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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Gebäude des FBI einen Parkplatz von doppelter Wagenlänge freizugeben. Sie schaltet die Zündung aus und sieht auf die Uhr: Es ist fünf.

5
    Als der Exorzist den schweren Türflügel aufstößt, beißt ihn ein aus der Kathedrale kommender starker Geruch nach Harz und verbranntem Fleisch in die Kehle. Den Weihrauchnebel und die von Gerüchen angefüllte Atmosphäre durchdringt der gelbe Schimmer einer Vielzahl von Kerzen in allen Größen. Dahinter liegt das Innere der Kathedrale nahezu vollständig im Dunkeln; lediglich das schwache Licht des Tages fällt durch die Buntglasfenster herein.
    Carzo verharrt mitten in der Bewegung. Ekelhafter Veilchengestank ist ihm in die Nase gestiegen. Der Geruch des Teufels. Reglos bleibt er einen Augenblick auf der Schwelle stehen. Für gewöhnliche Gläubige haben diese aus dem Mittelalter stammenden Düfte keinerlei Bedeutung, wohl aber für einen Teufelsaustreiber wie ihn. Der Weihrauch Gottes gegen den süßlichen Gestank des Teufels. Offenbar haben es Pater Jacomino und seine Jesuiten nicht geschafft, einem Wesen den Zutritt zur Kathedrale zu verwehren, das nicht dorthin gehört.
    Noch einmal zieht Carzo die Luft ein und prüft die Gerüche gründlich. Dann seufzt er erleichtert auf. Weihrauch und Kerzen haben den Geruch nach Veilchen und verbranntem Fleisch beinahe verdrängt, aber nicht vollständig. Die erste Runde ist an die Jesuiten gegangen. Doch da der Geruch des Bösen dem des heiligen Harzes widersteht, bedeutet das leider auch, dass das Untier nach wie vor da ist, zwar verwundet, aber nicht besiegt.
    Während Carzo langsam in Richtung Chor geht, hört er seine Schritte im hohen Raum hallen. Hier und da liegen neben dem Mittelgang zerbrochene Bänke und Betstühle mit ihren Kniekissen aus Samt. Das zersplitterte Holz weist darauf hin, dass sie aus großer Höhe hinabgeschleudert worden sein müssen und beim Aufprall auf den Boden zerborsten sind.
    Als er unter seinen Sandalen das Knistern von Papier hört, senkt er den Blick. Andachtsbildchen und Blätter aus Messbüchern liegen überall auf dem Fußboden verstreut. Ebenfalls fällt ihm auf, dass Hunderte von Kugeln aus Buchsbaumholz wie Perlen eines riesigen Halsbandes auf dem Marmorboden verteilt liegen. Er nimmt eine auf und betrachtet sie: Sie stammen von Rosenkränzen. Er schließt die Augen. Offensichtlich waren die Gläubigen ins Gebet versunken, als das Untier eingedrungen ist, und die um ihre Finger geschlungenen Rosenkränze haben unter der teuflischen Macht, die von der Kathedrale Besitz ergriffen hat, schlagartig nachgegeben.
    Er setzt seinen Weg fort und gelangt zu einem Weihwasserbecken, das an einem Tragpfeiler angebracht ist. Scharfer Schwefelgeruch lässt ihn zurückweichen, als er sich darüber beugt, um an dem fauligen Wasser zu riechen.
    Er kneift mit einer Hand die Nase zusammen, während er mit dem Zeigefinger der anderen das Wasser vorsichtig berührt. Er zieht ihn ruckartig und mit einem unterdrückten Fluch zurück, so heftig ist der Schmerz. Das einst geweihte Wasser ist siedend heiß.
    Auf seinem weiteren Weg zum Chor sieht er an mehreren Stellen tiefe Risse im massiven Holz der Beichtstühle. Außerdem scheinen ihre Vorhänge unter einer entsetzlichen Hitzeentwicklung angesengt worden zu sein. Er hebt den Blick. Über ihm sind die Stuckengel, die das Ohr neigen, um zu hören, welche Sünden gebeichtet werden, auf ihren Sockeln zerplatzt. Ein Stück weiter sind Standbilder schwarz verhängt. Als Carzo das Tuch herunterreißt, das die Statue der Heiligen Jungfrau verhüllt, erstarrt er mitten in der Bewegung. Im zuckenden Lichtschein der Kerzen sieht er winzige Blutfäden aus den Augen der Muttergottes dringen, rote Spuren, die durch die Vertiefungen im Marmor laufen und auf dem Boden ein Rinnsal bilden.
    Am Ende des Gangs bleibt er stehen. Wieder ein Hinweis. Zu beiden Seiten des Altars ist das ewige Licht gelöscht, das Gottes Gegenwart anzeigt. Carzos Augen versuchen, die Dunkelheit zu durchdringen. Ein Duft fehlt unter der Vielzahl der Gerüche, die in seine Nase dringen, ein Duft, der alles andere überlagern müsste, so herrlich und so reich, dass jeder, der ihn wahrnimmt, merkt, wie sich seine Seele gleich einer Blüte öffnet: der Rosenduft, der stets mit der Anwesenheit des Allerheiligsten einhergeht. Hier aber lässt sich nicht die geringste Spur davon wahrnehmen, und auch nicht der Ambraduft, der die Erzengel begleitet. Nicht einmal der leichte Geruch nach Maiglöckchen der

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