Das ewige Leben
geblieben, da hätte man fast glauben können, er ist damals ebenfalls mit ihnen in der Polizeischule gewesen.
»Die organisierte Kriminalität hat der Brigadier immer nur im fernen Wien gesehen. Umgekehrt hat es ihn schon wahnsinnig aufgeregt, wenn ein paar von meinen Polizeischülern ein bisschen mit Haschisch experimentiert haben.«
»Das wundert dich, dass ihn das stört?«
»Jaja, ich weiß schon, früher hätte es so etwas nicht gegeben«, hat der Heinz zynisch gegrinst.
Und im selben Moment ist der Gedanke, ohne anzuklopfen, in das Büro hereinspaziert. Sehr lange blonde Haare hat der Gedanke gehabt und einen sehr kurzen schwarzen Rock. Und alles sehr gut aufeinander abgestimmt, weil am Rock hat der Gedanke einen eleganten weißen Saum gehabt und beim Mittelscheitel sind ihm genau gleich breit die dunklen Haare nachgewachsen. Und die weiße Bluse hat wieder gut zum Kaugummi gepasst, weil die hat sich so halb durchsichtig um den prallen Gedanken gespannt, ganz ähnlich wie die halbdurchsichtigen Kaugummiblasen, die immer wieder zwischen den Lippen zerplatzt sind.
Und nach der dritten oder vierten Blase hat der Gedanke mit einer beängstigend hohen Stimme gepiepst: »Weißt du da irgendwas?«
»Frag den Oberst«, hat der Heinz gesagt und nicht einmal einen Blick auf den Zettel geworfen, den seine Sekretärin ihm unter die Nase gehalten hat.
Die Frau war ein derartiges Gegenteil von der Soili, dass sie dem Brenner vorgekommen ist wie das reinste Fotonegativ von der Pasolini-Wirtin.
»Der Oberst weiß nichts«, hat sie gesagt und eine Kaugummiblase platzen lassen. »Weißt du was?«
»Ich hab jetzt keine Zeit!«
Einmal noch den Kaugummi, dann ist das Negativ wieder auf seinen silbernen Stelzen hinausgewackelt, aber der Gedanke natürlich dageblieben.
Weißt du da irgendwas über unseren Polizeischulausflug in die Raiffeisenkasse, hätte der Brenner den Major gern gefragt. Aber er hat es für sich behalten, und der Major war sowieso schon wieder bei seinem Lieblingsthema.
»Nach dem Desaster mit dem Köck müssen wir dringend dafür sorgen, dass uns die Hobbypolizisten nicht dauernd in unsere Ermittlungen hineinpfuschen. Ich hab genug damit zu tun, den Köck-Mörder zu finden. Seit der Aschenbrenner krank ist, darf ich auch noch den Bürokram für ihn erledigen. Die Leute glauben schon, ich hab ein Verhältnis mit der da«, hat er Richtung Tür gedeutet, »weil ich Tag und Nacht hier herinnen bin.«
Der Brenner hat gegrinst. Aber dann ist ihm das Grinsen vergangen, weil der Major hat ihm erklärt, dass er wen braucht, der für ihn den Würnitzer und die X-ler übernimmt.
»Und wie hast du dir das vorgestellt?«
In der nächsten Sekunde hat es dem Brenner schon wahnsinnig Leid getan, dass er das gefragt hat. Und in der übernächsten Sekunde auch noch. Nächste Minute auch noch Leid, nächste Stunde, nächster Tag auch noch Leid, nächste Woche, übernächste Woche Leid, sprich für den Rest seines Lebens Leid getan, dass er das gefragt hat.
12
»Freunde der Sicherheit! Wehrsame Grazer!«
Der General hat das Mikrofon in der Hand gehalten und ist ein bisschen auf dem Podium hin- und hergewandert, während er zu den gut dreißig im neuen Hauptquartier versammelten Hobbypolizisten gesprochen hat. Die Hobbypolizisten sofort mucksmäuschenstill, weil der General eine Ausstrahlung, gewaltig.
Das Podium haben die Männer perfekt hergerichtet, die Tische schön mit weißen Tischdecken, alles selber gemacht. War gar nicht so einfach, in die neuen Räumlichkeiten eine nette Atmosphäre zu zaubern, weil sie sind ja erst vor ein paar Wochen in das neue Hauptquartier im Arnold-Schwarzenegger-Stadion eingezogen, aber nicht dass du glaubst, in die Hausmeisterwohnung vom Köck, die wäre ja zehnmal zu klein gewesen, sondern direkt von der Straße hinein, wo früher der GratisGrazer drinnen war, aber der ist ja jetzt ganz nobel in die Innenstadt gezogen.
Hinter den Scheiben, durch die man nicht richtig hinausgesehen hat, weil halbdurchsichtiger Werbeaufdruck, war sogar gerade ein großes Spiel im Gang, Sturm Graz gegen Austria Wien. Aber die Männer nur am General interessiert. Drei Mikrofone haben sie auf die weiße Tischdecke gestellt, eines für den General in der Mitte, eines für den Trafikanten Würnitzer, links vom Publikum aus gesehen, und eines für den Oberst Weblinger, rechts vom Publikum aus gesehen. Die Glatze vom Weblinger hat wahnsinnig im Scheinwerferlicht gespiegelt, weil der wollte seine
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