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Das Exil Der Königin: Roman

Das Exil Der Königin: Roman

Titel: Das Exil Der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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keine echten Freunde, die ihr das Leben schwer machen konnten.
    »Ich weiß nicht, warum du nicht Han fragst«, sagte Talia, als wären sie und Han alte Freunde. Neuerdings tauchten sie und Pearlie häufig dienstag- oder donnerstagabends in der Schildkröte auf. Manchmal kamen sogar Mick und Garret mit. Wenn Hans Unterrichtsstunde vorbei war, pflegte er ihnen eine Runde zu spendieren, was dann damit endete, dass Raisa lange aufblieb.
    »Er sieht gut aus und ist charmant, und die Art, wie er dich ansieht … puh, da bekomme ich glatt Gänsehaut.« Talia seufzte. »Er ist nicht mein Typ, aber wenn er es wäre …«
    »Er ist auch nicht mein Typ«, beeilte sich Raisa zu sagen, »ich meine, ich mag ihn und so weiter, aber … ich weiß, dass es auf Dauer nicht funktionieren würde.«
    Talia wölbte eine Augenbraue zu einem »Oh, wirklich?«. Dann sagte sie: »Ich weiß, dass du eine Blaublütige bist, aber es ist ja nicht so, dass du ihn unbedingt gleich heiraten musst.«
    Wo sie gerade davon sprachen – es wurde Zeit, den erstaunlichen Han Alister zum Unterricht zu treffen.
    »Ich muss gehen«, sagte Raisa.
    »Grüß ihn von mir«, sagte Talia und winkte Raisa zu.
    Han wartete in dem Zimmer oben in der Schildkröte auf sie. Er war jetzt immer sehr früh da, seit dieser ersten Stunde, als er zu spät gekommen war und sie ihm deshalb Vorhaltungen gemacht hatte. (Er war eindeutig lernfähig.) Er hatte sich angewöhnt, etwas zu essen zu bestellen (als Bezahlung, wie er sagte), also hatten sie angefangen, während oder nach ihren Sitzungen gemeinsam zu essen. Er behauptete, er müsste seine Tischmanieren bei einem echten Essen üben.
    »Was ist, wenn ich die richtige Gabel nehme, aber mir dann die Wurst in den Mund stopfe oder mein Bier herunterstürze wie ein betrunkener Säufer?«, fragte er. »All deine Arbeit wird dann umsonst gewesen sein.«
    Han arbeitete hart an sich. Er las, was sie ihm auftrug, und beteiligte sich ohne Klagen an Raisas Rollenspielen. Seine Ausdrucksweise hatte sich in den vergangenen zwei Monaten enorm verbessert, auch wenn er immer noch hin und wieder Begriffe der Diebessprache benutzte. Und seine Tischmanieren waren beinahe makellos, wenn er darauf achtete.
    Es gab jedoch auch Zeiten, da er unbedingt Schlaf zu benötigen schien und nach dem Essen gähnte – und zweimal war er sogar eingeschlafen.
    »Ist es wirklich sinnvoll, dass du jetzt deine Zeit mit diesen Sachen verbringst?«, hatte Raisa ihn eines Abends gefragt, als sie sah, wie erschöpft er war. »Wie ich schon sagte, du kannst auch alleine anständige Manieren lernen.«
    »Ich muss mich dafür entschuldigen«, antwortete er. »Es liegt nicht an dir. Wenn es irgendjemanden gibt, für den ich wach sein will, dann bist du es. Ich bin nur bis spät in der Nacht auf gewesen, das ist alles.«
    Es kam ihr so vor, als wäre er jede Nacht lange auf. Trifft er sich mit jemandem?, fragte sie sich.
    Es geht mich nichts an, ob er das tut.
    Es war klar, dass er es gewohnt war, bei Mädchen gut anzukommen, und er hatte sie auf ein Dutzend verschiedene Weisen wissen lassen, dass er an ihr interessiert war. Sie hatte seinen eindringlichen Blick gespürt, sich herumgedreht und festgestellt, dass er sie anstarrte, wie man ein kompliziertes, vielschichtiges Gemälde ansehen mochte. Das Ausmaß seiner Aufmerksamkeit war verführerisch.
    Manchmal zog er seinen Stuhl so dicht neben ihren, dass sie gemeinsam in seinem Buch lesen konnten. Er saß dann nur einen Zoll von ihr entfernt, und diesen winzigen Abstand hielt er immer ein, egal wie sie sich bewegte – als spürte er im Voraus, was sie tun würde.
    Als er sich einmal über den Faulk gebeugt hatte, ertappte sie sich dabei, wie sie auf sein Kinn mit den hellen Bartstoppeln starrte, auf die gezackte Narbe, die ganz knapp neben seinem rechten Auge verlief, und auf seine muskulösen Unterarme mit den deutlich hervortretenden Adern.
    Sie bemerkte alles – die Art und Weise, wie er gähnte und sich reckte, indem er den Rücken wie eine Katze durchbog und die Hand zu spät auf den Mund legte; die vielen Farben in seinem Haar – wie helle Butter und Sahne, rötliches Gold und Platin; wie er häufig eine Frage wiederholte, als wollte er für die Antwort Zeit herausschinden; die Art und Weise, in der er immer mit Blick auf die Uhr dasaß – vielleicht ein Überbleibsel aus Ragmarket –, und nach seinem Messer griff, wenn etwas ihn erschreckte; wie er seine Hand immer wieder in sein Hemd steckte, um

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