Das falsche Opfer
Witwe und bekommen außer der Million Dollar oder
mehr eine schöne Puppe obendrein. Je mehr ich mir das Ganze überlege, Irving,
desto mehr bin ich davon überzeugt, daß Sie bis jetzt mein heißestes Eisen im
Feuer sind.«
Sein Körper zitterte, als ob er
einem plötzlichen Ohnmachtsanfall nahe wäre. »Scheren Sie sich aus meinem Büro,
Sie blöder Idiot!« stammelte er wild. »Ich werde kein weiteres Wort mehr an Sie
verschwenden. Haben Sie gehört? Raus!«
»Wie Sie wollen«, sagte ich
höflich.
Ich nahm, während ich aufstand,
den Aktendeckel von seinem Schreibtisch. Dann fiel mir ein, daß ich noch eines
geeigneten Abgangs bedürfte, bevor ich sein Büro verließ.
»Mr. Irving«, sagte ich, da ich
dachte, er hätte das Recht darauf, über seine Rechte unterrichtet zu werden,
»wenn Sie einen Rechtsanwalt zuziehen wollen, mir soll es recht sein.«
Sechstes Kapitel
D ie buschigen Brauen des
Sheriffs zogen sich, als ich sein Büro betrat, so plötzlich zusammen, als seien
sie mit einem zu starken Düngemittel besprüht worden.
»Sie werden Ihren so plötzlich
erwachten wilden Enthusiasmus im Zaum halten müssen, Lieutenant«, knurrte er.
»Machen Sie so weiter, und Sie werden eine volle Tagesarbeit hinter sich
gebracht haben, ohne etwas davon bemerkt zu haben. Ich meine, es ist jetzt erst
zwölf Uhr mittags — und Sie sind tatsächlich schon im Büro?«
Ich setzte mich ihm gegenüber
und zündete eine Zigarette an, wobei ich bedauernd den Kopf schüttelte. »Die
Feinheiten Ihres Humors entgehen mir immer, Sir«, sagte ich verzagt. »Ich
wollte, ich hätte etwas von Ihrem rasiermesserscharfen Witz, Sheriff. Diese
blitzschnellen Stöße und Gegenstöße eines einmaligen Wortfechters — dieses
Feuerwerk an witzigen Einfällen und genialen Hieben, denen ein armer, langsam
denkender Durchschnittsbursche wie ich einfach nicht begegnen kann...«
Sein Gesicht bekam wieder
diesen üblichen Stich ins Karmesinrote. »Wheeler! Wovon, zum Teufel, reden Sie
eigentlich?« bellte er.
»Das weiß ich nicht«, gab ich
zu. »Ich dachte, Sie wüßten’s vielleicht?«
»Manchmal bin ich der
Überzeugung, wir sollten Sie in die Irrenanstalt nach Hilldale schicken und Sie unter Aufsicht eines Psychiaters stellen«, brummte er. »Damit
wären die Steuergelder gut angelegt.«
»Ich habe gearbeitet«, sagte
ich kalt. »Ich habe den größten Teil der letzten Nacht gearbeitet. —«
»Haha!« unterbrach er mich
wild.
»— und auch den ganzen
Vormittag«, fuhr ich fort, seine ungehörige Art, mich zu unterbrechen,
ignorierend. »Ich habe jetzt einen Mordfall aufzuklären, der von Verdächtigen
und Motiven wimmelt und bis jetzt keinen einzigen Beweis, ja nicht einmal einen
Hinweis in der Hand. Ich würde am liebsten mein Rücktrittsgesuch einreichen.«
»Genehmigt«, sagte er eilig.
»Ja?« Ich zuckte geringschätzig
die Schultern. »Nun, dann ziehe ich es sofort zurück«
»Berichten Sie mir über die
Sache, Wheeler«, sagte er, das Ende einer Zigarre mit solcher Wildheit
abbeißend, daß man hätte meinen können, es sei die Hand, die ihn fütterte.
»Wenn Sie damit fertig sind, werde ich Sie wahrscheinlich sowieso
hinausschmeißen.«
Ich erzählte ihm alle
Einzelheiten vom vorhergehenden Abend und von meinem Besuch bei Irving, kurz
bevor ich in sein Büro gekommen war. Er lauschte aufmerksam, und sein Gesicht
wurde länger und länger, während ich berichtete. Als ich fertig war, war er so
matt geworden, daß er sich noch nicht einmal die Mühe gab, den Aktendeckel mit
den Unterlagen über Fordes Lufttaxidienst zu öffnen,
den ich vor ihm auf den Schreibtisch hatte fallen lassen.
»Meine anfängliche Theorie, was
Irving und Kramers Frau betrifft, haut also hin?« Der Gedanke erhellte seine
Miene nicht einmal. »Aber nun sind Sie hergegangen, Wheeler, und haben für die
übrigen alle diese verdammten Motive herausgefunden. Der Mechaniker hegt einen
psychopathischen Haß wegen des von Kramer verschuldeten Unfalls, der sein Bein
in Mitleidenschaft gezogen hat, und Forde bekommt
fünfzigtausend Dollar, wenn Kramer tot ist. Und Kramer weiß, diesem Mädchen
Angel zufolge, irgend etwas von MacGregor ,
was diesem ein ebenso starkes Motiv verschaffen könnte, soweit wir das
beurteilen können. Stimmt’s?«
»Es stimmt.« Ich nickte düster.
»Großartig!« explodierte er.
»Das hat uns gerade noch gefehlt. Vielleicht ist das ganze eine Verschwörung, und der gesamte verdammte Haufen hat zusammengeholfen,
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