Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
Vom Netzwerk:
hinaus auf die Treppe. Fröstelte kurz, denn unbemerkt war die abendliche Kühle hereingebrochen. Für einen Moment spielte er mit dem Gedanken, sich einen Pullover zu holen, entschied sich dann aber dagegen. Der Hofplatz war nur dreißig Meter breit und bald würde er wieder im Warmen sein.
    Er hatte erst den halben Weg hinter sich, als ihm aufging, dass er nicht allein in der Dunkelheit war.

VI
11. – 15. Mai 1994

24
    »Was soll das denn?«, fragte deBries und zeigte auf das Tonbandgerät.
    »Das ist der Kommissar«, seufzte Münster.
    »Wie meinst du das?«
    »Ja, er behauptet, dass er die Ermittlungen leitet, und er will kein Wort von diesem Gespräch verpassen. Ich habe versucht, ihm das auszureden, aber ihr kennt ihn ja...«
    »Wie geht es ihm denn?«, fragte Moreno.
    »Es geht auf jeden Fall aufwärts«, sagte Münster. »Aber er wird wohl noch mindestens drei oder vier Tage im Krankenhaus bleiben müssen. Finden die Ärzte, wohlgemeint. Die Schwestern auf der Station würden ihn sicher heute noch auf die Straße setzen, wenn sie zu entscheiden hätten.«
    »Eiwei«, sagte Rooth und kratzte sich im Bart. »Da müssen wir wohl die Zunge im Zaum halten.«
    »Kann schon sein«, sagte Münster und schaltete das Tonbandgerät ein. »Besprechung vom Mittwoch, dem 11. Mai. Anwesend: Münster, Rooth, deBries, Jung und Moreno...«
    Jemand klopfte an die Tür und Reinhart schaute herein.
    »Habt ihr Platz für noch einen?«
    »... und Reinhart«, sagte Münster.
    »Was machst du denn hier?«, fragte Rooth. »Sind die Rassisten erledigt?«
    Reinhart schüttelte den Kopf. »Das nicht«, sagte er. »Ich interessiere mich nur ein wenig für Leopold Verhaven. Hab
doch allerlei über ihn gelesen. Wenn ihr also nichts dagegen habt ...«
    »Das nicht«, sagte deBries. »Setz dich neben den Kommissar.«
    »Neben den Kommissar?«, fragte Reinhart.
    »Das ist der, der da steht und sich dreht.«
    »Alles klar«, sagte Reinhart und setzte sich. »Abwesend in unserer Mitte.«
     
    »Wir fangen mit der Identifizierung an«, sagte Münster. »Ich glaube, das sollte Rooth übernehmen.«
    Rooth räusperte sich.
    »Ja«, sagte er. »Wir machen das Ganze an der Hodengeschichte fest. Verhaven hatte mit ungefähr zehn einen kleinen Unfall... ist mit dem Rad gegen eine Mauer geknallt und hat sich dabei den Lenker zwischen die Beine gerammt.«
    »Ai«, sagte deBries.
    »Ein Hoden wurde verletzt und musste nach einiger Zeit entfernt werden. Meusse konnte also feststellen, dass unsere Leiche im Teppich nur einen Hoden hatte, und wenn wir alles zusammennehmen, dann können wir ziemlich sicher sein, dass er es sein muss. Verhaven, meine ich.«
    »Eine Indizienidentifizierung«, sagte Reinhart.
    »So kann man das nennen, ja«, sagte Rooth. »Wenn man das aussprechen kann. Seine Schwester konnte natürlich nicht bezeugen, ob er es ist oder nicht, das kann sicher niemand. Aber alles scheint zu stimmen. Alle bekannten Faktoren weisen darauf hin, dass er es ist – seine Entlassung aus dem Gefängnis, die Leute, die ihn in der Stadt gesehen haben, die Spuren im Haus, die Tatsache, dass er seither verschwunden ist – aber sicher, es besteht auch eine kleine Möglichkeit, dass es ein anderer ist. Die Frage ist nur wer, und wo dann Verhaven steckt.«
    Sie schwiegen für einen Moment.

    »Wenn Verhaven nicht das Opfer ist«, sagte Jung, »dann ist er vermutlich der Täter.«
    Münster nickte. »Das ist sicher richtig«, sagte er. »Aber wie groß ist die Chance, dass er einem anderen eineiigen Wicht über den Weg läuft und den dann totschlägt? Und warum? Nein, ich glaube, wir können diese Möglichkeit außer Acht lassen. Unser Toter ist Leopold Verhaven, das ist hiermit beschlossen. Und jemand hat ihn ermordet, am 24. August letzten Jahres... an dem Tag, an dem er nach zwölf Jahren im Gefängnis in sein Haus zurückgekehrt war. Oder kurz danach auf jeden Fall.«
    »Irgendwelche Spuren von gewaltsamen Auseinandersetzungen im Haus?«, fragte Reinhart.
    »Nein«, sagte Rooth. »Wirklich keine. Wir wissen auch nichts über den Hergang der Tat. Er kann dort ermordet und danach weggebracht worden sein. Die Kleider, die er bei seiner Entlassung getragen hat, sind noch da ... er kann sich natürlich umgezogen haben, aber es sieht so aus, als sei er ins Bett gegangen.«
    »Der Mörder kann mit unklarer Absicht irgendwann in der Nacht gekommen sein«, sagte Münster. »Das ist eine durchaus plausible Variante.«
    »Aber die Nachbarn auf der anderen

Weitere Kostenlose Bücher