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Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Metern, wenn ich mich nicht irre.«
    Sie zuckte mit den Schultern und machte ein Gesicht, als ob sie um Entschuldigung bitten wolle.
    »Verzeihen Sie, Inspektor, aber mit Sport kenne ich mich kaum aus. Und alle Resultate sind später ja ohnehin annulliert worden.«
    Jung nickte.
    »Das war offenbar ein richtiger Skandal. Gesperrt auf Lebenszeit  – das muss ein harter Schlag für ihn gewesen sein ... schrecklich hart. Hatten Sie während dieser Jahre Kontakt zu ihm?«
    Frau Hoegstraa schlug die Augen nieder.
    »Nein«, sagte sie. »Das hatte ich nicht. Und auch mein Bruder nicht.«
    Jung wartete ab.
    »Aber das war nicht nur unsere Schuld«, sagte sie dann. »Er wollte das selber so. Er war ein Einzelgänger, hielt sich lieber für sich ... so war er immer schon. Natürlich hätte ich mir das anders gewünscht, aber was können wir jetzt daran ändern? Und was hätten wir damals daran ändern können?«
    Plötzlich lag in ihrer Stimme eine tiefe Müdigkeit.
    »Ich weiß nicht«, sagte Jung. »Macht es Ihnen etwas aus, noch ein wenig mehr zu erzählen?«
    Sie trank einen Schluck Tee und sagte dann:

    »Er gab alles auf und zog zurück nach Kaustin. Kaufte dieses Haus – offenbar hatte er doch einiges Geld gespart, von der Arbeit und vom Laufen her ... er wurde doch verurteilt wegen Dopings und wegen ... wie heißt das noch? Verstoß gegen die Amateurbestimmungen?«
    Wieder nickte Jung.
    »Ich habe darüber gelesen«, sagte er. »Er brach bei einem Fünftausendmeterlauf zusammen, bei dem er eigentlich den europäischen Rekord brechen wollte. Ihm war ein hoher Betrag versprochen worden, wenn er das schaffte, heimlich natürlich... aber dann wurden Amphetamin und noch andere Stoffe entdeckt, als er im Krankenhaus lag. Er wurde als Erster in ganz Europa wegen Dopings verurteilt, glaube ich. Aber egal, erzählen Sie weiter, Frau Hoegstraa.«
    »Dann hat er also dieses Haus gekauft ... den Großen Schatten, wie es in meiner Kindheit genannt wurde, ich weiß nicht, warum. Es liegt natürlich ziemlich abgelegen. Es stand damals seit zwei Jahren leer und er konnte es wohl billig bekommen. Und dann verlegte er sich auf die Hühnerzucht. In der Branche hatte er schon in Obern gearbeitet und sah wohl Möglichkeiten ... er konnte ziemlich zupacken, wenn er wollte. Hatte Geschäftssinn.«
    Sie verstummte. Jung trank einen Schluck Bier, dann fragte er:
    »Und dann kam also Beatrice?«
    Plötzlich sah seine Gastgeberin völlig unglücklich aus.
    »Müssen wir darüber sprechen, Inspektor?«
    Ich weiß nicht, dachte er. Und ich bin noch gar kein Inspektor. Und bring es vielleicht auch nie so weit.
    »Nur zwei kurze Fragen?«, bat er.
    Sie nickte und faltete auf ihrem Schoß die Hände. Er wollte schon nach dem Vokabelheft greifen, beschloss dann aber, darauf zu verzichten.
    »Haben Sie sie überhaupt gekannt?«
    »Nicht als Erwachsene. Ich habe sie in Kaustin gesehen,
als sie noch ein Kind war. Die beiden waren so ziemlich gleichaltrig ... und gingen in dieselbe Klasse.«
    »Aber auch sie war nicht in Kaustin geblieben?«
    »Nein. Kam einige Monate nach Leopold zurück. Ich glaube, sie hatte einige Zeit in Ulming gelebt ... und dort einen Mann verlassen.«
    Jung dachte nach, wusste plötzlich nicht mehr, was er eigentlich wissen wollte. Welche Fragen er stellen konnte und wozu sie überhaupt gut sein sollten. Diese arme alte Schwester konnte mit der Sache doch wohl nichts zu tun haben? Warum also quälte er sie mit Erinnerungen, die sie ihr Leben lang hatte abschütteln wollen?
    Aber man wusste natürlich nie.
    »War sie schön?«, fragte er endlich, als das Schweigen ihm über den Kopf zu wachsen drohte.
    Sie zögerte ein wenig.
    »Ja«, sagte sie endlich. »Einem Mann muss sie als sehr schön erschienen sein.«
    »Aber Sie haben sie doch nie gesehen.«
    »Nein, nur auf Bildern. In den Zeitungen.«
    Er wechselte das Thema. Ganz und gar.
    »Warum haben Sie sich erst so spät bei der Polizei gemeldet, Frau Hoegstraa?«
    Sie schluckte.
    »Ich wusste ja nichts. Glauben Sie mir, Inspektor. Ich hatte keine Ahnung davon, dass ihm etwas zugestoßen war. Wir hatten doch keinen Kontakt miteinander, gar keinen, das müssen Sie verstehen.«
    »Finden Sie es nicht seltsam, dass Ihr Bruder acht Monate tot im Wald liegen konnte, ohne dass irgendwer ihn vermisste?«
    »Doch, das tut mir Leid ... das ist doch entsetzlich.«
    »Sie haben ihn nie im Gefängnis besucht?«
    »Einmal während der ersten Haftstrafe. Und da hat er ganz deutlich

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