Das ewige Lied - Fantasy-Roman
Herrschers. Er hat dabei den Tod gefunden, und ich wünschte, ich wäre an seiner Stelle gewesen und hätte unserem Herrscher diesen Dienst erweisen können!“
Diesmal begann die Menge zu brüllen wie ein Tier und schob sich auf das Podest zu. Die Soldaten versuchten, die Menschen zurückzudrängen, aber gegen diese Masse kamen sie nicht an. Ein Wort der Kaiserin jedoch genügte, um das Volk zu besänftigen. „Warum?“, fragte Cwell, und sofort war es wieder totenstill. Alle starrten gebannt auf Illomut und erwarteten eine Antwort. „Warum“, wiederholte Cwell und sah Illomut dabei beinahe verwundert an, „warum beansprucht euer Herrscher unser Reich?“
Illomut lachte. Es klang hässlich. „Die ganzen Jahre,
eure Hoheit
“, sagte er und die beiden Worte klangen aus seinem Mund wie eine Beleidigung, „habt Ihr euch in unser Leben eingemischt, uns bevormundet, ohne jemals etwas Sinnvolles erreicht zu haben. Seit Jahrhunderten haben wir unter eurem Volk zu leiden. Wir wurden erobert und ausgebeutet, betrogen und abgeschlachtet. Das Land wurde uns genommen, und wenn wir nicht an eure seltsamen Götter glauben wollten und an den unseren festhielten, wurden wir gequält und gefoltert. Euer Volk hat zu viele Male bewiesen, dass es unser Feind ist, und deswegen muss es von unserer Welt verschwinden!“
„Das alles ist lange her“, sagte Cwell ruhig. „Ihr sprecht von den Sünden unserer Väter...“
„An denen Ihr jedoch zu tragen habt!“, sagte Illomut. „Wir werden uns endlich zur Wehr setzen, und Ilbatan wird uns unterstützen. Auch sie wollen sich nicht länger eurer Herrschaft beugen. Gebt gut acht, Großkaiserin“, rief Illomut, und seine Stimme nahm einen sonderbaren, beinahe prophetischen Klang an, „sonst werden bald noch mehr Gebäude brennen!“
Dies war endgültig zu viel. Erneut begann die Menge zu toben, und Jayel fühlte, wie selbst sie im hinteren Teil der Halle mitgerissen wurde. Sie konnte erkennen, dass vier der Leibwächter auf Illomut zustürzten und ihn hart packten.
Die Kaiserin breitete die Arme aus und blieb in dieser Position still stehen, bis sich die Menge erneut beruhigt hatte, was dieses Mal jedoch erheblich länger als zuvor dauerte. Als sie sich Illomut wieder zuwandte, klang ihre Stimme eiskalt und hallte laut und deutlich bis in den letzten Winkel des Gebäudes. „Ich weiß, dass meine Diplomaten, die in eurem Land gewesen sind, von deinem Herrscher hingerichtet wurden. Dies soll hier nicht geschehen. Illomut, du bist ein Gesandter deines Herrschers und stehst deswegen unter diplomatischer Immunität. Darum werden weder ich noch meine Leibwächter dir etwas tun. Für mein Volk hingegen kann ich nicht garantieren. Ich verspreche jedoch, dass du genau eine Stunde Zeit haben wirst, um aus Farseth zu verschwinden. Sollte dir in dieser Zeit etwas geschehen, werde ich die Täter finden und strafen. Doch nach einer Stunde, Illomut, giltst du als vogelfrei, und jeder darf dich ungestraft töten. Also mach, dass du wegkommst und richte deinem Herrscher folgendes aus: Celane lässt sich nicht einschüchtern. Die Menschen dieses Landes sind frei. Und wir werden für diese Freiheit kämpfen.“
Der Jubel, der daraufhin ausbrach, war ohrenbetäubend und hielt für mehrere Minuten an. Cwell gab den Wächtern einen Wink, und diese ließen Illomut los. Der Gesandte der Südreiche lächelte noch immer, verbeugte sich vor der Kaiserin, und verschwand dann so rasch wie ein Schatten vom Podium. Draußen warteten bereits ein paar Eifrige, die bereit waren, Illomut eine Stunde lang zu verfolgen und dann zuzuschlagen. Doch schon nach wenigen Minuten hatten sie Illomut aus den Augen verloren.
„Was war denn das für ein gefühlsduseliger Blödsinn?“, knurrte Daphnus, als er sich mit Jayel aus der Stadthalle herauskämpfte. „
Wir sind ein freies Volk
– also wirklich!“
„Es war genau das, was die Leute hören wollten“, sagte Jayel und spähte eifrig um sich. „Was glaubst du denn, was passiert wäre, wenn Cwell gesagt hätte: ‚Oh, in Ordnung, ist gut, lass uns noch mal darüber reden.’ Dann wäre da drinnen die Hölle losgebrochen!“
Daphnus brummte zustimmend. Mittlerweile konnte er schon wieder recht gut sehen, hielt allerdings den Arm von Jayel noch umfasst, um sie nicht zu verlieren. „Aber trotzdem, das eben war quasi eine Kriegserklärung“, setzte Daphnus nach.
Da hat er allerdings recht, dachte Jayel. Sie fühlte sich ebenso unbehaglich wie er, wenn sie an die
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