Das ewige Lied - Fantasy-Roman
beschützt uns, wenn ihr könnt. Aber für eure Kamele müsst ihr bezahlen. Seid ihr einverstanden?“ Mit diesen Worten streckte er Jayel die Hand hin.
Jayel schlug erleichtert ein und sagte: „Wir werden uns bemühen, euch nicht zu enttäuschen. Oh, und wegen der Kamele: Wir haben unsere Pferde, das geht schon.“
Der Bärtige wiegte zweifelnd den Kopf: „Hm ... Pferde sind ganz schlecht in der Wüste ... brauchen zu viel Wasser...“
Jayel sagte eilig: „Das Wasser bezahlen wir natürlich!“ Da lachte der Bärtige wieder: „Na schön, nehmt eure Pferde mit. Mein Name ist übrigens Hallil!“
Die Karawane brach gegen Abend auf. Sie reisten immer abends und morgens, um der stärksten Hitze am Mittag zu entgehen. Nachts hingegen wurde es eisig kalt, so dass sie sich in dicke Decken gewickelt dicht ans Feuer drängten. Zwei von ihnen hielten jedoch immer Wache. Daphnus wachte stets mit Hallil zusammen, der ihm nicht so recht zu trauen schien. Die Freunde hatten sich mit Wüstenkleidung versorgt, um gegen die Temperaturen der Wüste gewappnet zu sein und auch, um nicht weiter aufzufallen.
Entweder hatte Hallil übertrieben oder sie hatten einfach Glück – jedenfalls begegneten sie während den gesamten fünf Tagen, die sie unterwegs waren, keinem Räuber oder anderem Gesindel, das die Karawane bedroht hätte. Einmal jedoch mussten sie sich mit Sandfüchsen herumschlagen, als ein recht großes Rudel die Kamele angreifen wollte. Sie schlugen sich jedoch wacker und konnten sich sogar über ein Lob von Hallil freuen. Das Fell und die Zähne der getöteten Sandfüchse gaben sie dem Karawanenführer und bezahlten auf diese Weise ihr Wasser auf einmal.
Am Nachmittag des sechsten Tages erblickten sie, als sie einen Dünenkamm überquerten, in der Ferne Kazad, die Wüstenstadt. Ihre aus Lehmziegeln erbaute Außenmauer hob sich farblich nicht von der Wüste ab. Drei Reihen von dicht an dicht gelagerten Schießscharten gaben der Stadtmauer das Aussehen eines riesigen Gürtels. Nur wenige Gebäude waren so hoch, dass man sie trotz der Mauer sehen konnte, wie etwa einige Türmchen mit zwiebelförmigen Dächern.
Vor der Stadt lagerte das celansche Heer. Jayel sah Hunderte, wenn nicht Tausende von Zelten, und sie wunderte sich, wie ruhig alles zu sein schien. Doch je näher die Karawane kam, desto spürbarer wurde die Spannung, die in der Luft lag.
Um unnötigen Fragen zu entgehen, zog sich Jayel den Schleier des Turbans, der normalerweise bei Sandstürmen die Augen schützen sollte, vor ihr Gesicht. Die Karawane musste das feindliche Heereslager durchqueren, um die Tore der Stadt zu erreichen. Kazad wurde zwar belagert, aber solange die Karawanen keine Lebensmittel oder Waffen transportierten, durften sie passieren. Unauffällig spähte Jayel nach allen Seiten, konnte aber das Zelt der Kaiserin nirgends entdecken. Wahrscheinlich war es weiter hinten im Lager aufgeschlagen worden.
Von allen Seiten trafen sie feindliche Blicke – Jayel ahnte, dass die Offiziere die Soldaten nur mit Mühe davor zurückhalten konnten, tätlich zu werden. Sie ließen sie trotzdem spüren, dass sie sie für den Feind hielten.
Jayel war erschüttert von so viel Hass. Als sie vor Wochen aus Farseth aufgebrochen waren, waren die Menschen wegen des Anschlags entsetzt und unglücklich gewesen – doch einen derartigen Hass hatte Jayel damals nicht gespürt. Sie atmete erleichtert auf, als sich die Tore Kazads hinter ihnen schlossen.
Sobald sie die Stadt betraten, schlug ihnen ein Schwall von Geräuschen, Gerüchen und Farbeindrücken entgegen. Die Menschen in Kazad schienen nicht miteinander zu reden – sie schienen sich permanent anzuschreien. Der schwere Duft von Rauch und Gewürzen hing in der Luft, und die Burnusse, die Jayel um sich herum sah, strahlten in den leuchtendsten Farben. Sie wurde von den starken Sinneseindrücken vollkommen gefangen genommen.
Die Karawane bewegte sich langsam durch enge, sandfarbene Gassen. Die Häuser um sie herum hatten nur ein oder zwei Stockwerke und ein flaches Dach; überall waren Menschen zu sehen und Jayel hörte den schweren, südlichen Akzent, den die Sprache hier hatte. Nicht nur Kinder sprangen in den engen Straßen vor den Reittieren umher, auch Hunde und Katzen, sogar Hühner und Ziegen liefen frei herum. An vielen Stellen waren am Straßenrand kleine Verkaufsstände aufgebaut; die Zahl der Stände stieg deutlich an, als sie das Basarviertel erreichten. Es schien fast alles zu kaufen zu
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