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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Kribbeln und Brennen zu entziehen, das sich in ihrem Körper ausbreitet.
    Wumm.
    Sie fährt hoch. Jetzt zittert sie bei diesem Geräusch am ganzen Leib. Sie spürt ein Brennen, zuerst nur leicht, dann immer stärker, als wenn sich das glühende Ende einer Zigarette näherte: ein Krampf in ihren Waden, der ihr in die Schenkel und den Unterleib steigt.
    Wumm.
    Bei jedem Hammerschlag bricht sich die Schockwelle zwischen ihren Schultern, in ihrer Wirbelsäule, ihren Hüften und ihren Fußgelenken. Jetzt ist ihr Gehirn vollständig wach, und was sie entdeckt, lässt sie vor Entsetzen erstarren.
    Wumm.
    Ihre Arme sind weit ausgebreitet und ihre Beine gespreizt. Sie ist nackt. Sie spürt das raue Holz in ihrem Rücken, den Biss der Splitter, die ihr jeder neue Schlag tiefer in die Haut treibt. Die Angst explodiert in ihrem Unterleib. Sie wird durch die Blut-und Nervenbahnen in alle Organe ihres Körpers gejagt, zu den Armen wie zu den Beinen, die sie immer noch nicht spürt. Sie versucht, die Hände zu Fäusten zu ballen. Es gelingt nicht.
    Wumm.
    Jetzt dröhnen die Schläge entsetzlich laut. Der Gestank um sie herum raubt ihr die Sinne. Sie erinnert sich: Der Aufprall der Regentropfen auf das welke Laub, die Gestalt Rachels, die sich zwischen den Bäumen hindurchzwängte. Sie erinnert sich an die Krypta, die auf den Betstühlen in sich zusammengesunkenen Leichen und die vier gekreuzigten Frauen. Dann fällt ihr das leere Kreuz in der Mitte ein.
    Wumm.
    Ihr Herz beginnt zu jagen. Sie spürt, wie die Spitze eines Nagels durch sie hindurch in einen Balken dringt, sich seinen Weg durch Fleisch und Sehnen ihres Handgelenks bahnt. Eine Flüssigkeit läuft ihr über die Arme und durch die Achselhöhlen. Ihre Brüste sind nass von dieser klebrigen Flüssigkeit, die bis zu ihrer Scham hinabrinnt und von dort in großen Tropfen zu Boden fällt.
    Plitsch-Platsch.
    Sie öffnet die Augen und sieht den schmalen Lederriemen, der ihren Arm festhält. Sie sieht ihre offene Hand auf dem Balken und auch die andere Hand, die sie gegen das Holz drückt. Ein Nagelkopf ragt aus dem geschwollenen Handgelenk hervor. Sie sieht den Hammer, der sich erneut hebt und dann blitzschnell herabsaust.
    Wumm.
    Ein tierisches Gebrüll kommt aus Marias Kehle. Sie wendet den Kopf und sieht Kaleb, dessen regloses Gesicht auf sie gerichtet ist. Er ist ihr ganz nahe. Seine Augen leuchten in der Finsternis der Kapuze. Dann spürt sie, wie die eisige Hand des Mörders ihr Handgelenk umklammert, während die andere Hand erneut den Hammer hebt.
    Wumm.
    Der Nagel verschwindet in ihrem Fleisch. Sein Kopf drängt sich gegen die Sehnen. Wie kann es sein, dass er eindringt, ohne dass die Wunde schmerzt? Als wenn ihr Körper nicht reagierte, während ihr der Mörder Arme und Beine an das Kreuz nagelt. Doch der Schmerz ist nicht fern. Maria merkt, wie er sich zögernd nähert. Er bahnt sich seinen Weg über ihre Nerven, die noch nichts empfinden. Er kommt heran.

31
    So nahe ist ihr der vollständig in sein Tun versunkene Kaleb, dass sich ihre Haarsträhnen unter seinem Atem bewegen. Sein Herz schlägt langsam. Er empfindet nichts. Dann entfernt sich der Atem, und sie hört, wie er von der Leiter herabsteigt, die er an das Kreuz gelehnt hat. Bald darauf dringt Rachels Schluchzen an ihr Ohr. Als sie sich vorbeugt, um zu ihr hinzusehen, verursachen die Nägel in ihren Armen und Beinen mit einem Mal stechende Schmerzen. In diesem Augenblick begreift sie, dass nichts als die Nägel an ihren Hand-und Fußgelenken ihren Körper daran hindern, vom Kreuz zu fallen. Kleine Stücke ihrer selbst beginnen sich um die Nägel herum zu dehnen und zu zerreißen.
    Mit einem Schlag versinkt sie in einer Woge so heftigen Schmerzes, dass es ihr vorkommt, als werde er nie aufhören.
    Er zuckt in ihren Handgelenken und drängt die Haut ihrer Arme fest an den Querbalken. Er explodiert in ihren Knien, Ellbogen, Fußgelenken und ihrem Unterleib. Sie schließt die Augen und stößt ein Gebrüll wie ein weidwundes Tier aus. Beim Versuch, die Arme zu bewegen und die Beine zu schließen, merkt sie, wie die Sehnen ihrer Handgelenke an den Nägeln reiben, spürt den Biss des Stahls im Fleisch ihrer Waden – riesige Nägel, die Kaleb schräg durch ihre Schienbeine geschlagen hat.
    Sie ist gekreuzigt. Sie kämpft gegen die Erstarrung ihrer Muskeln, gegen die Anspannung, mit der sie zu erreichen versucht, dass ihr Körpergewicht nicht zu sehr an den Nägeln zerrt. Diese unerträgliche Anspannung lässt ihre

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