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Das fehlende Glied in der Kette

Das fehlende Glied in der Kette

Titel: Das fehlende Glied in der Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nein!» Miss Howard fuchtelte wild mit den Händen. «Sagen Sie ihn nicht! Bitte! Das stimmt nicht! Es kann nicht wahr sein. Ich weiß nicht, was mir solch einen verrückten – solch einen schrecklichen Gedanken in den Kopf gesetzt hat!»
    «Ich habe Recht, nicht wahr?», fragte Poirot.
    «Ja, ja. Sie müssen ja ein Zauberer sein, dass Sie das erraten konnten. Aber es kann unmöglich sein. Es muss Alfred Inglethorp gewesen sein.»
    Poirot schüttelte ernst den Kopf.
    «Fragen Sie mich nicht danach», fuhr Miss Howard fort, «weil ich es Ihnen nicht sagen werde. Ich gebe es ja nicht mal mir selbst gegenüber zu. Ich muss verrückt sein, dass ich so etwas denken konnte.»
    Poirot nickte zufrieden.
    «Ich werde Sie nicht fragen. Es genügt mir, dass es so ist, wie ich mir dachte. Auch ich besitze Instinkt. Wir arbeiten auf das gleiche Ziel hin.»
    «Bitten Sie mich nicht um Hilfe, weil ich es abschlagen werde. Ich würde keinen Finger rühren, um – um –» Ihre Stimme erstarb.
    «Sie werden mir trotzdem helfen. Ich stelle Ihnen keine Frage – aber Sie werden meine Verbündete sein. Sie können mir das nicht abschlagen. Sie werden das tun, was ich als Einziges von Ihnen verlange.»
    «Und das wäre?»
    «Sie sollen aufpassen!»
    Evelyn Howard neigte den Kopf.
    «Ja, das kann ich nicht abschlagen. Ich passe immer auf – ich hoffe ständig, dass ich nicht Recht habe.»
    «Wenn wir uns irren, dann ist es auch gut», sagte Poirot. «Keiner würde sich darüber mehr freuen als ich. Aber wenn wir uns nicht irren? Wenn wir Recht behalten, auf wessen Seite stehen Sie dann, Miss Howard?»
    «Ich weiß nicht, ich weiß nicht…»
    «Sagen Sie schon!»
    «Man könnte doch Gras drüber wachsen lassen.»
    «Das darf nicht geschehen.»
    «Aber Emily selbst –» Sie brach ab.
    «Miss Howard», sagte Poirot streng. «Das ist Ihrer unwürdig.»
    Plötzlich nahm sie die Hände von ihrem Gesicht.
    «Ja», sagte sie leise, «das war nicht Evelyn Howard, die da sprach!» Sie warf stolz den Kopf hoch. «Das ist Evelyn Howard. Und die steht auf der Seite der Gerechtigkeit! Koste es, was es wolle.» Und mit diesen Worten verließ sie entschlossen das Zimmer.
    «Da geht eine sehr wertvolle Verbündete», sagte Poirot und schaute ihr nach. «Diese Frau, Hastings, hat sowohl Hirn als auch Herz.»
    Ich schwieg.
    «Instinkt ist eine wundervolle Sache», sinnierte Poirot. «Man kann ihn weder erklären noch ignorieren.»
    «Sie und Miss Howard scheinen ja zu wissen, wovon Sie reden», bemerkte ich kühl. «Vielleicht haben Sie übersehen, dass ich immer noch nichts weiß.»
    «Wirklich? Stimmt das, mon ami?»
    «Ja. Erklären Sie mir, was los ist, ja?»
    Poirot musterte mich aufmerksam. Dann schüttelte er zu meiner Überraschung entschieden den Kopf.
    «Nein, mein Freund.»
    «Na, hören Sie mal, warum denn nicht?»
    «Zwei sind genug für ein Geheimnis.»
    «Ich finde es ausgesprochen unfair, mir Tatsachen vorzuenthalten.»
    «Ich enthalte Ihnen nichts vor. Alle mir bekannten Tatsachen sind auch Ihnen bekannt. Sie können daraus Ihre Schlüsse ziehen. Diesmal ist es eher eine Frage von Inspiration.»
    «Ich würde es trotzdem gern erfahren.»
    Poirot sah mich ernst an und schüttelte wieder den Kopf.
    «Sehen Sie», sagte er traurig, «Sie haben leider keinen Instinkt.»
    «Vorhin hatten Sie noch Intelligenz gefordert», erinnerte ich ihn.
    «Die zwei arbeiten oft Hand in Hand», sagte Poirot vieldeutig.
    Diese Bemerkung erschien mir so völlig irrelevant, dass ich mir nicht mal die Mühe einer Antwort machte. Aber ich beschloss bei mir, falls ich irgendwelche interessanten und wichtigen Entdeckungen machte, sie für mich zu behalten und Poirot dann mit dem endgültigen Ergebnis zu überraschen.
    Es gibt Zeiten, da muss man seinen eigenen Weg gehen.

Neuntes Kapitel

Dr. Bauerstein
     
    I ch hatte bislang keine Gelegenheit gehabt, Lawrence Poirots Botschaft zu überbringen. Aber als ich jetzt verärgert über die Selbstherrlichkeit meines Freundes draußen über den Rasen schlenderte, sah ich, wie Lawrence auf dem Krocketplatz ziellos ein paar alte Bälle mit einem noch älteren Schläger über den Rasen schlug.
    Ich fand die Gelegenheit günstig, die Botschaft auszurichten. Sonst würde Poirot am Ende die Angelegenheit noch selbst in die Hand nehmen. Ich begriff zwar immer noch nicht, was das Ganze sollte, aber ich bildete mir ein, dass ich durch Lawrence’ Antwort und vielleicht noch ein kleines Kreuzverhör meinerseits bald dahinter

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