Das Feenorakel
ist es dir peinlich, dass ich dort arbeite, wo du feiern gehst.»
Er packte ihre Oberarme, als wollte er sie schütteln. «Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, worauf du dich da einlässt?»
Erschrocken wollte sie zurückweichen, aber er hielt sie auf eine Weise fest, dass es schmerzte. «Au! Du tust mir weh, lass mich los!» Vergeblich versuchte Alva, sich aus seinem Griff zu befreien.
«Ich rate dir zu tun, was sie sagt!»
Sie hätte seine Stimme überall wiedererkannt. Und trotzdem glaubte sie, ihren Augen nicht trauen zu können, als Julen auf einmal leibhaftig neben ihr stand. Tom ließ sie los und Alva verlor das Gleichgewicht.
Bestimmt wäre sie hingefallen, wenn Julen sie nicht festgehalten hätte. Das glaube ich nicht. Er ist echt! Mein Traummann ist kein Geist. Ihr wurde eiskalt und schwindelig. Unwillkürlich lehnte sie sich an das Einzige, was Halt versprach: Julens Körper. Dass sie dabei weiche Knie bekam, hatte nichts mehr mit dem Schreck zu tun, den sein plötzliches Auftauchen verursacht hatte.
Tom beobachtete ihre Reaktion aus zusammengekniffenen Augen. «Wer ist der Typ?»
«Das geht dich überhaupt nichts an!»
Er hörte ihr nicht zu. «Und wegen dir habe ich meine Freundin verlassen.»
Nun wurde sie wütend. «Das sah für mich aber anders aus. Du hast uns beide in eine unmögliche Situation gebracht, warum hast du mir nicht gesagt, dass sie uns beinahe in flagranti erwischt hätte? Ich bin ihr im Hausflur begegnet!» In ihrer Empörung war sie zwei Schritte auf ihn zugegangen. «Ganz ehrlich? Man kann es ihr nicht verdenken, dass sie von deinen Spielchen die Nase voll hat.»
«Halt den Mund!» Für den Bruchteil einer Sekunde sah es so aus, als wollte er sie schlagen. Doch er hatte noch nicht einmal die Hand gehoben, als Julen ihm schon einen Arm auf den Rücken drehte. «Jeder kann sehen, dass du zu viel getrunken hast.»
Passanten waren stehen geblieben, um herauszufinden, was da vor sich ging. Es war klar, dass Julen so laut gesprochen hatte, um sie zum Weitergehen zu bewegen. Zu Alvas Erleichterung funktionierte es und niemand nahm mehr von ihnen Notiz.
«Geh jetzt!», sagte er in eindringlichem Ton.
Erstaunlicherweise fügte sich Tom. Nachdem Julen ihn losgelassen hatte, trottete er mit gesenktem Kopf davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
Nervös blickte sie auf die Uhr. Pünktlich würde sie nach diesem peinlichen Zwischenfall nicht mehr sein. Alva hatte zahllose Fragen an Julen. Doch das musste warten, der Job ging vor. Sie stammelte einen Dank. «Ich muss jetzt aber ...», mit dem Kinn zeigte sie in Richtung des Clubs.
Julen zwinkerte ihr zu. «Dann haben wir den gleichen Weg.»
Während sie sich bemühte, mit ihm Schritt zu halten, fühlte sie sich einerseits klein und unsicher, aber eine bisher unbekannte Person in ihrem Inneren hob stolz den Kopf und genoss jede Sekunde. Am Personaleingang wollte sie sich nach ihm umdrehen, um sich zu bedanken. Ob ich ihn um ein Wiedersehen bitten kann? Doch noch während sie dies dachte, schalt sie sich eine Idiotin. Ich sollte rennen, ganz weit wegrennen! Wie kann ich hoffen, ihn wiederzusehen? Traummann oder nicht, er ist in mein Schlafzimmer eingebrochen!
Irgendwie war es ihm gelungen, sich an ihr vorbeizuschlängeln. Mit einer eleganten Verbeugung öffnete er die Tür für Alva. Von innen fiel ausreichend Licht auf ihn, um ihr einen guten Blick auf sein Gesicht zu erlauben.
Ich werde ihn fragen! , begehrte die Stimme der Unvernunft in ihr auf. Niemals zuvor war sie einem attraktiveren Mann ähnlich nahe gekommen. Sein Lächeln machte sie schwindelig.
Bevor sie etwas sagen konnte, erschien Cathy. «Du bist spät.» Doch dann wurden die Augen in ihrem schmalen Gesicht riesengroß. Hastig trat sie beiseite, um Alva vorbeizulassen, aber sie starrte dabei Julen an.
Er schien ihr eigenartiges Verhalten nicht zu bemerken, sondern beugte sich zu Alva herab. «Ich sehe dich später!» Damit gab er ihr einen kleinen Schubs.
Gerade noch rechtzeitig erreichte sie ihren Platz in der Garderobe. Zum Glück war es nicht notwendig gewesen, sich umzuziehen, denn in weiser Voraussicht hatte sie ihre neue Arbeitskleidung bereits angezogen. Der nette Türsteher drohte ihr scherzhaft mit dem Finger und öffnete wenig später den Eingang, vor dem sich bereits eine lange Schlange Wartender gebildet hatte.
Heute bekam Alva mehr zu tun, denn es hatte zu regnen begonnen und viele Gäste gaben ihre Jacken oder Mäntel sowie zahllose tropfnasse
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