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Das falsche Opfer

Das falsche Opfer

Titel: Das falsche Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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sei ein erfolgreicher Verkaufsdirektor, war mir der Gedanke
absurd erschienen — aber wenn man ihn einmal vor dem passenden Hintergrund sah,
konnte man ihn sich kaum als etwas anderes vorstellen.
    Er hievte seinen massigen
Körper aus dem Stuhl hinter dem halben Hektar Schreibtisch heraus und streckte
mir, als ich das Büro betrat, die Hand hin.
    »Lieutenant.« Sein Händedruck
war die abgeänderte Version eines Würgegriffs. »Setzen Sie sich, bitte. Wie
wär’s mit etwas zu trinken?«
    »Sehr schön«, sagte ich
dankbar. »Scotch auf Eis, ein bißchen Soda?«
    Die eine Hälfte der mit Holz
verkleideten Wand schwang auf, um den Blick auf eine reichlich ausgestattete
Bar mit einem chromglitzernden Kühlschrank freizugeben. Er füllte mit
geläufiger Geschicklichkeit die Gläser, reichte mir das eine und nahm seines wieder
mit zurück hinter seinen Schreibtisch.
    »Ich kann es brauchen«, sagte
er gut gelaunt. »Prost, Lieutenant.«
    »Prost«, sagte ich höflich und
ließ etwas von dem eiskalten Scotch in meine ausgedörrte Kehle rinnen.
    »Ich glaube, ich schulde Ihnen
für gestern morgen eine Entschuldigung«, sagte er
plötzlich etwas gezwungen. »Es war ein verdammt blöder Einfall von mir — so auf
Ihren Wagen zuzufliegen. Vielleicht habe ich sogar die geschwollene Lippe
verdient, die Sie mir verpaßt haben.«
    »Schon gut«, sagte ich leichthin.
»Vielleicht habe ich Glück gehabt, daß nicht ich die geschwollene Lippe verpaßt
bekommen habe.«
    »Wissen Sie was, Lieutenant?«
sagte er ernsthaft. »Der psychologische Teil an der ganzen Sache bedrückt mich
verteufelt — wirklich. Hier in diesem Büro bin ich ein einigermaßen nüchterner
Bürger und trage die Verantwortung für die gesamte Verkaufsabteilung des
Betriebs. Sobald ich hinter dem Steuerknüppel eines Flugzeugs sitze, geschieht
etwas — plötzlich bin ich wieder ein Zwanzigjähriger mit all seinem herausfordernden
Benehmen und einer Neigung zu Zornausbrüchen, die sich gewaschen haben.« Er
schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß das alles — aber es passiert immer
wieder.«
    »Ich glaube, die Entscheidung
ist einfach«, sagte ich höflich. »Entweder geben Sie das Fliegen auf oder die
Verkaufsabteilung.«
    »Das ist eine verteufelte
Entscheidung für einen Mann«, sagte er und grinste düster. »Ich glaube, ich muß
mir einen neuen Gehimschlosser suchen, wenn Sie
nichts dagegen haben, Lieutenant.«
    »Mir soll’s recht sein«, sagte
ich. »Aber im Augenblick können wir vielleicht statt dessen über einen Mord
reden.«
    Sein Gesicht wurde schnell
nüchtern. »Natürlich. Entschuldigen Sie — legen Sie los und sagen Sie mir, wie
ich Ihnen helfen kann.«
    Ich trank noch einen Schluck Whisky,
was mir einige Zeit zum Überlegen ließ — und Zeit war genau das, was ich
brauchte. Die Sache begann, mich zu verwirren: Wie kam es nur, daß diese
bösartigen Burschen sich plötzlich wie nette Burschen benahmen? Vor einer
halben Stunde hatte sich Sam Forde plötzlich aus
einem knurrigen, patzigen, winzigen Ärgernis in einen Menschen verwandelt, der
die Loyalität seinem Freund gegenüber über die eigene Sicherheit stellte und
der während dieser Wandlung so etwas wie Würde erlangt hatte. Nun veränderte
sich MacGregor vor mir in derselben Weise. Aus dem
schlechtgelaunten Bullen mit dem Spatzenhirn verwandelte er sich plötzlich in
einen warmherzigen, zivilisierten und vernünftigen Kerl. Vielleicht war ich im
Begriff, meinen Verstand zu verlieren, dachte ich einigermaßen hoffnungslos.
Woran immer es liegen mochte, es erschwerte mir in jedem Fall das, was ich zu
tun hatte.
    »Sie können mir helfen, indem
Sie aufrichtig sind, MacGregor «, sagte ich
schließlich.
    Der Ausdruck höflicher und
freundlicher Aufmerksamkeit blieb auf seinem Gesicht, nur seine Augen verrieten
Verblüffung. »Wie soll ich das verstehen, Lieutenant?«
    »Es handelt sich um etwas, das
mir Angel gestern abend erzählt hat«, sagte ich
steif. »Darum, wie...«
    »O ja!« Er grinste breit. »Da
ist noch etwas, wofür Ihnen zu danken ich vergessen habe. Es war sehr anständig
von Ihnen, sie heimzubringen, Lieutenant — der ganzen Sachlage nach wäre es für
sie peinlich gewesen, dazubleiben.«
    »Gestern schien Sie das nicht
sonderlich zu bekümmern. Sie bat Sie als ersten, sie nach Hause zu bringen;
aber nachdem Kramer Ihnen befahl dazubleiben, blieben Sie da.«
    »Mitch hatte recht«, sagte er
gelassen. » Red ist ein langjähriger Freund von uns
gewesen. Die Sache ging

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