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Das ewige Leben

Das ewige Leben

Titel: Das ewige Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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nur, weil ich dich wegbringen wollte, bevor du wirklich verhaftet wirst. Der X-ler hat eine ziemlich präzise Täterbeschreibung abgegeben. Was bei einem Mann mit Einschuss über dem linken Ohr aber auch nicht so schwierig ist.«
    »Was willst du dann von mir?«
    »Dasselbe, was der Brigadier Aschenbrenner von dir wollte.«
    »Dass ich aus Graz verschwinde?«
    »Das hat er mir anders erzählt.«
    »Was hat er dir denn erzählt?«
    »Er war doch an dem Morgen bei dir und hat dir den Job vom Köck angeboten.«
    »Den Job vom Köck«, hat der Brenner wiederholt. Eigentlich hat er sich nur erinnert, dass der Aschenbrenner ihm einen Job als Spitzel angeboten hat, aber das ist auf dasselbe hinausgelaufen.
    Du musst wissen, der Köck hat für die Grazer Kripo als Spitzel gearbeitet. Aber das ist bei Spitzeln immer so eine Sache, sie werden leicht unzuverlässig, jetzt hat der Köck zu viel von der anderen Seite angenommen, und darum die Idee vom Kripochef, wir schmeißen den Köck hinaus und ersetzen ihn durch den Brenner.
    »Ja richtig, den Job hat er mir angeboten.«
    »Und was hast du gesagt?«
    »Lieber bring ich mich um.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Weiß ich nicht mehr.«
    »Und was sagst du jetzt?«
    Der Brenner hat nichts gesagt.
    »Keiner kann den Job vom Köck so gut machen wie du. Dich kennt hier keiner mehr«, hat der Major Heinz wieder angefangen.
    »Lieber bring ich mich um.«
    »Also ja!«, hat der Major sich gefreut und dem Brenner auf die Schulter geklopft. Und da siehst du einmal, wie ein positiver Mensch sogar aus so einer Antwort noch das Beste herausholen kann. Weil der Major hat jetzt einfach so getan, als müsste diese Antwort nach dem Selbstmordversuch automatisch das Gegenteil bedeuten, quasi: Die einzige Sache, die mir lieber wäre, hab ich schon hinter mir, also warum nicht zur Abwechslung ein bisschen Polizeispitzel.
    »Aber nur, wenn ich auch die Stadionwohnung krieg«, hat der Brenner sofort eine Bedingung nachgeschoben.
    »Vergiss es«, hat der Major gesagt. »Wo sie deinen Vorgänger erschossen haben, können wir dich nicht unterbringen.«
    Das war schon ein bisschen ein Tiefpunkt für den Brenner, wie der junge Major Heinz ihm gleich seine erste Forderung abgeschossen hat. Aber so ist das mit den Bedingungen. Wenn du sie einmal stellst, hast du schon angebissen, egal ob sie erfüllt werden oder nicht. Und wenn du einmal angebissen hast, erfüllen sie dir natürlich keine Bedingungen mehr, weil jetzt ist es zu spät, vorher hätte man es sagen müssen.
    Und vielleicht war das der Grund, dass beim Brenner der Zwang auf einmal wieder dagewesen ist. Dass es so was gibt! Jetzt, wo er endlich den Blitz nicht mehr in den Augen gehabt hat, ist der alte Farbfehler wieder aufgetaucht. Und das Gefühl, dass sein Kopf eine Spur seitlich angewachsen ist, auch wieder da. Jetzt hat der Brenner vermutet, es muss irgendwie zusammenhängen, dass ich durch den Augenfehler dieses seitliche Kopfgefühl bekomme.
    Auf einmal der Brenner wieder zwanghafter Augentester. Immer wieder hat er es probieren müssen, das rechte Aug zu, links schauen, dann links zu und rechts schauen. Der Major Heinz hat ganz kurz geschorene, blonde Haare gehabt, aber links, vom Brenner aus gesehen, ein bisschen rötlich blond, rechts, vom Brenner aus gesehen, ein bisschen grünlich blond. Austrainiert bis dort hinaus, der junge Major, mageres Gesicht, aber die linke Wange, vom Brenner aus gesehen, war ein bisschen besser durchblutet als die linke Wange, vom Major aus gesehen, die eine Spur ins Kränkliche gegangen ist.
    Im Grunde ist es dem Brenner fast schon normal vorgekommen mit dem Fehler. Und er hat überlegt, wenn mich jetzt ein Augenarzt richtig einstellt, kommt es mir womöglich erst recht fehlerhaft vor, weil ich schon so daran gewöhnt bin. Und das Normale würde mir erst recht wieder nicht passen.
    »Wenn du gleich zugesagt hättest, wie der Brigadier dir das Angebot gemacht hat, hättest du die Stadionwohnung haben können«, hat der Major erklärt, weil ich glaube, er hat gemerkt, dass der Brenner enttäuscht ist. »Aber jetzt nützt die Wohnung uns nichts mehr, nachdem sie in die Schlagzeilen gekommen ist.«
    »Schade«, hat der Brenner gesagt. Weil Stadionwohnung, das hätte ihm wahnsinnig gefallen. »Da hätte ich früher zugreifen müssen. Wenn du mir damals statt dem Aschenbrenner das Angebot gemacht hättest, wer weiß. Aber mit dem Aschenbrenner kann ich einfach nicht. Wir haben noch nie miteinander

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