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Das ewige Leben

Das ewige Leben

Titel: Das ewige Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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Kopf gehabt. Jetzt natürlich große Überraschung, weil in der Trafik Würnitzer vis a vis vom Arnold-Schwarzenegger-Stadion ein derart flotter Trafikant, da hat der Brenner zuerst geglaubt, er hat sich in der Tür geirrt, weil der junge Mann hätte jederzeit für Manager des Jahres kandidieren können.
    Höchstens, dass er noch zu jugendlich dafür gewirkt hat mit seiner blauen Baseballkappe. Und da sieht man wieder einmal, dass nicht jedem die gleichen Sachen stehen, weil der Stadion-Glatzkopf hat mit der gleichen Kappe so lächerlich ausgesehen wie eine Maus unter einer Teigschüssel, dem jungen Würnitzer hat sie aber wieder gut gepasst. Jetzt war es für den Brenner doch ein bisschen bitter, wie der freundliche Jung-Trafikant zu ihm gesagt hat, der Brenner erinnert ihn an seinen Großvater. Nicht an den Großvater vom Brenner, sondern eben an seinen eigenen Großvater, den Trafikgründer, der erst vor ein paar Jahren verstorben ist, ausgerechnet Raucherbein.
    Ich glaube fast, der Kopfschuss war es, der den Trafikanten Würnitzer so an seinen Großvater erinnert hat. Das hätte sich der Brenner früher auch nie träumen lassen, dass einmal eine Zeit kommen wird, wo sich ein junger Hupfer und ein alter Invalide in einer Trafik gegenüberstehen, und er ist nicht der junge Hupf er.
    Aber interessant, der tüchtige Jung-Trafikant war dann fast noch schlimmer als die alten, die der Brenner früher so gefürchtet hat. Dass es so was gibt, ein sauberes Bürschchen, kein Bauch, kein Mundgeruch, keine Zahnlücke, sondern groß, schlank, sportlich, braungebrannt, alles sehr ding. Warum muss so einer, der alle Möglichkeiten hätte, eine Unterschriftenliste herausziehen. Und auf der Liste war dasselbe, flott hingeschriebene »X«, das der Trafikant auf seiner Baseballkappe gehabt hat. Nur dass auf der blauen Kappe ein weißes »X« war, auf dem weißen Papier ein blaues »X«, wahrscheinlich weil man es in Weiß nicht gesehen hätte.
    »Das X steht für IGS«, hat der junge Trafikant des Jahres stolz erklärt.
    »Und wofür steht IGS?«
    »Initiative«, hat der Trafikant ihm vorgesagt wie ein Volksschullehrer und ist mit der Stimme oben geblieben, damit der dumme Kunde einsetzen und weitermachen kann. Aber nichts da, der Kunde hat nicht eingesetzt, jetzt doch noch einmal der Trafikant: »Grazer«, wieder schön mit der Stimme oben geblieben, aber der Kunde hat es immer noch nicht kapiert, jetzt hat der Trafikant es selber fertig sagen müssen: »Sicherheit.«
    »X«, hat der Brenner gelächelt.
    »Ein einziger Buchstabe.«
    »Das ist einmal eine Abkürzung, die sich auszahlt. Aber ich hab immer geglaubt, ihr heißt: Wehr-Initiative Grazer Sicherheit.«
    Der Trafikant hat den Kopf geschüttelt, ich glaube, er hat gar nicht begriffen, dass der Brenner ihn nur verarscht hat, weil mit dem »Wehr« unvorteilhafte Abkürzung, und ohne das Wehr schön mit dem »X«, sprich saubere Lösung.
    An eines hat der Brenner sich aber wirklich erinnert. Dass diese Hobbypolizisten seit einiger Zeit die Stadt unsicher gemacht haben. In der Zeitung ist es gestanden, schon bevor er nach Puntigam zurückgekommen ist. Die haben sich mit ihren Fotoapparaten vor den Grazer Schulen aufgestellt, weil sie haben gesagt, wir müssen die Drogenhändler abschrecken. Der Erfolg natürlich umstritten, aber die Lehrer haben sich wahnsinnig über die immer ärger werdenden Verspätungen der Schüler beschwert, weil die sind am Morgen natürlich stundenlang vor dem Spiegel gestanden und haben sich fünfmal umgezogen aus lauter Angst, sie könnten auf den Fotos nicht gut drauf sein.
    »No Drax in Graz« ist auf dem T-Shirt gestanden, das der Trafikant ihm jetzt gezeigt hat, weil das hat zur Uniform der Hobbypolizisten gehört. Auf der Kappe das »X«, auf dem T-Shirt der Slogan und noch einmal das »X«.
    »Drax«, hat der Trafikant gelächelt, »mit dieser Schreibweise sprechen wir gezielt die jungen Leute an. Denen darf man nicht mit dem Zeigefinger kommen, sondern eben -«
    »- mit dem X.«
    »Zeitgemäß.«
    Und vom Drogenproblem ist der Trafikant dann schnell zum Zigeunerproblem gekommen, weil seit Jahren ist da gestritten worden, die Bettelei, die Kriminalität, und die Hobbypolizisten haben jetzt verlangt, Bettelverbot. Er hat dem Brenner die Liste freundlich hingehalten, weil er hat geglaubt, ein Mann mit Kopfschuss unterschreibt ihm das bestimmt.
    Als Detektiv darf man bei so etwas natürlich nicht heikel sein. Für den Brenner war das Thema ein

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