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Das Exil Der Königin: Roman

Das Exil Der Königin: Roman

Titel: Das Exil Der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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er oft mit müden Knochen auf, und in seinem Kopf wirbelten halb erinnerte Träume, während er sich fühlte, als hätte er die ganze Nacht gearbeitet. Manchmal wurde er nicht rechtzeitig wach. Dann ging er direkt von der Bibliothek zum Unterricht, in den gleichen Sachen, die er am Tag zuvor getragen hatte. Einmal mehr war er froh um den roten Mystwerk-Umhang. Allerdings war er bereits einige Male zu spät in Gryphons Stunde gekommen, die unglücklicherweise die erste des Tages war.
    Wenn er und Crow sich auf eine Sitzung von vier Stunden einigten, hielt Crow ihn sechs Stunden lang fest. Er behielt ihn so lange bei sich, bis Hans Amulett vollkommen ausgequetscht und Han schlaff und benommen war. Und dann verlangte er, dass Han für das nächste Mal mehr Macht ansammeln sollte.
    Crows spitze Kommentare wurmten Han umso mehr, als dass er geradezu nach Wissen hungerte . Er hatte noch nie in seinem Leben so hart gearbeitet. Wir könnten noch viel weiter kommen, dachte Han, wenn wir einander vertrauen würden. Wenn wir nicht so viel Zeit damit verbringen würden, aneinander herumzunörgeln. Es ist, als wären wir beide Rivalen um einen Posten als Streetlord.
    »Alister!« Crows Stimme unterbrach seine Gedanken. »Du träumst.«
    »Tut mir leid. Ich sehe dich dann morgen Nacht wieder«, sagte Han. »Danke für den Unterricht.« Er hielt sein Amulett fest und sprach die Formel, welche die Sitzung beendete.
    Als er die Augen öffnete, stellte er fest, dass bereits Licht durch die Fenster der Bibliothek strömte.
    Augenblicklich schoss er hoch und schwitzte. Wie spät war es? Das Letzte, was er jetzt brauchen konnte, war schon wieder zu spät zu Gryphons Unterricht zu kommen.
    Wie zur Antwort auf seine Frage läuteten die Glocken im Mystwerk-Turm. Ding-dong-ding. Er zählte bis acht.
    Bei den Gebeinen. Das würde wieder Ärger geben.
    Er hatte keine Zeit mehr für den Weg über die Dächer. Er raste die schmale gewundene Treppe hinunter, immer weiter herum und herum, bis er das Erdgeschoss erreicht hatte. Glücklicherweise war noch kein Versierter bei der Arbeit. Er stürzte durch die Vordertür und prallte geradewegs gegen Fiona Bayar, die er dabei fast umrannte.
    Er packte ihren Arm, um sie am Fallen zu hindern. »Tut mir leid, ich hab dich … äh … nicht gesehen.«
    Mam hatte recht, dachte er. Du bist dämonenverflucht.
    Fiona war beinahe so groß wie Han, und daher starrte sie ihm direkt in die Augen. »Nur, weil du zu spät zum Unterricht kommst, Alister, heißt das noch lange nicht, dass du andere Leute einfach umrennen kannst«, sagte sie. Sie sah auf seine Hand an ihrem Arm, und er ließ schnell los.
    Han deutete mit dem Kopf in Richtung Mystwerk House. »Komm«, sagte er. »Wir sind ohnehin schon spät dran.«
    »Was hast du in der Bibliothek gemacht?«, fragte sie.
    »Was gelesen.«
    »Die Bibliothek hat doch noch nicht mal geöffnet.«
    »Deshalb ist es ja auch schön ruhig da.« Han hastete los, ohne sich umzudrehen und zu sehen, ob sie ihm folgte.
    »Dein Gesicht sieht wieder besser aus.« Fiona lief jetzt ein paar Schritte, um ihn einzuholen. Als er nichts darauf erwiderte, wurde sie nachdrücklicher. »Die Schlinge ist weg, also vermute ich, dass dein Arm geheilt ist?«
    »Das Schlüsselbein, genauer gesagt«, antwortete Han. Allerdings spürte er hin und wieder noch einen stechenden Schmerz.
    »Was ist eigentlich genau passiert?«, fragte sie, während sie Mystwerk House betraten.
    »Bin die Treppe runtergefallen.«
    Fiona schnaubte.
    »Nein, wirklich«, sagte er. »Frag deinen Bruder.« Sie stiegen die Treppe zum Klassenzimmer hoch.
    »Das hätte nie passieren dürfen. Mein Bruder durchdenkt nicht immer alles richtig.«
    Han legte die Hand aufs Geländer, um nicht zu stolpern. Hatte sie damit gerade gesagt, dass es ihr leidtat?
    »Unser Vater wird nicht glücklich sein, wenn er das hört«, sprach Fiona weiter, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Er will dich lebendig, damit du befragt werden kannst, bevor du wegen Mordes gehängt wirst.«
    »Nun, gerecht ist gerecht«, entgegnete Han ungerührt, während er die Tür zum Klassenzimmer öffnete. »Wenn ich wegen Mordes am Galgen lande, sollte Lord Bayar das auch.«
    Seine Stimme hallte regelrecht durch die Stille des Raums. Köpfe drehten sich zu ihnen herum. Micah Bayar richtete sich auf; er hatte die Hände auf die Knie gelegt und starrte sie beide an.
    Gryphon hatte gerade noch gesprochen, aber seine Stimme verklang zu einem angespannten Schweigen,

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