Das Feenorakel
zum Hinterausgang begleitete. «Dem Chef hat deine Arbeit übrigens gut gefallen.» Alle Fröhlichkeit war plötzlich aus ihrem Gesicht verschwunden, als sie mit Alva vor die Tür trat und flüsterte: «Das sollte besser auch so bleiben.» Sie sah sich um, als fürchtete sie, jemand könnte zuhören. «Er kann ... manchmal ziemlich streng sein.»
Alva versprach, sich Mühe zu geben. Vor der Tür streifte sie hastig ihr Armband ab und steckte es in die Tasche. Ihr kam es so vor, als sei das weiche Leder mit dem silbernen Emblem tatsächlich verhext. Kaum hatte sie es abgelegt, fühlte sie sich wie befreit. Kopfschüttelnd machte sie sich auf den Heimweg. Meine Fantasie geht mal wieder mit mir durch.
Vor dem Club brannte nur eine Notbeleuchtung und auf dem Parkplatz standen kaum noch Autos. Nachdem sie den gepflasterten Vorplatz überquert hatte, tauchte sie endgültig in die Dunkelheit ein. Im Osten zeigte sich zwar schon ein Streifen des herannahenden Tages, aber hier in dem kleinen Park, den sie durchqueren musste, wenn sie keinen riesigen Umweg machen wollte, war es trotz der vereinzelt aufgestellten Laternen sehr dunkel. Und ziemlich unheimlich , fand Alva.
Hinter ihr knackte es, als hätte jemand ihre Gedanken belauscht und wollte ihr nun einen Schrecken einjagen. Am liebsten wäre sie stehen geblieben, um zu hören, ob ihr jemand folgte.
Sie hätte doch das Angebot von diesem Mark annehmen sollen, sie bis in die City zu begleiten. Aber sie wollte ihn nicht ermutigen, denn er hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass sie ihm gefiel. Außerdem hätte sie dann noch mindestens eine Viertelstunde länger warten müssen und sie war zum Schluss so müde gewesen, dass ihr fast die Augen zugefallen waren, bevor Cathy sie erlöst hatte. Alva ging schneller und war froh, als sie den Park endlich hinter sich gelassen hatte. Jetzt musste sie nur noch durch ein paar Wohnstraßen gehen und die Ringstraße überqueren, die rund um die altertümliche Innenstadt führte, dann war sie praktisch schon zuhause.
An der ersten Kreuzung nach dem Park kehrte das mulmige Gefühl zurück. Tapfer widerstand sie der Versuchung, sich umzudrehen, denn sie wollte einen möglichen Verfolger nicht darauf aufmerksam machen, dass sie ihn bemerkt hatte. Sie zwang sich sogar, etwas langsamer zu gehen. Manche Täter, so hatte sie gelesen, empfanden die größte Erregung während der Verfolgungsjagd.
Plötzlich spürte sie ein Zerren am Ärmel und aus war es mit ihrer heldenhaften Disziplin. Jemand hielt sie am Kleid fest. Entsetzt versuchte sie sich zu befreien, bis das Geräusch von zerreißendem Stoff ihren rasenden Puls noch höher jagte. Nur weg! Ohne rechts oder links zu sehen rannte sie los und blieb erst wieder stehen, als sie die große Straße erreicht hatte, auf der die ersten Frühaufsteher in ihren Autos bereits zur Arbeit unterwegs waren.
Nach Luft ringend stützte sie sich an einem Laternenpfahl ab und sah sich ängstlich um. Doch außer einem Radfahrer, der aus einer ganz anderen Richtung kam, war niemand zu sehen. Erschöpft rieb sie sich über die Augen und tastete anschließend nach ihrer Schulter, um den Schaden am geliehenen Kleid zu betrachten. «Au!» Ihre Hand zuckte zurück. Und dann sah sie, dass sie genau in eine Dornenranke gefasst hatte. Unter dem zerrissenen Stoff leuchtete eine hässliche Schramme. «Mist!»
Mit dem festen Vorsatz, den Park in Zukunft zu meiden und lieber einen längeren, weniger gruseligen Heimweg zu nehmen, legte sie eilig den Rest der Strecke bis zu ihrem Haus zurück. Im Café gegenüber war bereits Licht und Alva erinnerte sich an das Schild, auf dem gestanden hatte, dass es hier täglich frische Brötchen und selbst gemachten Kuchen gab. Leider war es aber dafür noch zu früh. Der Laden würde erst um sechs Uhr öffnen. Und plötzlich fand sie, dass es eigentlich ganz schön war, wenn man um diese Zeit ins Bett gehen konnte, anstatt hinter der Ladentheke stehen und wortkarge Frühaufsteher bedienen zu müssen. Auf Strümpfen, die Schuhe in der Hand, lief sie die Treppe zur Wohnung hinauf und drehte den Schlüssel leise im Schloss herum.
Innen angekommen atmete sie erleichtert auf. Alles war dunkel. Offenbar hatte sie Glück und ihre Mitbewohner lagen entweder bereits in ihren Betten oder waren noch gar nicht nach Hause gekommen.
Kapitel 4
Jeder Vampir, ob nun geborener Dunkelelf oder einfach nur von einem anderen Jäger der Nacht in einem komplizierten Ritual dazu erschaffen, hatte sich
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