Das ewige Lied - Fantasy-Roman
müssen. Wenn wir vorher im feindlichen Lager erscheinen, könnte man uns für Spione halten. Ich glaube, wir sollten als einfache Reisende auftreten, die die Stadt nur besuchen wollen...“
„Eine Urlaubsreise ins Kriegsgebiet“, spottete Daphnus, „das finde ich nicht sehr glaubwürdig!“
„Du hast recht“, stimmte Tiark zu, „aber Händler kommen überall hinein.“
„Das wäre eine Möglichkeit“, befand Kallabul, „vielleicht ergibt sich eine Gelegenheit, als Händler aufzutreten.“
Schon am nächsten Tag erreichten sie die Grenze zum Südreich. Es war eine unsichtbare Grenze, denn hier im Steppengebiet gab es keine befestigten Straßen, die es zu bewachen galt. In dieser Gegend gab es auch nur wenige Siedlungen, die meisten davon waren Bauernhöfe, auf celanscher wie auf südlicher Seite. Allerdings fiel Jayel auf, dass, sobald sie die Grenze überschritten hatten, die Wohngebiete zunehmend ärmlicher wurden. Die einigermaßen fruchtbare Steppe endete bald und ging in sandiges Wüstengebiet über.
Am Übergang zur Wüste stießen sie auf eine etwas größere Siedlung. Man begegnete ihnen mit Misstrauen – immerhin war der Krieg bis hierher noch nicht vorgedrungen, und es hatte keine Kämpfe oder Übergriffe gegeben.
Jayel fand, dass die Menschen ihnen nicht unbedingt feindlich gesinnt erschienen. Sie beobachtete ein paar Kinder, die am Straßenrand spielten. Entsetzt nahm sie zur Kenntnis, dass sie hier noch abgemagerter waren, als die Kinder, die sie im Fischerdorf beobachtet hatte. Und das Dorf war vom Krieg nicht betroffen – die Armut musste schon eine ganze Weile andauern. An einem der größeren Höfe erwarben sie ein Pferd für Gemma, so dass Kallabuls Pferd entlastet wurde. Gemma jammerte zunächst, weil sie Angst davor hatte, allein zu reiten, aber als sie sich einige zynische Bemerkungen von Tiark anhören musste, wurde sie still. Als sie das Pferd schließlich sah – ein kleines ruhiges Pony, das vorwiegend den Kindern des Bauern als Reittier gedient hatte – war sie beruhigt und die Gruppe konnte weiter das Dorf erkunden.
Auf dem Marktplatz machte sich gerade eine Karawane fertig, um in die Wüste aufzubrechen. Ein bärtiger Mann in den typischen Kleidern der Wüste, mit langem Kaftan und großem Turban auf dem Kopf, dirigierte seine Kameltreiber und Handlanger durch die Gegend und schimpfte über deren Langsamkeit. Jayel trat vor und sprach den Mann an: „Seid gegrüßt, Herr. Habt Ihr Probleme mit eurer Karawane?“
Der Mann bedachte sie mit einem kurzen Blick und knurrte: „Das kann man wohl sagen. Der verdammte Krieg bringt nichts als Ärger. Jetzt rottet sich in der Wüste Gesindel zusammen, das Karawanen überfällt, um die Waren und Vorräte an den Meistbietenden zu verkaufen. Ohne Schutz wage ich mich kaum in die Wüste, aber zu diesen Zeiten will keiner von zu Hause fort, und alle Kämpfer sind im Krieg.“
Jayel blickte rasch zu ihren Reisegefährten und meinte dann: „Wo wollt Ihr denn hin?“
„Zunächst nach Kazad“, brummte der Bärtige und verpasste einem stolpernden Warenträger einen Tritt, „dann tiefer in die Wüste hinein...“
„Bis nach Kazad könnten wir euch unsere Hilfe anbieten. Dort findet Ihr doch sicherlich Wachen für eure Karawane...“
Der Mann, der gerade einen Sack auf ein Kamel laden wollte, hielt in seiner Bewegung inne und sah Jayel misstrauisch an. Dann warf er einen Blick auf ihre Reisegenossen. „Was, ihr?“, höhnte er, „du und der Kerl in der Robe, ihr gehört ja wohl eindeutig zum Feind. Da ihr aber einen Aquanten, einen Erdmenschen und eine Elfe dabei habt, glaube ich euch, dass ihr friedliche Absichten hegt... jaja, schaut nur erstaunt, ich bin herumgekommen in der Welt, und ich weiß, dass sich die anderen Völker aus dem Krieg heraus halten. Aber was solltet
ihr
wohl beschützen? Ihr seht nicht gerade wie Kriegshelden aus, wisst ihr.“ Und er begann, dröhnend zu lachen. Dann fragte er: „Was wollt ihr überhaupt in Kazad?“
„Wir haben dort ... einen Freund, der Hilfe braucht“, log Jayel ungerührt. „Wir haben bereits einen weiten Weg auf uns genommen: Vom Meer über die Schulter des Riesen, durch die unendlichen Wälder und durch das Modermoor...“
„Wie?“, rief da der Bärtige, „ihr seid tatsächlich durch das Modermoor gekommen? Alle Achtung, wer da lebendig durchkommt, der muss sich schon zu wehren wissen. Also gut, ob mit oder ohne euch, wir müssen ohnehin nach Kazad. Kommt also mit und
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