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Das fehlende Glied in der Kette

Das fehlende Glied in der Kette

Titel: Das fehlende Glied in der Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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er einen leisen Schrei des Erstaunens aus.
    «Die Pinzette, Hastings!»
    Ich gab sie ihm rasch und geschickt fischte er ein kleines Stück halb verkohltes Papier heraus.
    «Na bitte, mon ami. Was sagen Sie nun?»
    Ich betrachtete den Papierfetzen.
    Dies hier ist die exakte Wiedergabe: ment
    Ich war verwirrt. Das Papier war ungewöhnlich dick, es war kein gewöhnliches Notizpapier. Plötzlich hatte ich eine Idee.
    «Poirot!», rief ich. «Das ist ein Teil eines Testaments!»
    «Sehr richtig.»
    Ich sah ihn scharf an. «Sie sind nicht überrascht?»
    «Nein», sagte er ernst. «Ich habe das erwartet.»
    Ich gab ihm das Stückchen Papier zurück und sah zu, wie er es mit der ihm eigenen Sorgfalt in seine Tasche steckte. In meinem Kopf drehte sich alles. Was bedeutete diese Komplikation mit dem Testament? Wer hatte es verbrannt? Die Person, die auch die Wachsflecke auf den Boden gemacht hatte? Offensichtlich. Aber wie war sie hereingekommen? Alle Türen waren doch von innen verriegelt gewesen.
    «Und jetzt, mein Freund», sagte Poirot energisch, «werden wir gehen. Ich möchte dem Stubenmädchen ein paar Fragen stellen – sie heißt Dorcas, nicht wahr?»
    Wir betraten Alfred Inglethorps Zimmer, und Poirot ließ sich Zeit für eine ziemlich eingehende Untersuchung. Nachdem wir beide Türen wieder sorgfältig verschlossen hatten, führte ich ihn hinunter in das Boudoir, das er unbedingt sehen wollte, und machte mich dann auf die Suche nach Dorcas.
    Als ich mit ihr zurückkam, war das Boudoir jedoch leer.
    «Poirot!», rief ich. «Wo sind Sie?»
    «Ich bin hier, mein Freund.»
    Er war durch die Terrassentür nach draußen gegangen und schien ganz versunken in die Bewunderung verschieden geformter Blumenbeete.
    «Bewundernswert!», murmelte er. «Bewundernswert! Was für eine Symmetrie! Sehen Sie nur diesen Halbmond, diese Rauten – solche vollkommenen Formen erfreuen das Auge. Auch die Anordnung der Pflanzen – einfach vollkommen. Das wurde erst vor kurzem angelegt, nicht wahr?»
    «Ja, ich glaube, erst gestern Nachmittag. Aber kommen Sie doch herein – Dorcas ist da.»
    «Eh bien, eh bien! Gönnen Sie meinen Augen einen Moment der Vollkommenheit.»
    «Schon, aber diese Angelegenheit ist wichtiger.»
    «Und woher wollen Sie wissen, dass diese Begonien nicht genauso wichtig sind?»
    Ich zuckte mit den Achseln. Wenn er solche Argumente anführte, lohnte es sich nicht zu widersprechen.
    «Sie sind nicht meiner Meinung? Aber die Möglichkeit besteht. Na gut, ich komme jetzt herein und stelle der guten Dorcas ein paar Fragen.»
    Dorcas stand mit gefalteten Händen im Boudoir, die steifen grauen Locken unter der weißen Haube ordentlich frisiert. Sie sah aus wie der Inbegriff eines pflichtbewussten Dienstmädchens von anno dazumal.
    Zunächst benahm sie sich Poirot gegenüber ziemlich misstrauisch, aber das hielt nicht lange an. Er rückte ihr einen Sessel zurecht.
    «Bitte setzen Sie sich, Mademoiselle.»
    «Danke schön, Sir.»
    «Sie sind schon viele Jahre bei Mrs. Inglethorp, nicht wahr?»
    «Zehn Jahre.»
    «Das ist eine lange Zeit. Sie waren Mrs. Inglethorp sehr zugetan, nicht wahr?»
    «Sie war immer sehr gut zu mir.»
    «Dann haben Sie sicherlich nichts dagegen, mir ein paar Fragen zu beantworten. Mr. Cavendish hat mir dazu seine Erlaubnis gegeben.»
    «Gern.»
    «Dann möchte ich Sie als Erstes nach den Ereignissen von gestern Nachmittag befragen. Mrs. Inglethorp hatte sich gestritten?»
    «Ja. Aber ich glaube, es wäre nicht richtig, wenn ich…» Dorcas hielt inne.
    Poirot sah sie scharf an.
    «Meine gute Dorcas, es ist absolut notwendig, dass ich jede Einzelheit dieses Streits erfahre. Haben Sie keine Angst, dass Sie Geheimnisse Ihrer Herrin verraten. Ihre Herrin ist tot und es ist wichtig, dass wir alles erfahren – um ihren Tod zu rächen. Nichts kann sie wieder lebendig machen, aber falls sie ermordet wurde, können wir wenigstens dafür sorgen, dass der Mörder bestraft wird.»
    «Amen», stieß Dorcas hervor. «Ich will ja keine Namen nennen, aber es gibt in diesem Haus einen, den niemand ausstehen kann. Es war ein Unglückstag, als er zum ersten Mal den Fuß über diese Schwelle setzte.»
    Poirot wartete, bis sich ihre Entrüstung etwas gelegt hatte, und fuhr dann in geschäftsmäßigem Ton fort: «Zurück zu diesem Streit. Wann haben Sie zuerst davon gehört?»
    «Na ja, ich ging gestern gerade zufällig durch die Halle, als –»
    «Um wieviel Uhr war das?»
    «Das kann ich nicht genau sagen, aber bis zum

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