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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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sich hilflos und überfordert vor. Auf dem Dachboden stapelten sich noch mehr Unterlagen als im Weinkeller. Und wie im Keller waren die Papiere auch hier oben weder nach Themen noch chronologisch geordnet. Blätter, die übereinander lagen, konnten durchaus verschiedenen Jahrhunderten entstammen, und was die Inhalte anging, so war es ein buntes Durcheinander von Handelspapieren, Geschäftsbelegen, Quittungen, offiziellen Behördenschreiben und persönlicher Korrespondenz. Wenn sie sich wirklich eine Übersicht verschaffen wollte, mußte sie wohl oder übel jedes einzelne Dokument in die Hand nehmen.
    In Anbetracht dieser bitteren Realität wußte Kim jetzt, wieviel Glück sie am vergangenen Montag gehabt hatte, als sie den dreihundert Jahre alten Brief von James Flanagan an Ronald Stewart gefunden hatte. Als sie diesen Brief in den Händen gehalten hatte, hatte sie noch geglaubt, es würde eine schöne, wenn auch nicht ganz einfache Aufgabe sein, Elizabeths Vergangenheit zu erforschen.
    Schließlich war sie so hungrig, erschöpft und entmutigt, daß sie die Suche aufgab; sie würde ein andermal herausfinden müssen, was es mit diesem sogenannten offenkundigen Beweisstück auf sich hatte. Als sie die Treppen hinunterstieg und ihr die schweißtreibende Hitze des Spätnachmittags entgegenschlug, konnte sie nur noch an eine Dusche denken. Sie stieg in ihr Auto und machte sich auf den Weg nach Boston.

 
Kapitel 6
     
Montag, 25. Juli 1994
     
    Edward blinzelte. Es war fünf Uhr morgens, und er hatte gerade vier Stunden geschlafen. Wenn ihn ein neues Projekt faszinierte, konnte er seinen Schlaf auf ein Minimum reduzieren. Und seine augenblickliche Arbeit fesselte ihn mehr als irgend etwas, das er je in Angriff genommen hatte. Seine wissenschaftliche Intuition sagte ihm, daß er diesmal auf eine wirklich große Sache gestoßen war – und bisher hatte ihn seine Intuition noch nie getäuscht.
    Als er aus dem Bett sprang, fing Buffer wie wild an zu bellen. Der arme Hund dachte offenbar, sein Herrchen sei in Lebensgefahr. Edward verpaßte ihm einen leichten Klaps zur Beruhigung.
    Nachdem er in aller Eile sein Morgenritual hinter sich gebracht hatte, zu dem unter anderem ein kurzer Spaziergang mit Buffer gehörte, fuhr er zum Labor. Es war kurz vor sieben, als er dort ankam, doch Eleanor war schon da.
    »Ich habe Schlafprobleme«, gestand sie. Ihr normalerweise sorgfältig frisiertes langes, blondes Haar sah etwas strubbelig aus.
    »Mir geht’s genauso«, sagte Edward.
    Sie hatten am Samstag bis ein Uhr nachts gearbeitet und auch den ganzen Sonntag im Labor verbracht. Da Edward kurz vor dem Durchbruch zu stehen glaubte, hatte er sogar seine für Sonntag abend geplante Verabredung mit Kim abgesagt. Als er ihr erklärt hatte, wie nahe er seinem Ziel war, hatte sie Verständnis gezeigt.
    Am Sonntag kurz nach Mitternacht hatten Edward und Eleanor endlich die Methode gefunden, mit deren Hilfe sie die Alkaloide trennen konnten. Sie hatten vor allem deshalb große Schwierigkeiten gehabt, weil zwei von den Alkaloiden etliche physikalische Eigenschaften miteinander teilten. Nun brauchten sie unbedingt noch mehr von ihrem Ausgangsmaterial. KevinsAnruf erschien ihnen deshalb wie ein Geschenk des Himmels; er teilte ihnen mit, daß er am Montag morgen einige weitere Sklerotien schicken werde.
    »Ich möchte, daß alles vorbereitet ist, wenn das Material eintrifft«, sagte Edward. »Um neun Uhr können wir mit der Lieferung rechnen.«
    »Aye, aye«, erwiderte Eleanor und knallte die Hacken zusammen, als würde sie salutieren. Edward versuchte, ihr einen Klaps zu geben, doch Eleanor war flink und entwischte ihm.
    Nachdem sie eine gute Stunde konzentriert gearbeitet hatten, zupfte Eleanor Edward am Arm. »Ignorierst du deine Fangemeinde heute eigentlich mit Absicht?« fragte sie mit ruhiger Stimme, während sie einen Blick über ihre Schulter warf.
    Edward richtete sich auf und sah eine Schar von Studenten. Bis jetzt hatte er sie gar nicht wahrgenommen, doch die Gruppe derer, die ihre Fragen bei ihm loswerden und seinen Rat haben wollten, war inzwischen ziemlich groß geworden.
    »Ich bitte kurz um Ihre Aufmerksamkeit!« rief er in den Raum. »Sie müssen heute ohne mich zurechtkommen. Ich bin momentan mit einem Projekt beschäftigt, das nicht warten kann.«
    Ein kurzes Grummeln ging durch die Menge, doch dann löste sie sich allmählich auf. Edward bekam von der Reaktion seiner Studenten nichts mit. Er war schon wieder ganz in seine Arbeit

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