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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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hinhielt.
    »Du hättest mich ruhig vorwarnen können«, beschwerte sie sich.
    »Da hast du vielleicht nicht ganz unrecht«, sagte er und lachte.
    Auch er sah sich den Schädel jetzt zum ersten Mal etwas genauer an. Er sah grausig aus. Die Haut war dunkelbraun, beinahe mahagonifarben. Sie war im Laufe der Jahre so trocken geworden, daß sie wie Leder aussah; über den vorstehenden Knochen hatte sie sich ganz zurückgezogen. Das Gebiß war vollständig freigelegt, wie zu einem schauderhaften Grinsen. Die Haare waren vertrocknet und verfilzt wie Stahlwolle.
    »Was ist das?« wollte Eleanor wissen. »Eine ägyptische Mumie?«
    Edward erzählte ihr die Geschichte von Elizabeth. Er erklärte ihr, daß er den Kopf ins Labor mitgebracht hatte, weil er feststellen wollte, ob sich in dem Totenschädel noch etwas befinde, das man für eine Untersuchung verwenden könne.
    »Laß mich raten«, sagte Eleanor. »Du willst es im Massenspektrographen analysieren.«
    »Du hast es erfaßt«, erwiderte Edward. »Es wäre doch auch in wissenschaftlicher Hinsicht ziemlich spektakulär, wenn wir die gleichen Peaks wie bei den neuen Alkaloiden nachweisen könnten. Dann hätten wir den definitiven Beweis dafür, daß diese Frau vor dreihundert Jahren mit ihrer Nahrung unseren neuen Schimmelpilz aufgenommen hat.«
    Während Eleanor zur Abteilung für Zellbiologie hinüberlief, um sich dort anatomische Sektionsinstrumente auszuleihen, kümmerte Edward sich um die zahlreichen Studenten und Assistenten, die bereits darauf warteten, mit ihm zu sprechen. Er beantwortete alle Fragen und hatte gerade den letzten Studenten abgefertigt, als Eleanor zurückkam.
    »Ein Anatomiedozent hat mir geraten, am besten die ganze Schädeldecke abzunehmen«, sagte Eleanor und hielt eine elektrische Vibratorsäge hoch.
    Edward machte sich ans Werk. Zuerst schob er die Kopfhaut zurück und legte den Schädel frei. Dann nahm er die Säge und entfernte die Schädeldecke. Zusammen mit Eleanor blickte er neugierig in das Innere des Kopfes. Viel gab es nicht zu sehen. Das Gehirn hatte sich zu einer starren Masse zusammengezogen und befand sich im hinteren Teil des Schädels.
    »Was hältst du davon?« fragte Edward seine Assistentin, während er mit der Spitze des Skalpells in dem Hirnrest herumstocherte. Die Masse war steinhart.
    »Schneid einfach ein Stück raus«, schlug Eleanor vor. »Ich werde es dann in irgendeiner Flüssigkeit auflösen.«
    Edward folgte ihrem Vorschlag.
    Als sie die Probe entnommen hatten, testeten sie mehrere Lösungsmittel. Ohne zu wissen, womit sie es eigentlich zu tun hatten, begannen sie die Substanzen in den Massenspektrometer einzuspritzen. Bei der zweiten Probe hatten sie Glück. Mehrere Peaks stimmten exakt mit denen der neuen Alkaloide aus dem Rohextrakt überein, den Eleanor am Abend zuvor in dem Spektrographen analysiert hatte.
    »Ist es nicht großartig, der Wissenschaft zu dienen?« fragte Edward. Er war voll und ganz in seinem Element.
    »Ja, so eine Entdeckung kann einem schon einen ganz schönen Kick geben«, erwiderte Eleanor.
    Edward ging zu seinem Arbeitsplatz und rief bei Kim an, doch nur der Anrufbeantworter schaltete sich ein. Nach dem Piepston hinterließ er die Nachricht, daß es für den Teufel, der damals in Salem gewütet und Elizabeth befallen hatte, nun eine wissenschaftliche Erklärung gebe.
    Er legte auf und ging wieder zu Eleanor. Er war in einer seltsamen Stimmung.
    »Okay, genug mit diesen Spielereien«, sagte er. »Jetzt wollen wir uns mal wieder der wahren Wissenschaft zuwenden. Am besten versuchen wir zuerst einmal, diese neuen Alkaloide zu isolieren, damit wir endlich wissen, womit wir es eigentlich zu tun haben.«
     
    »Das ist doch nicht zu fassen!« fluchte Kim und donnerte die Schublade eines Aktenschrankes zu. Ihr war heiß, und sie war schmutzig und frustriert. Nachdem sie Edward zum Bahnhof gebracht hatte, war sie auf den Dachboden der Burg zurückgekehrt und hatte vier Stunden lang vom Angestelltenflügel bis zum Gästeflügel den gesamten U-förmigen Bereich umgepflügt. Doch sie hatte weder ein interessantes Dokument noch irgendein Schreiben aus dem siebzehnten Jahrhundert gefunden.
    »Da habe ich mir ja ganz schön was vorgenommen«, sagte sie zu sich selbst, während sie ihren Blick über die vielen Aktenschränke, Überseekoffer, Kisten und Regale schweifen ließ. Die Papierberge schienen endlos – und hinter dem Rechtsknick ging es noch weiter. Vor diesem riesigen Berg von Dokumenten kam sie

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