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Das fehlende Glied in der Kette

Das fehlende Glied in der Kette

Titel: Das fehlende Glied in der Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gewesen.»
    «Ja, aber nicht unmöglich.»
    «Und woher hätte er wissen sollen, dass der Kaffee für sie bestimmt war? Nein, alter Junge, ich glaube kaum, dass es so gewesen sein kann.»
    Aber mir war noch etwas eingefallen.
    «Du hast ganz Recht. So ist das auch nicht passiert. Hör mal zu.» Und dann erzählte ich ihm von der Kakaoprobe, die Poirot zur Analyse weggebracht hatte.
    John bracht den gleichen Einwand vor wie ich bei Poirot.
    «Aber hör mal, Dr. Bauerstein hat das doch schon selber analysiert!»
    «Ja, genau das ist der Punkt. Ich habe es auch erst jetzt durchschaut. Verstehst du denn nicht? Bauerstein ließ die Probe analysieren – genau das ist es! Falls Bauerstein der Täter ist, wäre es für ihn ein Leichtes gewesen, den Kakao durch eine eigene Probe zu ersetzen und zur Untersuchung wegzuschicken. Und natürlich finden sie dann kein Strychnin darin. Aber niemand würde auch nur im Traum Dr. Bauerstein verdächtigen oder sich eine andere Probe besorgen – außer Poirot», fügte ich mit verspäteter Anerkennung hinzu.
    «Ja, aber was ist mit dem bitteren Geschmack, den der Kakao nicht verdecken kann?»
    «Na ja, dazu gibt es bislang ja nur seine Aussage. Und es gibt ja noch andere Möglichkeiten. Er ist zugegebenermaßen einer der bedeutendsten Toxikologen…»
    «Einer der bedeutendsten – was? Sag das doch noch einmal.»
    «Er weiß mehr über Gifte als irgendwer sonst», erklärte ich. «Also mein Einfall war, dass er etwas entdeckt hat, wodurch man Strychnin geschmacklos machen kann. Oder es war in Wahrheit gar kein Strychnin, sondern irgendeine unbekannte Droge, von der wir noch nie gehört haben, die aber ganz ähnliche Symptome hervorruft.»
    «Hm, ja, das wäre möglich», sagte John. «Aber wie sollte er an den Kakao herangekommen sein? Der stand doch nicht unten.»
    «Nein, stimmt», sagte ich zögernd.
    Und dann tauchte urplötzlich eine schreckliche Möglichkeit in meinen Gedanken auf. Ich hoffte und betete, dass John das nicht auch einfallen würde. Ich sah ihn von der Seite an. Er runzelte ratlos die Stirn, und ich atmete erleichtert auf, denn mein schrecklicher Gedanke war folgender gewesen: dass Dr. Bauerstein eine Komplizin gehabt haben könnte.
    Aber das war doch unmöglich! Bestimmt war eine so schöne Frau wie Mrs. Cavendish keine Mörderin. Aber es hatte auch schon schöne Giftmörderinnen gegeben.
    Und plötzlich erinnerte ich mich wieder an unsere erste Unterhaltung beim Tee am Tag meiner Ankunft und an das Funkeln in ihren Augen, als sie behauptet hatte, Gift sei die Waffe einer Frau. Sie war an dem tragischen Dienstag höchst erregt gewesen! Hatte Mrs. Inglethorp herausgefunden, dass Marys Freundschaft zu Dr. Bauerstein nicht harmlos war und gedroht, es John zu erzählen? War das Motiv für das Verbrechen gewesen, genau das zu verhindern?
    Dann fiel mir wieder diese rätselhafte Unterhaltung zwischen Poirot und Evelyn Howard ein. Hatten sie das gemeint? War es diese abscheuliche Möglichkeit gewesen, die Miss Howard so weit von sich gewiesen hatte?
    Ja, das passte alles zusammen.
    Kein Wunder, dass Miss Howard vorgeschlagen hatte, wir sollten alles unter den Teppich kehren. Jetzt begriff ich ihren unvollendeten Satz: «Emily selbst…» Tief in meinem Herzen war ich auch ihrer Meinung. Wäre Mrs. Inglethorp nicht lieber ungerächt geblieben als solche fürchterliche Schande auf den Namen der Familie Cavendish zu laden?
    «Da gibt es noch etwas anderes», sagte John mit einem Mal, und der unerwartete Klang seiner Stimme ließ mich schuldbewusst zusammenzucken. «Etwas, weshalb ich bezweifele, was du gesagt hast.»
    «Was denn?» Ich war dankbar, dass er die Frage, wie das Gift in den Kakao gelangt sein könnte, erst einmal ad acta gelegt hatte.
    «Na, dass Bauerstein eine Autopsie verlangte. Das hätte er ja nicht tun müssen. Der kleine Wilkins hätte sich mit der Diagnose Herzschlag ganz zufrieden gegeben.»
    «Ja.» Ich bezweifelte das. «Aber das wissen wir nicht. Vielleicht fand er es so letzten Endes sicherer. Jemand hätte später schwatzen können. Dann hätte die Polizei die Exhumierung angeordnet, und alles wäre herausgekommen, und er hätte ziemlich dumm dagestanden, denn niemand hätte ihm geglaubt, dass ein Mann von seinem Ruf sich von einem scheinbaren Herzanfall täuschen ließ.»
    «Tja, das wäre möglich», gab John zu. «Aber ich habe nicht die leiseste Ahnung, was er für ein Motiv gehabt haben könnte.» Ich zitterte.
    «Hör mal», sagte ich,

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