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Das falsche Opfer

Das falsche Opfer

Titel: Das falsche Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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ihren gefärbten Brillengläsern beobachtete,
und ich verspürte ein plötzliches Mitgefühl. Wir hatten nun etwas gemeinsam —
unsere Albträume würden sich um denselben Mann drehen.
    Auf meiner Uhr war es vier Uhr
fünfundzwanzig, als ich den Healey aus dem Hof der Maschinenbaufirma hinaus auf
die Straße fuhr. Ich überlegte, daß ich noch genügend Zeit hatte, um mich mit
Kramer zu miterhalten, und trotzdem rechtzeitig in der Stadt zurück sein
könnte, um meine Verabredung einzuhalten. Die lange gerade Straße war völlig
verlassen, und das gab mir Gelegenheit, meine Enttäuschung etwas abzureagieren,
indem ich dem Healey freien Lauf ließ. Als der Tachometer auf hundertfünfzig
stand, gab es unter der Motorhaube ein häßliches ratterndes Geräusch.
    Cliff White hatte völlig recht,
stellte ich fest — die Ventile waren nicht in Ordnung. Fünf Minuten später
rumpelte ich den ungeteerten Fahrweg zu Kramers Haus
entlang und hielt neben der schmutzbespritzten Corvette, die aussah, als sei
sie seit gestern nicht von ihrem Platz bewegt worden.
    Als ich aus dem Wagen stieg,
hörte ich ein schwaches Geräusch hinter mir, und als ich mich umwandte, sah ich
Sally Kramer auf mich zurennen . Ihr rotes Haar
flatterte hinter ihr her. Sie trug ein dünnes Seidenkleid, das der Wind eng
gegen ihren zarten Körper preßte; offensichtlich hatte sie nichts darunter an.
    »Lieutenant«, sagte sie
atemlos, als sie näher kam. »Ich bin so froh, daß Sie hier sind. Könnte ich Sie
allein sprechen?« Sie rang ein paar Sekunden lang um Luft und versuchte dann zu
lächeln. »Ich war gerade mit Duschen fertig, als ich Ihren kleinen Sportwagen
die Zufahrt entlangkommen hörte. Sie müssen meinen Aufzug entschuldigen, aber
ich mußte Sie sprechen, bevor...«
    Ein scharrendes Geräusch, das
von hinten herdrang, bewog mich für den Bruchteil einer Sekunde zu der
Überlegung, ob heute der Tag des Verfolgtwerdens für
mich sei. Dann drehte ich den Kopf und sah Cliff White in seinem
ölverschmierten Overall dastehen. In seinen Augen lag derselbe listige,
verstohlene, boshafte Blick, den er schon in der vergangenen Nacht gehabt hatte.
    »Entschuldigung«, sagte er
brüsk. »Aber mit Ihren Ventilen wird es immer schlimmer, Lieutenant. Wenn Sie
eine Weile hierbleiben, will ich sie Ihnen gern in Ordnung bringen.«
    »Nein — vielen Dank«, sagte ich
kurz und wandte mich wieder Sally Kramer zu. »Was haben Sie eben gesagt?«
erkundigte ich mich freundlich.
    »Nur, daß es nett ist, Sie
wiederzusehen«, sagte sie verdrossen. »Oh, hier ist ja Mitch. Er wird sich um
Sie kümmern, Lieutenant, während ich mich ordentlich anziehe. Bis später.«
    Sie ging schnell zum Haus
zurück, wobei sie an ihrem Mann vorbeiging, ohne stehenzubleiben oder mit ihm
ein Wort zu wechseln. Ich zündete mir eine Zigarette an, während ich auf Kramer
wartete.
    »Glauben Sie vielleicht, ich
bin nicht gut genug, um Ihren lausigen Wagen zu reparieren?« fragte White mit
mürrischer Stimme.
    »Das ist es nicht, Cliff«,
sagte ich geduldig. »Ich weiß nur einfach nicht, ob ich so lange hierbleibe,
daß die Zeit dazu reicht. Sonst wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
    »Sie sind ein miserabler
Lügner, Lieutenant«,. sagte er schwerfällig. »Ich war ein Idiot, als ich
dachte, man könnte irgendeinem miesen Polypen trauen.« Er humpelte, sein linkes
Bein mühsam nachziehend, eilig zum Schuppen zurück.
    »Lieutenant?« Kramers Augen
waren neugierig, während er den Rückzug des Mechanikers beobachtete. »Was
wollte Cliff denn?«
    »Meine Ventile in Ordnung
bringen«, antwortete ich. »Ich habe ihm gesagt, die Zeit reiche jetzt nicht,
aber er hat mir wohl nicht geglaubt.«
    Kramer lachte kurz. »Zum Henker
mit Cliff — er ist hypersensibel. Sehen Sie ihn doch an — was er immer für ein
Aufhebens von seinem lahmen Bein macht. Wenn man nicht Bescheid wüßte, könnte
man meinen, das Ding sei aus Holz.«
    »Vielleicht bekommt man dieses
Gefühl, wenn man es lange genug hinter sich herschleift «,
sagte ich kurz.
    Kramer zuckte die Schultern.
»Er macht die ganze Zeit über ein Mordsgetue, um Mitleid zu erregen —
gelegentlich geht es mir auf die Nerven. Aber kommen Sie ins Haus und lassen
Sie sich etwas zu trinken geben. Ich bin ein miserabler Gastgeber.«
    Wir gingen durch das Haus
hindurch auf die hintere Terrasse. Polnik lag mit
gespreizten Beinen bequem in einem Sessel, ein großes Glas stand neben ihm.
    »Lieutenant?« Er schluckte ein
paarmal, während er sich

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