Das Exil Der Königin: Roman
sprachlos an.
»Ich bin hergekommen, um dir eine Wahl anzubieten.« Micah drehte an dem Ring, der an seinem eigenen Finger steckte. »Ich kann dich nach unten bringen und den Attentätern ausliefern, die draußen warten. Oder du kehrst mit mir in die Fells zurück und heiratest mich.«
Raisa ließ sich in einen Sessel plumpsen. »Was?«
Micah lächelte dünn. »Ich glaube, du hast vollkommen recht. Die Kupferköpfe werden nicht daran zweifeln, wer für deinen Tod verantwortlich ist. Es wird einen Sturm der Entrüstung geben, wenn Mellony zur Erbin erklärt wird und ich sie heirate. Eine Rebellion wird schließlich folgen. Sie würde einen Schatten auf unsere Herrschaft werfen und auf unsere Kinder.«
Unsere Herrschaft , dachte Raisa. Unsere Kinder ? Micah und Mellony? Die Vorstellung bereitete ihr eine Gänsehaut.
»Du stehst den Kupferköpfen nah«, sprach Micah weiter. »Du hast eine Weile bei ihnen gelebt, und ihr Blut fließt in deinen Adern. Mein Vater sieht das als Nachteil, ich sehe es als Vorteil. Du bist die rechtmäßige Erbin, und du bist überzeugungsfähig. Wenn du dich zugunsten unserer Heirat aussprechen würdest, könnte es sein, dass sie sich nach einer Weile überzeugen lassen und sich einverstanden erklären.«
Nein, dachte Raisa. Sie werden nie einen Magier als Konsorten akzeptieren, ganz zu schweigen von einem als König. Nie, nie, nie. Aber in Anbetracht der Umstände sah sie keinen Grund, warum sie das laut aussprechen sollte.
Micah hielt seinen Blick auf Raisa gerichtet, als würde er versuchen, durch ihre Haut hindurchzusehen. »Die ganze Heiratssache ist ziemlich schlecht gehandhabt worden. Ich hatte meinen Vater gebeten, mir etwas Zeit zu geben, damit ich dich überzeugen kann und du mich freiwillig heiraten würdest. Aber er hatte es eilig. Er hat deine Zustimmung nicht als wichtig betrachtet. Er kennt dich eben nicht so gut wie ich.«
Zweifellos meinte Micah damit ihre heimliche Romanze in den Bedienstetenfluren in den Monaten vor ihrem Namenstag. Zweifellos hatte er sich auf seinen beachtlichen Charme verlassen und deshalb an seinen Sieg geglaubt.
Wir könnten gut zusammenpassen, hatte er gesagt.
Du kennst mich nicht so gut, wie du glaubst, dachte Raisa. Das Königinnenreich kommt immer zuerst, noch vor den Angelegenheiten des Herzens.
Raisa leckte sich die Lippen und wählte ihre Worte mit Bedacht, während ihr Verstand raste. »Nun, ich muss zugeben, dass ich mich verraten gefühlt habe. Die Königin hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nie von einer Hochzeit zwischen uns gesprochen. Ich hatte auch nicht vorgehabt, mich so früh zu vermählen. Ich konnte nicht verstehen, wieso man von mir erwartete, ausgerechnet an meinem Namenstag zu heiraten.«
Wieso tust du das, Micah?, dachte Raisa. Wieso lässt du die Sache sich nicht einfach wie geplant entwickeln? Dich mit deinem Vater anzulegen ist genauso gefährlich, wie dich mit den Clans anzulegen. Wieso willst du dieses Risiko auf dich nehmen?
Dann traf sie die Erkenntnis mit voller Wucht. Micah will mich heiraten. Nicht Mellony.
Das war erstaunlich. Mellony war die Schönheit der Familie – blond, groß und gertenschlank kam sie ganz nach ihrer Mutter. Ihre jüngere Schwester war jetzt noch ein Kind, aber das würde sich bald ändern. In der Zwischenzeit würde Micah zweifellos weiterhin heimlich in den Bedienstetenfluren auf Jagd gehen.
Wenn Micah Mellony heiratete, konnte er Raisa nicht am Leben lassen. Selbst wenn er zu einem Mord nicht imstande wäre, konnte er unmöglich einen lebenden, atmenden Bewerber für den Grauwolf-Thron hinnehmen – jemanden, um den sich eine Opposition bilden konnte.
Eines wusste Raisa ganz sicher – sie war nicht Königin Regina, die bereit gewesen war, sich von einer Klippe zu stürzen, um einer Heirat mit einem Magier zu entgehen. Sie würde zu den Fells zurückkehren und einen Schlachter oder einen Lumpensammler oder wen auch immer heiraten, wenn das nötig war, um am Leben zu bleiben und sich an den Grauwolf-Thron zu klammern.
Wenn sie am Leben bleiben konnte, würde sie eine Möglichkeit finden zu siegen.
»Hochzeit oder Todesfall«, sagte Raisa und verdrehte die Augen. »Ihr Bayars wisst, wie man ein Mädchen bezaubert.«
Micah zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht der Heiratsantrag, wie ich ihn mir gewünscht hätte, aber es ist nicht an mir, das zu entscheiden.«
»Glaubst du, dein Vater wird das akzeptieren?«, fragte Raisa. »Oder wird er einfach nur auf eine neue
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