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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dinah McCall
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auf einem schwarzen Samttuch, doch das Einzige, was er wirklich wahrnahm, war die Entfernung zwischen ihm und seinem Ziel.
    Ich bin auf dem Weg, Virginia. Sei bitte nicht tot.

4. KAPITEL
    S ully hatte sein Gepäck geholt und verließ soeben den Flughafen, als es zu regnen begann. Er blieb unter dem Vordach stehen und überlegte, wie er am besten vorgehen sollte.
    Sein Problem: Virginia Shapiro reagierte nicht auf seine Anrufe, was ihn nervös machte. Was, wenn sie es gar nicht konnte? Was, wenn sie längst tot war?
    Am sinnvollsten war es wohl, sich zuerst zu ihrem Apartment zu begeben. Ihre Adresse hatte er, also winkte er ein Taxi heran und sagte dem Fahrer den Namen der Straße, die er anfahren sollte. Er lehnte sich auf dem Rücksitz nach hinten und schloss die Augen, aber er konnte sich nicht entspannen. Er sah Georgia immer wieder als Fünfjährige vor sich, wie sie ihm und Tommy nachjagte, als sie alle noch Kinder waren. Und er erinnerte sich daran, wie verliebt sie in ihn war, als sie zwölf und er sechzehn gewesen war. An ihren Gesichtsausdruck, als sie ihm erklärte, sie werde ins Kloster gehen. Die Leidenschaft in ihren Augen war so eindringlich wie immer gewesen, aber ihre ruhige Art hatte ihn ehrfürchtig werden lassen. Da hatte er in ihr zum ersten Mal mehr gesehen als einfach nur Tommy Dudleys kleine Schwester.
    Und jetzt wollten die Behörden ihm weismachen, dass eine Frau wie sie fähig war, sich das Leben zu nehmen? Niemals.
    Dann seufzte er. Die Umstände ihres Todes konnte er nicht abstreiten, schließlich hatte der Priester, der Zeuge des Vorfalls gewesen war, keinen Grund zu lügen. Aber was in Gottes Namen war erforderlich gewesen, damit sie in einen reißenden Fluss sprang? Wäre es nicht eine solche Ironie gewesen, hätte er gesagt, dass es mit dem Teufel zugegangen sein musste.
    Eines war sicher: Sobald er ein Hotelzimmer hatte, würde er Tommy anrufen. Die Familie hatte ein Recht zu erfahren, was eigentlich los war. Nach den spärlichen Informationen in Georgias Brief an ihn konnte er sich kaum vorstellen, dass sie ihre Vermutungen ihrer Familie mitgeteilt hatte.
    Er war noch immer in Gedanken, als das Taxi plötzlich einen Schwenk nach rechts machte. Sully sah aus dem Fenster und betrachtete das dreistöckige Gebäude. Es war nicht das, was er als Virginia Shapiros Zuhause erwartet hätte. Während er mit einem Apartment in einem strahlenden Wolkenkratzer gerechnet hatte, das mehr zu einer knallharten Journalistin zu passen schien, sah er vor sich ein Gebäude im viktorianischen Stil in einer ganz normalen Umgebung.
    „Das macht dann fünfzehn Dollar fünfundsiebzig“, sagte der Fahrer.
    Sully gab ihm einen Zwanziger. „Stimmt so.“
    Als er aus dem Taxi ausstieg, hielt hinter ihm ein Pizzaservice am Straßenrand. Sully nutzte den glücklichen Umstand und folgte dem jungen Mann, der seine Pizza im Erdgeschoss ablieferte, während er hinter ihm ins Haus ging und sich dann nach oben begab. Dort bemerkte er, dass es im Gebäude nur drei Wohnungen sowie das Zimmer des Hausverwalters gab. Virginias Wohnung befand sich in der zweiten Etage.
    Er blieb vor ihrer Tür stehen und klingelte, dann wartete er. Es war fünf Minuten nach Mitternacht. Wenn sie wirklich zu Hause war, würde sie ihm jetzt wohl kaum noch die Tür öffnen. Aber er hatte eine zu weite Reise hinter sich, um jetzt kehrtzumachen. Er klingelte abermals, und als noch immer niemand öffnete, klopfte er laut.
    In dem Moment erwachte seine Fantasie und ließ ihn an die Möglichkeit denken, dass sie gar nicht öffnen konnte, weil sie bereits tot war. Er würde nicht gehen, ehe er wusste, was los war. Er stellte den Matchbeutel auf dem Boden ab und griff in seine Jackentasche. Einige Augenblicke später hatte er das Schloss geöffnet und betrat nach einem sich vergewissernden Blick die Wohnung. Kein Alarm wurde ausgelöst.
    Nach einem letzten Blick zur Treppe schloss er die Tür hinter sich und verriegelte sie. Bewegungslos stand er da, den Rücken zur Tür, und horchte auf Lebenszeichen, konnte aber nichts hören. Nicht einmal einen tropfenden Wasserhahn. Er machte das Licht an.
    Im nächsten Moment wusste er, dass sie ihre Wohnung für längere Zeit verlassen hatte.
    Auf dem Boden lag ein Kissen, eine Schublade der Kommode stand halb offen und vermittelte den Eindruck, dass jemand in aller Eile etwas zusammengesucht hatte und dann schnellstens aufgebrochen war.
    Vorsichtig bewegte er sich durch die Zimmer. Das Bett war gemacht,

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