Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das ewige Leben

Das ewige Leben

Titel: Das ewige Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
Vom Netzwerk:
Riesenvorteil, weil so hat er ganz leicht das Gespräch auf die beiden Schwarzenegger-Zigeuner bringen können.
    »Die beiden Stadion-Bettler werden Ihnen ja nicht fehlen«, hat der Brenner gesagt.
    »Das können Sie laut sagen.«
    »Vielleicht haben sie Angst gekriegt vor Ihrer X-Initiative.«
    Schau, das hat der Brenner eigentlich falsch gesagt, weil das »Initiative« ist ja schon im »i« vom »X« drinnen gesteckt. Aber das war nicht der Grund, dass der Trafikant Würnitzer so sauer geschaut hat.
    »So leicht sind die nicht zu vertreiben«, hat er behauptet. »Die zwei Roma-Herrschaften sind ganz zufällig am selben Tag verschwunden, wo unbekannte Täter den Stadion-Hausmeister ermordet haben.«
    Ich wette, so viele Anführungszeichen gibt es auf der Welt gar nicht, wie der junge Trafikant Würnitzer da bei »Roma-Herrschaften« und bei »zufällig« und bei »unbekannte Täter« gemacht hat.
    »Wenigstens sind Sie die beiden los«, hat der Brenner ihm ein bisschen nach dem Mund geredet.
    »Die beiden bin ich los.«
    »Und den Köck sind Sie auch los.«
    »Da werden bestimmt ein paar Leute traurig sein«, hat der Trafikant gelächelt. »Manchmal hat das Stadion unter der Woche fast mehr Besucher gehabt als am Spieltag.«
    Siehst du, so etwas kannst du natürlich als Trafikant Würnitzer gut beobachten, dass da nicht nur die Sportreporter im Arnold-Schwarzenegger-Stadion aus und ein gegangen sind, sondern eben auch die besseren Kreise aus den anderen Redaktionen, Politik, Kultur, Wetter, Wirtschaft, Horoskop und sogar Wochenendbeilage.
    »Der Köck hat das ganze Gesindel angelockt. Erst letzte Woche haben wir beschlossen, dass wir auch vor den Stadioneingängen Wachposten aufstellen müssen, nicht nur vor den Schulen.«
    »Das hat sich ja jetzt erst einmal erledigt.«
    »Abwarten. Ich sage immer, es kommt nichts Besseres nach.«
    Der Brenner hat ihm dann die Liste nicht unterschrieben, weil er hat gesagt, er möchte es sich noch einmal überlegen. Aber damit er es sich nicht ganz vertut mit dem Würnitzer, hat er ihm eine Baseballkappe abgekauft. Er hat sich immer noch ein bisschen geniert wegen der rasierten Stelle und dem Pflaster über dem Einschussloch, und für so etwas ist eine Kappe kein Fehler. Und als Schutz gegen die Kälte, weil die Ärzte in Puntigam links haben immer mit einem triumphierenden Lächeln gesagt, die Schmerzen werden schon noch kommen. Das war ja der Lieblingsvorwurf vom Bonati, weil Schmerzverdrängung immer verdächtig, und so einen Schmerzverdränger wie den Brenner hat er überhaupt noch nie erlebt.
    »Dann überlegen Sie es sich mit der Unterschrift«, hat der Trafikant gesagt, wie der Brenner bezahlt hat.
    »Ich komm die Woche sowieso noch einmal vorbei«, hat der Brenner gesagt, während er mit der Kappe am Kopf aus dem Geschäft hinaus ist.
    Weil ein gutes Verhältnis zu den Zeugen immer wichtig. Viel hat er zwar vom Würnitzer nicht erfahren, was er nicht schon in der Zeitung gelesen hat. Aber das ist ganz klar, weil die Zeitungsleute es ja auch vom Würnitzer gehabt haben. Das ist eine interessante Kreislaufwirtschaft: In der Trafik kauft man sich die neuesten Zeitungen, sprich neueste Nachrichten, Analysen, Hintergrund, Tipps, Kommentare, ja was glaubst du. Aber woher wissen die Zeitungen das alles? Und siehst du, die wissen es wieder von den Trafikanten.
    Jetzt hat man in den letzten Jahren eines gut studieren können. Bei den Kühen in England. Dass es nie gesund ist, wenn Kühe Schafe fressen. Und ganz ähnlich ist es, wenn die Zeitungen sich zu viele Informationen im Zeitungsgeschäft holen, sprich Volk aufs Maul. Da kann es im Lauf der Jahre zu einer gewissen Gehirnerweichung kommen.
    Jetzt hat der Brenner, während er über die Straße zum Stadion hinübergegangen ist, auf einmal statt »Zigeunermafia« das Wort »Zeugenmafia« im Kopf gehabt. Weil alte Polizistenregel: Wenn sich die Zeitungsmafia und die Zeugenmafia einig sind, immer Alarmstufe rot. Drogenmafia nichts dagegen.
    Beim Stadion ist er dann nie angekommen. Weil auf einmal ist ihm komplett schwarz vor Augen geworden. Aber nicht dass du glaubst, Gehirnproblem. Sondern Kappenproblem.
    Von hinten hat ihm jemand die Kappe über die Augen gezogen und ihm so brutal den Arm auf den Rücken gedreht, dass der Brenner sich fast angekotzt hat. Dass er erst wieder richtig zum Denken gekommen ist, wie er schon gefesselt in einem auf und davon jagenden Auto gesessen ist.
    Gesehen hat er immer noch nichts. Aber gehört hat

Weitere Kostenlose Bücher