Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
versunken; er war für seine außerordentliche Konzentrationsfähigkeit bekannt.
    Ein paar Minuten später zupfte Eleanor ihn noch einmal am Arm. »Ich will dich ja nicht stören«, entschuldigte sie sich, »aber was ist mit deiner Neun-Uhr-Vorlesung?«
    »Verdammt!« fluchte Edward. »Die hab’ ich völlig vergessen. Sieh doch mal nach, ob du Ralph Carter irgendwo finden kannst, und schick ihn her.« Ralph Carter war einer seiner leitenden Assistenten.
    Wenig später erschien Ralph im Labor. Sein spärliches Bärtchen paßte nicht so recht in sein breites rotes Gesicht.
    »Ich möchte, daß Sie die Vorlesungen im Grundkurs Biochemie für mich übernehmen«, sagte Edward.
    »Für wie lange?« wollte Ralph wissen. Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen.
    »Das werde ich Sie noch wissen lassen«, entgegnete Edward barsch.
    Nachdem Ralph gegangen war, wandte Edward sich an Eleanor. »Ich hasse es, wenn jemand nicht widerspricht, obwohl er offensichtlich nicht einverstanden ist. Dabei ist es das erste Mal, daß ich jemanden bitte, einen Chemie-Grundkurs für mich zu übernehmen.«
    »Du weißt doch, daß außer dir niemand Lust hat, Erstsemester zu unterrichten«, sagte Eleanor.
    Wie versprochen trafen die Sklerotien in einem kleinen Glasgefäß kurz nach neun ein. Edward schraubte den Deckel ab und verteilte die dunklen, reisartigen Körner auf einem Stück Filterpapier; er behandelte sie so behutsam, als wären es Goldklümpchen.
    »Das sind ja ziemlich häßliche kleine Dinger«, sagte Eleanor. »Sieht fast wie Mäuseköttel aus.«
    »Für mich sehen sie eher aus wie die Körner im Roggenbrot«, widersprach Edward. »Dieser Vergleich paßt übrigens auch in historischer Hinsicht besser.«
    Noch vor Mittag hatten sie es geschafft, von jedem der Alkaloide eine winzige Menge zu isolieren. Die Proben befanden sich in kleinen, kegelförmigen Teströhrchen, die mit den Buchstaben A, B und C beschriftet waren. Äußerlich sahen alle drei gleich aus. In jedem Röhrchen befand sich ein weißes Pulver.
    »Was tun wir als nächstes?« fragte Eleanor, während sie eines der Teströhrchen gegen das Licht hielt.
    »Wir müssen herausfinden, welche von den Alkaloiden auf die Psyche wirken«, erklärte Edward. »Sobald wir das wissen, können wir uns darauf konzentrieren.«
    »Und wie wollen wir das herausfinden?« wollte Eleanor wissen. »Ich denke, wir könnten Ganglienpräparate von Aplasia fasciata verwenden. Damit könnten wir sicher feststellen, welche Alkaloide neuroaktiv sind.«
    Edward schüttelte den Kopf. »Das reicht mir nicht«, entgegnete er. »Ich will wissen, welche Alkaloide eine halluzinogene Wirkung haben, und zwar so schnell wie möglich. Dafür brauche ich ein menschliches Gehirn.«
    »Wir können doch nicht Testpersonen dafür bezahlen, daß sie das Zeug schlucken!« rief Eleanor bestürzt. »Das würde eindeutig gegen das Berufsethos verstoßen.«
    »Das stimmt«, erwiderte Edward. »Aber ich habe auch nicht vor, bezahlte Testpersonen einzusetzen. Ich denke, wir beide könnten das genausogut machen.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das mitmachen soll«, sagte Eleanor zögerlich. Langsam verstand sie, worauf Edward hinauswollte.
    »Entschuldigen Sie bitte!« rief jemand. Edward und Eleanor drehten sich gleichzeitig um. Vor ihnen stand Cindy, die Fachbereichssekretärin. »Es tut mir wirklich leid, Sie stören zu müssen, Dr. Armstrong. Aber bei mir im Zimmer wartet ein Dr. Stanton Lewis, und er will unbedingt mit Ihnen sprechen.«
    »Sagen Sie ihm, daß ich zu tun habe«, sagte Edward. Doch bevor Cindy das Labor verließ, rief er sie zurück. »Ich hab’s mir anders überlegt. Schicken Sie ihn rein!«
    »Ich sehe den Schalk in deinen Augen«, stellte Eleanor fest, während sie auf Stanton warteten.
    »Ich führe nichts im Schilde«, sagte Edward und grinste. »Aber falls Mr. Lewis als einer der Hauptinvestoren in dieses Projekt einsteigen möchte, werde ich ihm nicht im Wege stehen. Ganz im Ernst – ich werde mit ihm darüber reden, was wir hier gerade machen.«
    Stanton stolzierte gutgelaunt wie immer ins Labor und ließ seine übertriebenen Begrüßungssalven los. Daß er Eleanor und Edward gemeinsam traf, schien ihn besonders zu freuen.
    »Ihr seid doch meine liebsten Freunde«, stellte er fest, »aber jeder von euch spricht einen anderen Teil meines Gehirns an.« Er lachte über seine eigene Bemerkung, die er offenbar für eine schlüpfrige Anspielung hielt. Doch Eleanor war schneller im Denken als er; sie

Weitere Kostenlose Bücher