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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dinah McCall
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aber eine Delle in der Mitte der Bettdecke deutete darauf hin, dass dort ein Koffer gelegen hatte. Die Schranktür stand offen, in einer Ecke lag ein Paar Schuhe, als hätte man es eilig gegen etwas anderes eingetauscht. Im Badezimmer fehlten die Kosmetika.
    Bis auf eine benutzte Schüssel und ein Glas in der Spüle konnte er in der Küche nichts entdecken. Geistesabwesend drehte er den Wasserhahn auf, spülte das Glas aus und ließ die Schüssel voll laufen, damit sich die getrockneten Cornflakes lösten. Dann stellte er sich in die Mitte der Küche und ging im Geiste den Weg nach, den sie durch die Wohnung zurückgelegt hatte.
    Sully kehrte zurück ins Wohnzimmer und begann mit einer gründlicheren Durchsuchung.
    Dabei hörte er, dass in der Wohnung unter ihm das Telefon klingelte. Das leise Geräusch erinnerte ihn an Georgias Warnung, und er begann, nach Virginias Telefon zu suchen.
    Zunächst sah er es nicht, dann aber fand er es auf dem Boden neben dem Sofa. Er nahm es und stellte es auf den Tisch. Als er den Hörer abnahm, war die Leitung tot. Er verfolgte die Schnur bis zur Steckdose und sah, dass sie den Stecker herausgezogen hatte. Ein flüchtiges Lächeln huschte über seine Lippen, und er verspürte eine große Erleichterung.
    Sie wusste, was los war!
    Dadurch war es nicht mehr ganz so dringend, sie zu finden. Er wusste noch nicht, wie er es anstellen würde, aber irgendwann in den nächsten Tagen würde er Virginia aufspüren. Heute Nacht war das nicht mehr erforderlich. Und da alles dafür sprach, dass sie so schnell nicht nach Hause zurückkehren würde, sah er keinen Grund, sich das bequeme Bett entgehen zu lassen. Eigentlich wollte er Tommy anrufen, doch dafür erschien es ihm jetzt zu spät. Er würde es am Morgen machen, bevor er aufbrach.
    Als er Richtung Schlafzimmer ging, fiel ihm ein Foto an der Wand auf. Er trat näher, um es besser betrachten zu können. Es zeigte drei Menschen, ein älteres Paar und eine junge dunkelhaarige Frau, die in der Mitte stand.
    Ich, Mom und Dad: Yellowstone, 1997
    Die Frau in der Mitte musste Virginia sein. Er sah sie sich genauer an. Das Bild war gut vier Jahre alt, aber seitdem konnte sie sich nicht allzu sehr verändert haben. Das Bild war grobkörnig, offensichtlich die Vergrößerung eines Schnappschusses, aber die Freude und die Lebendigkeit, die ihr Gesicht ausstrahlte, waren nicht zu übersehen. Er überlegte, wie sie sich im Augenblick fühlen musste. Verängstigt, verwirrt, hilflos vielleicht?
    Er streckte eine Hand aus und berührte ihre lächelnden Lippen. Missbilligend nahm er zur Kenntnis, dass das Glas zwischen ihm und ihrem Bild ein Hindernis bildete. Dabei wirkte sie so real.
    Während er so dastand, schaltete sich auf einmal die Klimaanlage ein, und ihm wurde bewusst, dass seine Kleidung vom Regen durchnässt war. Nach einem letzten nachdenklichen Blick auf ihr Bild ging er weiter ins Schlafzimmer. Es wurde Zeit, die nassen Sachen auszuziehen und sich schlafen zu legen.
    Es war Viertel nach zwei in der Nacht, und Sully konnte noch immer nicht schlafen. Der schwache Geruch ihres Shampoos steckte im Kissen, und in der Luft schwebte ein Hauch ihres Parfums. Frustriert drehte er sich auf den Bauch und schob das Kissen aus dem Bett. Noch nie in seinem Leben war er in so etwas Kindisches wie das Foto eines hübschen Mädchens vernarrt gewesen, und er würde jetzt nicht damit anfangen. Das Einzige, was mit ihm nicht stimmte, war, dass er schon zu lange keine Freundin mehr gehabt hatte.
    Irgendwann gegen drei Uhr döste er schließlich doch noch ein, aber Virginia Shapiro begleitete ihn in seinen Träumen, die sich abwechselten mit dem Albtraum, zu dem sich diese Reise entwickelt hatte: ein wunderschönes lächelndes Gesicht, das blutverschmiert war und mit leerem Blick in den Himmel starrte.
    Bainbridge, Connecticut
    „Emile! Schatz! Nicht diese Krawatte. Nimm die hier. Die ist viel würdevoller.“
    Emile Karnoff nahm die Krawatte, die seine Frau ihm hinhielt, und lächelte.
    „Lucy, Darling, was würde ich bloß ohne dich machen?“
    Lucy Karnoff hängte die andere Krawatte zurück in den Schrank und wandte sich dann wieder ihrem Mann zu, um ihn kritisch zu betrachten.
    „Es wäre vielleicht angebrachter, wenn du …“
    Emile hob die Hand. „Genug. Meine übrige Kleidung ist in Ordnung. Es ist immerhin nur eine Pressekonferenz.“
    „Von wegen“, erwiderte Lucy. „Du bist ein bedeutender Mann. Die Menschen haben es verdient, zu hören, was du

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