Das Experiment Angel - Maximum Ride ; 1
damit zu tun hatte, dass ich nass war.
»Hier.« Ella reichte mir ein Glas Orangensaft. Ich verschluckte mich, als ich ihn so schnell wie möglich trinken wollte. O mein Gott, schmeckte der gut!
»Was ist denn …?«, sagte Ellas Mom und strich mit den Fingerspitzen über den Rand meines Flügels, der in der Rinne zwischen der Schulter und der Taille neben meiner Wirbelsäule zusammengerollt verstaut war. Sie beugte sich vor, um deutlicher zu sehen.
Ich starrte auf meine nassen Socken und krümmte die Zehen.
Sie drehte mich ein wenig herum. Ich wehrte mich nicht.
»Max.« Ihre dunkelbraunen Augen waren tief besorgt, müde und verblüfft. Alles gleichzeitig. »Max, was ist das?«, fragte sie freundlich und berührte meine Federn, die kaum sichtbar waren.
Ich schluckte. Mir war bewusst, dass ich soeben jede Chance auf eine normale Beziehung mit Ella und ihrer Mom vertan hatte. Ich stellte mir den Plan des Hauses vor. Rechts ein Korridor, links, dann geradeaus durch die Vordertür. Ich würde nur wenige Sekunden brauchen. Das konnte ich schaffen. Wahrscheinlich konnte ich beim Hinausrennen noch meine Stiefel mitnehmen.
»Es ist … ein Flügel«, flüsterte ich. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Ella die Stirn runzelte. »Mein … äh, Flügel.« Schweigen. »Der ist auch verletzt.«
Ich holte tief Luft, dann entfaltete ich langsam und unter Schmerzen meinen Flügel ein wenig, damit Ellas Mom sehen konnte, wo ich verletzt war.
Die Augen der beiden wurden größer und größer und größer. Ich glaubte schon, sie würden ihnen herausfallen und auf dem Fußboden landen.
»Waaaa…?«, fragte Ella verblüfft.
Ihre Mom beugte sich vor und betrachtete alles genau. Ich war erstaunt, wie normal sie sich benahm, als wäre es keine große Sache, einen Flügel zu haben. Null Problem.
Ich hyperventilierte. Mir war schwindlig, und ich hatte ein eingeschränktes Gesichtsfeld. Wie ein Tunnel.
»Ja, dein Flügel hat auch was abgekriegt«, meinte Ellas Mom und streckte ihn ganz behutsam. »Ich glaube, der Schuss hat den Knochen am Rand erwischt.« Sie richtete sich auf und schaute mich an.
Ich starrte auf den Boden und spürte das Gewicht ihres Blicks. Ich konnte nicht glauben, dass ich mich in dieser Situation befand. Fang würde mich umbringen. Und nachdem ich tot war, würde er mich noch mal umbringen.
Und das verdiente ich auch.
Ellas Mom holte tief Luft und atmete wieder aus. »Okay, Max«, sagte sie ruhig. »Als Erstes müssen wir die Wunden reinigen und die Blutung stillen. Wann hast du deine letzte Tetanusimpfung bekommen?«
Ich schaute ihr in die Augen. Ellas Mom schien einen guten Menschenverstand zu haben und war offenbar … unglaublich mitfühlend. Ich war in den letzten Tagen eine richtige Heulsuse geworden, daher war ich nicht erstaunt, dass mir plötzlich Tränen in den Augen standen.
»Na ja, noch nie.«
»Okay. Darum kümmere ich mich dann.«
32 »Los, komm schon«, drängte der Gasman. Er klammerte sich so fest an den Fichtenzweig, dass er kaum noch seine Finger spürte.
»Was ist denn los?«, fragte Iggy ungeduldig. »Erkläre mir alles ganz genau.«
Es war früh am Morgen, und die beiden hockten im Wipfel einer alten, hohen Fichte, von der aus man eine der alten verlassenen Forststraßen überblicken konnte. Sie hatten die Situation richtig beurteilt. Jetzt sah der Gasman, dass mindestens zwei Eraser, vielleicht auch mehr, unweit vom Landeplatz des Hubschraubers ein provisorisches Lager aufgeschlagen hatten. Offenbar suchten sie nach dem Rest des Schwarms. Es spielte keine Rolle, ob sie sie umbringen oder nur entführen wollten. Gefangenschaft war undenkbar.
Der Gasman hatte immer noch Albträume, in denen er wieder in der Schule war. Er träumte, dass die Weißkittel ihm Blut abnahmen und ihm alle möglichen Drogen spritzten, um zu sehen, wie er darauf reagierte. Er hüpfte und rannte und schluckte radioaktive Mittel mit einer Farblösung, mittels derer man sein Blutkreislaufsystem studieren konnte. Tage und endlose Wochen und Jahre, in denen er krank gewesen war, Schmerzen erduldet und erbrochen hatte. Völlig erschöpft hatte man ihn in einen Käfig gesteckt. Lieber würde der Gasman sterben als dorthin zurückzugehen. Auch Angel wäre lieber gestorben, das wusste er ganz genau – aber sie hatte keine Wahl gehabt.
»Der Geländewagen kommt!«, sagte der Gasman leise, aber aufgeregt.
»Auf der richtigen Straße?«
»Allerdings. Und sie fahren viel zu schnell.« Der Gasman lächelte
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