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Das falsche Opfer

Das falsche Opfer

Titel: Das falsche Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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die Schreibmaschine
gebeugt. Sie kaute nachdenklich auf einem Stück Sellerie herum, und ein
Pappbecher mit Schokoladenmagermilch stand vor ihr auf dem Schreibtisch und
legte stummes Zeugnis davon ab, auf welche Weise Annabelles ausdrucksvolle
Kurven erworben worden waren. Ihre weiße Seidenbluse schmiegte sich voller
Stolz um die ausdrucksvollsten ihrer Kurven, und ihr enger Gabardinerock hatte
sich ein paar Zentimeter weiter als zulässig nach oben verschoben und enthüllte
die Knie mit den bezaubernden Grübchen mit liebender Hingabe.
    »Bitte, stehen Sie nicht im
Büro herum, Lieutenant«, sagte sie kauend. »Nicht, während ich esse.«
    »Genug geflirtet«, sagte ich
mit Festigkeit. »Ich bin rein dienstlich hier.«
    »Was für Sie dienstlich ist,
ist für jeden anderen dummes Zeug«, bemerkte sie düster, »und Sie verschwenden
Ihre Zeit, wenn Sie sich so über den Schreibtisch beugen — Sie werden doch
nicht mehr von meinen Knien sehen, als Sie bis jetzt schon gesehen haben.«
    »Der Sheriff behauptet, Sie
hätten MacGregors und Fordes Adresse«, sagte ich, mich wieder aufrichtend.
    »Dort!« Sie wies auf das
oberste, maschinengeschriebene Blatt in ihrem mit »Ausgang« bezeichneten
Postkorb.
    Ich nahm den Pappbecher mit
Schokoladenmilch in die Hand, gab vor, den Inhalt intensiv zu betrachten und
richtete dann meine Aufmerksamkeit auf Annabelle.
    »Es gibt keinen Zweifel, Sie
nehmen zu«, sagte ich ermutigend, »aber durchaus an den richtigen Stellen.«
    »Ich bin heute nur nicht
hungrig«, fuhr sie mich an. »Meistens gehe ich in den Drugstore und esse einen
Haufen in Mayonnaise getunkte Sandwiches.«
    Ich nahm einen der
Durchschläge, auf denen die Adressen standen, die ich brauchte, und steckte ihn
in meine Brieftasche. »Wenn ich mir überlege«, sagte ich mit einer vor
Sehnsucht vibrierenden Stimme, »daß ich mich noch an die Zeit erinnern kann,
als Sie keinen Hüftgürtel trugen, Magnolienblüte.«
    »Ich trage noch immer keinen«,
zischte sie. »Nicht, daß es Sie im geringsten was anginge, Al Wheeler.«
    »Ich habe in diesen Dingen
einen sechsten Sinn«, erklärte ich ihr. »Wollen Sie nicht aufstehen und zweimal
im Vorzimmer auf und ab gehen, um zu beweisen, daß Sie die Wahrheit sagen?«
    Ein frisches, handfestes Stück
Sellerie flog plötzlich mit schmerzlicher Gewalt gegen meinen Nasenrücken.
»Hauen Sie ab!« sagte Annabelle vulgär. »Für Sie würde ich noch nicht mal von
diesem Stuhl aufstehen — nicht einmal, um >hurra< zu schreien, wenn Sie
im Leichenwagen unten auf dem Weg zum Friedhof vorbeirollten!«
    »Wo bleiben die unvergänglichen
Werte?« sagte ich entrüstet und rieb mir sachte die Nase. »Was ist denn aus der
Courtoisie der Alten Welt und dem Charme des Südens geworden?«
    »Sie sind westwärts gezogen«,
sagte sie prompt, »trafen dort auf einen eingeborenen Barbaren namens Wheeler,
schrumpften zusammen und starben an Ort und Stelle.«
    »Vergeltung«, sagte ich düster,
während ich der Tür zustrebte. »Die Vergeltung wird kommen. Sie werden so fett
werden, daß Sie überall zwei Stühle brauchen, einen für jede...« Ich hörte das
unheildrohende scharrende Geräusch, als sie das Eisenlineal vom Schreibtisch
nahm, und brachte die fehlenden zwei Meter zwischen mir und dem Sicherheit
bietenden Korridor draußen in Sätzen hinter mich.
    Ich aß in Königs Bulettenpalast weiter unten eine Bulette, und danach zu urteilen, wie sie schmeckte, mußte der
König schon vor langer Zeit abgedankt haben, oder wahrscheinlich war er einem
Meuchelmord zum Opfer gefallen, sofern es auf dieser Welt noch Gerechtigkeit
gab. Nach der zweiten Tasse Kaffee, die noch immer nicht den zweifelhaften
Geschmack in meinem Mund herunterspülte, stieg ich in den Healey und fuhr zum Flughafen
hinaus.
    Gegen Viertel nach zwei war ich
dort, und es bedurfte weiterer zwanzig Minuten Kreuz- und Querfahrens, bevor
ich schließlich am anderen Ende des Flugfeldes den halbverfallenen Schuppen
fand, auf dem in verblaßter blauer Schrift das
Märchen von » Forde Lufttaxidienst Inc.« geschrieben
stand.
    Der Flugzeugschuppen war leer,
bis auf die winzige Figur in ölverschmiertem weißen Overall, die auf einer
umgekehrten leeren Öltonne saß. Als ich näher kam,
sah ich, daß er mit einem abgegriffenen Bordbuch und einem Bleistift tätig war.
Auf dem chihuahuaartigen Gesicht erschien kein
Willkommenslächeln, als er aufblickte und mich kommen sah.
    »Sie haben Pech, Lieutenant«,
sagte er kurz. »Mein Kopilot ist

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