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Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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begrenzt.
    Und wir könnten der Sache ein wenig näher rücken.
    Er fuhr schneller und trommelte dabei auf dem Lenkrad herum. In ihrer derzeitigen Lage konnten sie so viele Fragen stellen, wie sie wollten. Und jede verdammte Frage ergab gleich drei neue. Oder noch mehr.
    Wie bei diesem griechischen Mirakel, oder wie das noch geheißen hatte.

    Nein, da dachte er besser an etwas anderes, beschloss er, und fuhr sich mit der Hand durch den Bart.
    Na ja, nicht durch. Eher darüber hinweg.
    Was hatte deBries noch erwähnt? Ein sterbendes Meerschweinchen?
    Noch hundertachtzig Kilometer bis Ulmenthal. Er musste in einer der nächsten Raststätten etwas essen, in dieser Hinsicht waren jedenfalls keine Fragen mehr offen.
     
    Gefängnisdirektor Bortschmaas Zimmer war hell und luftig und behaglich eingerichtet, mit eingerahmten Sportdiplomen und überkreuzten Tennisschlägern. Bortschmaa selber war ein kräftiger Mann in den Fünfzigern, wie Rooth schätzte, er trug ein hellblaues Sporthemd und hatte sonnenverbrannte Arme und einen jugendlichen strohblonden Schopf.
    Die kleine Sitzgruppe vor dem Aussichtsfenster – mit Blick auf den obersten Teil der gezackten Mauerkrone und die Tiefebene dahinter – bestand aus dünnen Stahlmöbeln mit knallblauen und gelben Sitzen sowie einem Tisch aus rotem Kunststoff. In einem Sessel saß ein übergewichtiger Mann mit Geheimratsecken und Schweißflecken unter den Armen. Er sah nicht glücklich aus.
    Rooth und der Direktor nahmen Platz.
    »Joppens, unser Fürsorgebeamter«, stellte der Direktor vor.
    »Rooth«, sagte Rooth und streckte die Hand aus.
    »Der Inspektor möchte uns einige Fragen über Leopold Verhaven stellen«, erklärte Bortschmaa. »Und ich dachte, dann könnten wir Joppens auch gleich dazu bitten«, er nickte in dessen Richtung. »Bitte sehr, Inspektor.«
    »Danke«, sagte Rooth. »Bitte, beschreiben Sie ihn doch kurz.«
    »Ja«, sagte der Fürsorgebeamte. »Wenn man überhaupt einen Menschen kurz beschreiben kann, dann ihn. Ich kann
ihn in einer halben Minute ziemlich erschöpfend darstellen ... und schriftlich auf einer halben Seite.«
    »Ach?«, fragte Rooth. »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich hatte elf Jahre lang mit ihm zu tun und weiß heute so viel über ihn wie bei unserer ersten Begegnung.«
    »Ein Eigenbrötler«, fügte Direktor Bortschmaa hinzu.
    »Hatte mit niemandem Kontakt«, erklärte Joppens. »Nicht mit den anderen Häftlingen, nicht mit Außenstehenden oder dem Personal und nicht einmal mit dem Gefängnisgeistlichen.«
    »Seltsam«, sagte Rooth.
    »Hätte eigentlich die ganze Zeit genauso gut in Einzelhaft sein können«, sagte Bortschmaa. »Einen großen Unterschied hätte das nicht gemacht. Verschlossener Typ. Verdammt eigen ... aber natürlich exemplarisch.«
    »Hat sich nie daneben benommen?«, fragte Rooth.
    »Nie«, sagte Joppens. »Hat auch nie gelacht.«
    »Hat er sich an irgendwelchen Aktivitäten beteiligt?«
    Der Fürsorgebeamte schüttelte den Kopf. »Ist einmal in der Woche Schwimmen gegangen. Zweimal in die Bücherei. Hat Zeitungen gelesen und Bücher ausgeliehen ... ich weiß nicht, ob Sie das als Aktivitäten bezeichnen würden.«
    »Aber Sie müssen doch mit ihm gesprochen haben?«
    »Nein«, sagte der Fürsorgebeamte.
    »Hat er geantwortet, wenn er angesprochen wurde?«
    »Ja, sicher. Guten Morgen und gute Nacht und danke.«
    Rooth dachte nach. Wirklich toll, den ganzen Tag mit dem Auto unterwegs zu sein, um das zu erfahren, fand er. Aber da konnte er auch gleich noch eine Weile weitermachen. Wo er schon einmal hier war.
    »Keine Vertrauten im ganzen Gefängnis?«
    »Nein«, sagte Joppens.
    »Niemanden«, betonte Bortschmaa.
    »Briefe?«, fragte Rooth.
    Der Fürsorgebeamte dachte nach.

    »Zwei ... von Verwandten, glaube ich. Hat einige Wochen vor seiner Entlassung eine Karte verschickt.«
    »In zwölf Jahren?«
    »Ja. Die Karte ging an seine Schwester.«
    »Und Besuch?«
    »Zwei«, sagte Joppen. »Sein Bruder war ganz zu Anfang einmal da. Verhaven wollte ihn nicht sehen. Kam nicht einmal ins Besucherzimmer ... ich war damals noch nicht hier, ich weiß es aber von meinem Vorgänger. Der Bruder hat einen ganzen Tag lang gewartet ...«
    »Der andere«, sagte Rooth.
    »Verzeihung?«
    »Der andere Besuch. Sie haben von zweien gesprochen.«
    »Eine Frau«, sagte Joppen. »Im vergangenen Jahr. Nein, wohl eher ein Jahr zuvor.«
    »Was war das für eine Frau?«, fragte Rooth.
    »Das weiß ich nicht.«
    »Aber die hat er

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