Das Feenorakel
und auch Sex betrafen.
Die Nacht war mild und nicht nur einmal nahm er die eindeutigen Zeichen körperlicher Vereinigung wahr. An Unterhaltung fehlte es ihm also nicht. Dennoch war er froh, als er Alva endlich aus dem Personaleingang kommen sah. Mit einem eleganten Sprung, der jedem Menschen alle Knochen im Leib gebrochen hätte, verließ er seinen Aussichtsposten in gut vierzig Metern Höhe und folgte ihr.
Während sie den kleinen Park durchquerte, beschleunigte sich ihr Puls, als ahnte sie, dass ihr jemand folgte. Dennoch sah sie sich nicht um, und er beglückwünschte sie erneut zu ihren guten Instinkten. Zwei Straßen weiter fragte er sich allerdings, warum sie auf einmal in Panik geriet. Julen öffnete all seine Sinne, doch von nirgendwoher drohte Gefahr. Dass sie seine Nähe wahrnehmen konnte, war vollkommen ausgeschlossen. Nicht einmal die besten seiner Art konnten ihn spüren, wenn er es darauf anlegte, unbemerkt zu bleiben. Und genau dies tat er im Augenblick.
Beinahe hätte er sich durch sein Lachen verraten, als er sah, was ihre Angst ausgelöst hatte: Eine Brombeerranke hatte sich in ihrem Ärmel verfangen! Sie tat ihm ein bisschen leid. Andererseits hoffte er, dass diese Erfahrung ihren Leichtsinn in Zukunft dämpfen würde.
Ohne weitere Zwischenfälle erreichten sie schließlich ihre Wohnung. Und während er seinen Beobachtungsposten im Baum einnahm, machte sie sich bettfertig und zog wenig später das dünne Laken nachlässig über ihren Körper.
Erstaunlich schnell schien sie eingeschlafen zu sein und Julen, dem nicht mehr viel Zeit bis zum Sonnenaufgang blieb, sprang auf den Balkon. Die Tür zu öffnen war für ihn kein Problem, die meisten seiner Art hätten damit keinerlei Schwierigkeiten gehabt. Doch als er vor ihr stand, wünschte er sich, dass dem nicht so wäre. Verführerisch und gleichzeitig hinreißend ahnungslos lag sie da. Er hätte alles mit ihr tun können und seine Fantasie machte ihm verlockende Vorschläge. Doch er hörte auf die leise Stimme in seinem Inneren, die ihn schon so manches Mal vor Fehlentscheidungen bewahrt hatte ... bis er den Kratzer auf ihrer bloßen Schulter entdeckte. Obwohl die harmlose Verletzung bereits verheilte, brachte sie sein Blut in Wallung. Julen beugte sich hinab und küsste die zarte Haut, deren Beschädigung er nicht hatte verhindern können. Ohne nachzudenken heilte er sie mit einem Zungenschlag. Erst als nichts mehr von dem Kratzer zu sehen war, wurde ihm bewusst, dass dies kein besonders geschickter Schachzug gewesen war, denn Alva würde sich zweifellos über diese Wunderheilung Gedanken machen, sobald sie sie bemerkte. Julen schob es auf seine Abenteuerlust, dass er es geradezu darauf anzulegen schien, auf sich aufmerksam zu machen.
Der kleine Plüschhase lugte aus seiner Tasche und sah mit blanken Knopfaugen zu, wie der Vengador ein säuberlich gefaltetes Taschentuch auf ihr Kopfkissen legte.
Ich muss verrückt geworden sein! , dachte Julen, als er aufbrach, um den Tag im Schutz seines vorläufigen Zuhauses zu verbringen.
Das Fernsehprogramm langweilte ihn schnell und er wünschte sich die Bibliothek seiner Pariser Wohnung hierher. Dorthin zu reisen wagte er nicht, denn damit wäre jede Chance vertan, im Notfall sofort bei Alva zu sein. Es hätte zu lange gedauert, durch die Zwischenwelt zu ihr zu gelangen. Ganz zu schweigen davon, dass es ihn zu viel Energie gekostet hätte. Energie, die er womöglich dringender brauchen würde, um sie zu schützen.
Nicht einmal einen Internetanschluss besaß dieses Studentenzimmer, das er für einen horrenden Preis angemietet hatte. Aber es war wenigstens in Alvas Nähe und der Vermieter hatte versprochen, die Leitung so schnell wie möglich freizuschalten.
Irgendwann schloss er aus Langeweile die Augen, um ein wenig zu dösen. Da kam der Traum.
Alva . Er betrachtete ihren herrlichen Körper und versuchte, sich jeden Zentimeter davon genau einzuprägen.
«Störe ich?»
Was tust du hier?
«Ich ...», ihre Wangen glühten, verwundert sah sie sich um. «Wo bin ich?»
Sie hat keine Ahnung! Das einzig Richtige wäre jetzt, sie in die Sicherheit ihres eigenen Zimmers zurückzuschicken. Er hatte nicht geglaubt, dass es funktionieren würde. Doch offenbar wohnte in Alva eine größere Leidenschaft, als Julen vermutet hatte, und das Taschentuch hatte ausgereicht, um sie Kraft ihrer Träume zu ihm zu locken.
Es war nicht richtig, was er hier tat. Ich darf sie nicht anrühren! Kieran würde seinen Kopf
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