten Mönchs erneut über der Mauerkrone auftaucht.
    »Gottes Hilfe, Eure Exzellenz, hat unsere Gemeinschaft vor der Geißel bewahrt. Ich soll Euch sagen, dass Ihr nicht hier verweilen, sondern zum Zisterzienserkloster von Santa Madonna di Carvagna über dem Lario-See weiterziehen sollt. Die Bauern nennen ihn auch Lago di Como. Umherziehende haben uns zugerufen, dass das Übel dort vor einem Mond unter unseren Brüdern gewütet und Tod und Verzweiflung verbreitet hat.«
    Landegaard wendet sich zu seinen Männern um, die sein breites Lächeln erwidern, und sagt: »Das scheint mir doch recht verdächtig, Bruder Trappist. Landfahrendes Volk kann einem Inquisitor meines Rangs nicht vorschreiben, wohin er sich zu wenden hat, um seinen Auftrag zu erledigen. Lasst daher sofort Eure Zugbrücke herunter, wenn Ihr nicht wollt, dass sich meine Männer mit ihrem Rammbock ans Werk machen! Ich will mich mit eigenen Augen überzeugen, dass Euch die Krankheit verschont hat.«
    Mit einem Mal wimmelt es auf der Mauer von geschorenen Köpfen. Der Inquisitor zählt sechzehn. Von einem Dutzend weiterer sieht er die Arme, mit denen sie aufgeregt wedelnd hin und her rennen. Dann hört man das Knirschen von Ketten, die Zugbrücke senkt sich, während zugleich das Fallgitter hochgeht.
    Landegaard schickt die Armbrustschützen als Vorhut voran, spornt sein Pferd und macht ein Zeichen, dass die Wagen folgen sollen. So zieht sein Trupp in das Wehrkloster ein. Im Hof fasst er die Trappisten ins Auge, die sich dort versammelt haben. Vierzig alte, verdreckte und furchtsame Mönche, die den Schwarzen Tod

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