Das Exil Der Königin: Roman
gewesen bist! Was für eine Verschwendung, so viele Treffen ohne deine verfluchte Zofe einfach so ungenutzt verstreichen zu lassen.«
»Ich habe dich nicht vermisst«, versetzte sie. »Geh, und ich lasse es dich wissen, wenn es so weit ist. Wenn ich mir nicht vorher die Kehle durchschneide.«
»Wir müssen reden«, sagte Micah. »Ich könnte hier stehen bleiben und dich festhalten, was ich zutiefst genieße, aber es ist schwer, mich mit deinem Hinterkopf zu unterhalten. Ich ziehe es vor, dein Gesicht anzusehen. Wenn ich dich loslasse, können wir dann eine zivilisierte Unterhaltung führen, ohne dass ich das Schicksal dessen riskiere, der da bereits auf dem Boden liegt?«
Nun. Wenn sie sich unterhalten würden, wollte Raisa sein Gesicht ebenfalls sehen können, um herauszufinden, was hinter seinen Worten lag.
»In Ordnung«, stimmte sie zu. »Ich verspreche dir, dass ich dich anhören werde.«
Micah lockerte seinen Griff etwas und machte einen Schritt zurück. Als sie sich umdrehte und ihn ansah, musterte er sie von oben bis unten – ihre struppigen Haare, ihre Uniform und das Wien-House-Emblem darauf. »Du hast dich verändert, Hoheit«, stellte er fest. »Bist du wirklich im Wien House?«
»Ich bin in einem speziellen Programm für in der Verbannung lebende Mitglieder des Königinnenhauses«, schnappte Raisa. »Für Prinzessinnen, die sich weigern, sich durch das Schwert zu einer Heirat zwingen zu lassen. Wir lernen, uns gegen unerwünschte Bewerber zu wehren.«
»Es waren keine Schwerter da, wenn ich mich recht entsinne«, antwortete Micah. Er schwieg einen Herzschlag lang. »Mein Vater war höchst unzufrieden mit mir, als ich dich in der Nacht, die unsere Hochzeitsnacht hätte werden sollen, habe entkommen lassen. Ich wünschte, du hättest dabei sein können, um es mitzuerleben.«
»Was denn, die Unzufriedenheit deines Vaters oder unsere Hochzeitsnacht?«, fragte Raisa.
Micah lachte wieder. »Beides. Die Welt war weit weniger interessant ohne dich.«
Micah wirkte anders als bei ihrem letzten Treffen. Seine Haare waren kürzer und wie die eines Studenten geschnitten. Sein Gesicht wirkte schmaler, als hätte er abgenommen, auch wenn man das aufgrund des Umhangs nicht genau sagen konnte. Aber er war noch immer so atemberaubend wie eh und je; seine Augen waren von schwarzen Brauen umrahmt, und Schatten zeichneten seine fein geschnittenen Züge nach.
Er schien auch Schürfwunden und Prellungen zu haben, als wäre er kürzlich in einen Kampf verwickelt gewesen.
Micah betrachtete den am Boden liegenden Mann. »Bravo, Hoheit. Er war wirklich sehr gut.« Er zog die Lederhandschuhe aus und schlug sie nachdenklich gegen seine Handfläche. Er versuchte, Selbstvertrauen auszustrahlen, aber seine Hände zitterten etwas.
»Nun, ganz so gut kann er nicht gewesen sein«, entgegnete Raisa und versuchte, locker zu klingen und ihr eigenes Zittern in den Griff zu kriegen.
»Ganz im Gegenteil. Er hat dich nur einfach unterschätzt. Das haben wir alle. Seit Monaten suchen wir nach dir. Ich hätte wissen müssen, dass du mit Korporal Byrne hierhergehen würdest. Und dass dein kupferköpfiger Vater an der Verschwörung beteiligt ist.«
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte Raisa. Mist, Mist, Mist. Die Bayars würden die Gelegenheit nur zu sehr begrüßen, Lord Averill und die beiden Byrnes loszuwerden und die Königin dazu zu bringen, nicht mehr auf sie zu hören.
»Es kam uns seltsam vor, dass ein Kadett aus Odenford Lord Demonai aufsucht und dieser danach zur Königin geht«, erzählte Micah. »Wir haben es für wichtig genug gehalten, dem Mädchen jemanden hinterherzuschicken, als sie die Fells wieder verlassen hat. Und sie ist geradewegs hierher gekommen, nach Grindell House. Danach hat es nicht mehr lange gedauert, dich zu finden.«
»Und so habt ihr einen Attentäter auf mich gehetzt«, ergänzte Raisa.
»Vier, genauer gesagt«, berichtigte Micah. »Die anderen drei haben unten gewartet, während Rivers raufgegangen ist, um dich zu suchen. Es hat sie verwirrt, dass du nicht rausgekommen bist, als die Bibliothek geschlossen wurde.«
»Warum sollen sie mich töten?«, fragte Raisa, die fand, dass sie das genauso gut noch erfahren konnte, ehe sie starb. »Weil ich dich am Altar habe stehen lassen?«
»Nun«, sagte Micah, »seit dem Vorfall mit Königin Hanalea sind wir Bayars in der Tat sehr empfindlich, wenn es darum geht, sitzen gelassen zu werden. Aber mein Vater macht sich auch um dein rebellisches
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