Das fehlende Glied in der Kette
ihm die Neuigkeiten mitteilte, stieß er einen lauten Pfiff aus.
«Sapperlot! Du hattest also Recht! Ich konnte es einfach nicht glauben.»
«Nein, es ist auch unglaublich; man muss sich erst an die Vorstellung gewöhnen und erkennen, wie alles zueinander passt. Was sollen wir jetzt tun? Natürlich wird es morgen überall bekannt sein.»
John überlegte.
«Ganz egal», sagte er schließlich, «momentan werden wir noch nichts sagen. Das ist nicht notwendig. Wie du schon sagtest, es wird ohnehin früh genug bekannt werden.»
Aber als ich am nächsten Morgen früh hinunterkam, wurde die Verhaftung in den Zeitungen mit keiner Silbe erwähnt! Es gab eine Spalte mit lauter Wiederholungen über den «Giftmord in Styles», aber nichts sonst. Das war ziemlich rätselhaft, doch ich vermutete, dass Japp aus irgend einem Grund die Sache aus den Zeitungen heraushalten wollte. Das machte mir einiges Kopfzerbrechen, denn daraus konnte man schließen, dass es noch zu weiteren Verhaftungen kommen würde.
Nach dem Frühstück beschloss ich ins Dorf zu gehen und nachzusehen, ob Poirot schon wieder zurück war, aber da erschien auf einmal ein wohl bekanntes Gesicht vor einem der Fenster und eine wohl bekannte Stimme sagte:
«Bonjour, mon ami!»
«Poirot!», rief ich erleichtert aus, ergriff seine beiden Hände und zog ihn ins Zimmer. «Noch nie habe ich mich so über den Anblick von jemandem gefreut. Ich habe zu niemandem etwas gesagt außer zu John, war das richtig?»
«Mein Freund», erwiderte Poirot, «ich weiß nicht, wovon Sie reden.»
«Von Bauersteins Verhaftung, das ist doch klar.»
«Wurde Bauerstein also verhaftet?»
«Wussten Sie das nicht?»
«Ich hatte nicht die geringste Ahnung.» Aber dann fügte er hinzu: «Obwohl es mich nicht überrascht. Schließlich sind wir hier nur vier Meilen von der Küste entfernt.»
«Die Küste?», fragte ich verwirrt. «Was hat die denn damit zu tun?»
Poirot zuckte die Achseln. «Das ist doch wohl sonnenklar!»
«Mir nicht. Zweifellos bin ich sehr dumm, aber ich verstehe nicht, was die Nähe der Küste mit dem Mord an Mrs. Inglethorp zu tun haben soll.»
«Natürlich nichts», erwiderte Poirot lächelnd. «Aber wir sprachen doch gerade von der Verhaftung Dr. Bauersteins.»
«Aber wenn er nicht wegen des Mordes an Mrs. Inglethorp verhaftet wurde…»
«Was?», rief Poirot erstaunt aus. «Dr. Bauerstein wurde wegen des Mordes an Mrs. Inglethorp verhaftet?»
«Ja.»
«Unmöglich! Das wäre doch absolut lächerlich! Wer hat Ihnen das erzählt, mein Freund?»
«Das hat mir niemand so erzählt», gestand ich. «Aber er wurde verhaftet.»
«Oh ja, höchstwahrscheinlich. Aber wegen Spionage, mon ami.»
«Spionage?» Das verschlug mir den Atem.
«Ganz recht.»
«Nicht wegen des Mordes an Mrs. Inglethorp?»
«Nur wenn unser Freund Japp völlig verrückt geworden ist», erwiderte Poirot gelassen.
«Aber ich glaubte, Sie hätten das auch gedacht?»
Poirot sah mich mitleidig an, als sei er überrascht, wie ich auf eine so gänzlich absurde Idee gekommen sein konnte.
«Wollen Sie damit sagen», langsam gewöhnte ich mich an diese völlig neue Vorstellung, «dass Dr. Bauerstein ein Spion ist?»
Poirot nickte.
«Haben Sie denn niemals Verdacht geschöpft?»
«Das ist mir nie in den Kopf gekommen.»
«Sie fanden es nicht seltsam, dass ein berühmter Londoner Arzt sich in so einem kleinen Dorf vergraben hatte und die Gewohnheit hatte, zu den merkwürdigsten Nachtstunden herumzuspazieren?»
«Nein», gestand ich, «darüber habe ich nie nachgedacht.»
«Er ist deutscher Abstammung», meinte Poirot nachdenklich. «Er praktiziert aber schon so lange hier in diesem Land, dass alle ihn für einen Engländer halten. Vor fünfzehn Jahren wurde er englischer Staatsbürger. Ein sehr kluger Mann – natürlich ein Jude.»
«So ein Schurke!», rief ich empört aus.
«Aber nein. Ganz im Gegenteil – er ist ein Patriot. Denken Sie doch nur, was er nun verlieren wird. Ich bewundere diesen Mann.»
Aber ich konnte die Dinge nicht mit demselben Gleichmut betrachten wie Poirot.
«Und mit diesem Mann ist Mrs. Cavendish überall herumgewandert!», rief ich empört.
«Ja. Er wird sie wohl sehr nützlich gefunden haben», bemerkte Poirot. «Solange der Klatsch ihre beiden Namen zusammenbrachte, blieben alle anderen Aktivitäten des Doktors unbemerkt.»
«Dann glauben Sie, dass er niemals etwas für sie empfunden hat?», fragte ich eifrig – unter den gegebenen Umständen vermutlich etwas
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