Das Evangelium nach Satan
gefallen war, hat Löwenherz, der möglichst rasch nach Jaffa und Askalon weiterziehen wollte, die Stadt den Tempelrittern überlassen. Diese haben sie buchstäblich auf den Kopf gestellt, und dabei ist ihr Großmeister Robert de Sablé in den Tiefen der Festung auf jenes Evangelium gestoßen.«
Der Papst nimmt einen Schluck Wasser, wobei seine Zähne leicht gegen das Glas stoßen. Er verzieht das Gesicht. Das Wasser schmeckt abscheulich. Ein Anflug von Schwindel erfasst ihn. Er stellt das Glas wieder hin und fährt fort: »Wir wissen, dass de Sablé das Buch geöffnet und darin gelesen hat. Dabei muss er etwas entdeckt haben, das es ihm ermöglichte, seinen Orden in maßloser Weise zu bereichern, nachdem er mit dem Dämon einen Handel abgeschlossen hatte. Der Templerorden hat es zum Teil dem Inhalt jenes Evangeliums zu verdanken, dass er mächtiger als die Könige und reicher als unsere Kirche geworden ist. Als dann im Jahre 1291 der endgültige Fall von Akkon den Kreuzzügen ein Ende setzte, War der Verlust des Heiligen Landes besiegelt.«
Wieder schwieg der Papst.
»In den folgenden Jahren haben die Templer, die in Frankreich Zuflucht gefunden hatten, den Vatikan unterwandert, indem sie Kardinäle aus der engeren Umgebung des jeweiligen Papstes bestochen haben. Auf diese Weise wollten sie die Herrschaft über das Konklave gewinnen und dafür sorgen, dass ein Anhänger des Januskults Papst wurde. Er hätte dann aller Welt mitteilen sollen, dass sich Jesus am Kreuz von Gott losgesagt hatte. Die dadurch ausgelöste Katastrophe hätte das ganze Abendland ins Chaos gestürzt und nicht nur das Ende der Kirche bedeutet, sondern auch die Auflösung der Königreiche. Erschreckt durch diese dem Glauben drohende tödliche Gefahr haben sich Abgesandte des Vatikans mit solchen des Königs von Frankreich auf neutralem Boden in abgelegenen Burgen getroffen. Dabei sind sie übereingekommen, dass der französische König dafür sorgen sollte, dem Papst das Satansevangelium wiederzubeschaffen. Im Gegenzug hat dieser auf die Aushändigung der unvorstellbaren Schätze des Templerordens verzichtet. Nachdem dies Abkommen geschlossen war, wurden im Morgengrauen des 13. Oktober 1307 sämtliche auf französischem Boden befindlichen Tempelritter festgesetzt und eingekerkert. Noch in derselben Nacht haben sich Spione des Königs von Frankreich Zugang zum Vatikan verschafft und allen Kardinälen die Kehle durchgeschnitten, die jenem verfluchten Orden als Handlanger gedient hatten. Entkommen ist dabei nur eine Handvoll der mächtigsten Kardinäle, deren Zugehörigkeit zum Tempel unbekannt geblieben war. Sie sind daraufhin in den Untergrund gegangen und haben eine geheime Bruderschaft mit dem Namen Schwarzer Rauch des Satans gegründet.«
9
»Ist mit dir was nicht in Ordnung, Parks?«
Maria reißt sich mit Mühe von der Betrachtung der Leiche Kalebs los und sieht zu Mancuzo hin.
»Wie bitte?«
»Ich hab dich gefragt, ob es dir nicht gut geht. Du bist ganz blass.«
»Geht schon. Mir fehlt nichts.«
»Du kannst dir ein Sandwich holen.«
»Au fein. Für mich kaltes Fleisch mit Mayonnaise.«
»Schnauze, Stanton.«
»He, hab ich etwa gesagt, sie soll sich was zu mampfen holen, während wir dabei sind, ihren Liebhaber zu zersägen?«
Dann gibt Stanton das Mikrofon wieder frei und kündigt an: »Wir gehen jetzt zur Untersuchung der inneren Organe über.«
Mit schwarzem Filzstift markiert Mancuzo eine Stelle, von der aus Stanton zwischen der vierten und fünften Rippe eine Hohlnadel einführt. Angespannt sieht Maria zu, wie diese das Rippenfell durchdringt und langsam im Inneren verschwindet. Als nur noch ein Viertel davon sichtbar ist, teilt Stanton mit, dass er soeben die Wand des Herzens durchstoßen hat.
»Wir werden bei einer Punktion Blut aus der Herzkammer entnehmen.«
Außerdem entnimmt Mancuzo Blut aus der Aorta, der oberen Hohlvene und einer Armvene, um die verschiedenen Proben miteinander vergleichen zu können.
Während Stanton die Zentrifuge einschaltet, streift Mancuzo bis zum Unterarm reichende Gummihandschuhe über. Nachdem er eine rote Linie auf Kalebs Brust gezogen hat, durchtrennt er mit dem Skalpell die Haut, um die Knochen freizulegen. Während er mit einer Kreissäge den Brustkorb öffnet, spritzen winzige Knochensplitter auf seine Schutzbrille. Nach einer Weile ist das Brustbein durchtrennt.
Gegen den starken Verwesungsgeruch schützt sich Mancuzo, indem er seine Oberlippe mit einer mentholhaltigen Paste
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