Das Exil Der Königin: Roman
während sie sich dicht an ihn presste.
Han packte ihre Schultern und schob sie von sich. »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Wieso ich? Wieso nicht der vor Liebeskummer vergehende … wieso nicht Wil?«
»Ich weiß es nicht.« Fiona räusperte sich. Ihre Augen waren immer noch auf eine Stelle unterhalb seiner Nase gerichtet. »Da ist etwas an dir. Etwas so … unwiderstehlich Gefährliches …« Sie versuchte, ihm wieder näher zu kommen, aber Han legte ihr erneut die Hände auf die Schultern und hielt sie auf Armeslänge von sich weg.
»Da ist etwas an mir?«, fragte er. »Etwas unwiderstehlich Gefährliches?« Er ließ Fionas Schultern los und schloss seine Hand um sein Amulett. Dann ließ er es vor ihren Augen an der Kette hin und her baumeln. »Meinst du vielleicht das hier?«
Sie starrte es an, eine ganze Weile. »Nun«, gestand sie widerwillig, »das ist ein Teil davon. Aber es ist nicht nur das allein.«
»Für wen hältst du mich?«, fragte Han und ließ das Schlangenstab-Amulett wieder unter seinem Hemd verschwinden. »Für irgendein dummes Landei, einen Exknacki auf einem Ausflug in die Stadt? Du wirst dich schon etwas mehr anstrengen müssen.«
»Ich habe Informationen über das Amulett«, platzte Fiona jetzt heraus. »Informationen, die du brauchst. Das Amulett ist der Schlüssel. Es ist wichtiger als du denkst – aber es ist auch gefährlich. Deshalb will mein Vater es unbedingt zurückhaben. Ich kann dir helfen, es vollständig zu nutzen.«
»Ich brauche deine Hilfe nicht.«
»Wirklich nicht?« Fiona sah ihn skeptisch an. »Willst du behaupten, dass dieses Amulett dir noch nie Sorgen gemacht hat? Dass du keine … ungewöhnlichen Erfahrungen gemacht hast?« Sie legte den Kopf schief.
»Mein Leben ist reich an ungewöhnlichen Erfahrungen«, erwiderte Han. »Aber ich komme ganz gut allein damit klar.«
»Das Amulett stellt längst nicht die einzige Gefahr dar. Wenn du jemals in die Fells zurückkehren solltest, wird mein Vater dich zermalmen wie eine Küchenschabe.«
»Und du glaubst, du könntest ihn daran hindern?«
»Du wärst überrascht, wenn du wüsstest, was ich alles kann«, flüsterte Fiona und sah ihm tief in die Augen.
»Und wo bleibe ich schließlich bei all dem?«, fragte Han. »Werde ich mit den Grauwolf-Königinnen begraben?«
»Natürlich nicht«, sagte Fiona, während sie sich ein bisschen zurückzog. Sie wirkte leicht eingeschnappt. »Natürlich wird es einen Platz für dich geben. Eine Position an meinem Hof. Du würdest reich entschädigt werden.«
»Als Laufbursche? Magischer Vollstrecker?« Han schüttelte den Kopf. »Ich habe meine eigenen Pläne. Ich will kein Diener oder Meuchelmörder für dich sein.« Er schob sich an ihr vorbei und ließ sie einfach zwischen den uralten Regalen stehen.
Han verließ die Bayar-Bibliothek auf dem üblichen Weg; er achtete darauf, dass er dem Versierten, der die Bücher im zweiten Stock wieder einräumte, aus dem Weg ging.
Auf dem Rückweg grübelte er die ganze Zeit über das nach, was passiert war. Fionas Angebot war nur ein Teil davon. Besaß sie wirklich nützliches Wissen über das Amulett? War es möglich, dass die Bayars tatsächlich einen Fluch darauf gelegt hatten? Hatte sie irgendetwas damit zu tun gehabt, dass er im achten Stock gelandet war? Oder verlor er allmählich den Verstand?
KAPITEL SECHSUNDZWANZIG
Gefährlicher Tanz
D as Sommersemester war schon ziemlich weit fortgeschritten, und Hallie war immer noch nicht von den Fells zurückgekehrt. Raisa sagte sich, dass es ein langer Weg von Fellsmarch war. In diesen unruhigen Zeiten war er sogar noch länger.
Vielleicht hatte Hallie sich auch entschieden, gar nicht mehr zur Schule zurückzukehren. Vielleicht hatte sie es nicht über sich gebracht, ihre Tochter erneut zu verlassen.
»Wieso gibt es hier keinen Platz für Kinder?«, wollte Raisa eines Tages von Amon wissen, als sie draußen mit den Stöcken übten.
»Was?« Er parierte einen schnellen Stoß, den sie gegen seine Mitte geführt hatte, und schwang seinen Stock gegen ihren Kopf. Sie duckte sich weg, und er pfiff an ihrem Ohr vorbei. Während Amon aus dem Gleichgewicht war, durchbrach sie seine Verteidigung und versetzte ihm einen satten Schlag auf das Gesäß.
Raisa war froh darüber, dass sie zumindest diese Zeit noch miteinander verbringen konnten. Es war ein guter Weg, die Spannung zwischen ihnen abzubauen. Sie musste nur aufpassen, dass sie nicht zu hart zuschlug.
»Sprichst du vom
Weitere Kostenlose Bücher