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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornell Woolrich
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Archer ist überhaupt
nicht mit ihm verwandt .«
    »Ich weiß, aber wenn er rauskriegt, daß...«
Sie blickte hinter sich ins Dunkel, fast, als fürchte sie, Archer wäre ihnen
hierher gefolgt. »Warum er sich wohl so dagegen gesträubt hat...«
    Westcott warf ihr einen Blick zu, der
zu bedeuten schien: »Das frag ich mich auch«, sagte aber nichts.
    »Wird es sehr lange dauern ?« fragte sie mit zitternder Stimme, während sie dem
Nachtwächter zu einem kleinen Friedhofswärterhäuschen direkt hinter dem Eingang
folgten.
    »Sie sind schon seit einer halben
Stunde dran. Ich hab sie angerufen, sobald die Genehmigung durch war, wollte
Zeit sparen. Sie müßten jetzt schon fast soweit sein .«
    Ab und zu rückte sie etwas von seinem
Arm ab, den er beschützend um sie gelegt hatte. »Sie brauchen nicht
hinzusehen«, beruhigte er sie. »Ich weiß, es wirkt doppelt schlimm, wenn man im
Dunkeln hierherkommt, nachdem der Friedhof schon geschlossen ist, aber ich
dachte mir, so ziehen wir wenigstens keine Aufmerksamkeit auf uns und haben
keine lästigen Zuschauer. Sehen Sie es doch einfach so: Mit einem Teil des
Geldes können Sie ihm zum Ausgleich eine stilvolle Gedenkstätte bauen lassen,
wenn Sie wollen. Jetzt setzen Sie sich hier in das Kabäuschen und versuchen,
nicht so viel darüber nachzudenken. Ich komme wieder, sobald es — erledigt ist .«
    Im trüben Licht des Wärterhäuschens sah
er ihr mattes Lächeln, als sie ihm erwiderte: »Sehen Sie zu, daß er... danach
wieder ordentlich hineingelegt wird .« Sie versuchte,
tapfer zu sein, aber was sie hier taten, wäre wohl für jede Frau eine
schreckliche Erfahrung gewesen.
    Westcott folgte dem Nachtwächter den
gekiesten Hauptweg entlang, der das Gelände in zwei Hälften aufzuteilen schien.
Der Lichtkegel seiner Lampe glitt vor ihnen über den Boden. An einer bestimmten
Abzweigung bogen sie in einen kleinen Seitenweg ein und gingen hintereinander
weiter, bis sie auf eine unheimlich wirkende Gruppe regloser Gestalten trafen,
die im Licht mehrerer am Boden abgestellter Laternen auf sie warteten.
    Sie hatten das Grab in eine offene
Grube verwandelt, die von aufgeschütteten Hügeln ausgehobenen Erdreichs umsäumt
war. Einen verdorrten Kranz, der oben auf dem Grab gelegen hatte, hatten sie
beiseite geworfen. Mead war erst kürzlich gestorben, deshalb war noch kein
Grabstein oder Kreuz aufgestellt.
    Sie hatten den Sarg bereits
herausgehievt, und er lag jetzt auf dem Hügel ausgegrabener Erde und wartete
gleichsam auf Westcott. Die Arbeiter standen, auf ihre Schaufeln gestützt,
völlig unbekümmert daneben.
    »Sie können anfangen«, sagte Westcott
kurz. »Hier ist die Genehmigung .« Sie setzten an
mehreren Stellen ein Stemmeisen an, klopften es ein wenig in den Spalt zwischen
Sarg und Deckel und sprengten den Deckel los. Dann brachen sie den Sarg mit
einem Brecheisen auf. Genauso, wie man eine x-beliebige Kiste öffnet. Aber das
gequälte Kreischen und Quietschen der Nägel war grauenhaft. Während sie
arbeiteten, ging Westcott im Hintergrund nervös auf und ab. Er war jetzt
heilfroh, daß er so vernünftig gewesen war, Mrs. Archer am Friedhofseingang
zurückzulassen. Dies war kein Ort für Frauen.
    Endlich hörte der Krach auf, und er
wußte, daß sie jetzt so weit waren. Einer der Arbeiter meinte reichlich
geschmacklos: »Na, denn greifen Sie mal zu, Mister .«
    Westcott nahm einen Zug aus der
Zigarette, verzog dabei das Gesicht, als sei ihm der Geschmack zuwider, und
warf sie fort. Er ging hinüber und kauerte sich neben den offenen Sarg. Jemand
richtete den Lichtkegel hilfreich auf das, was direkt vor ihm lag. »Können Sie
so sehen ?«
    Unwillkürlich wandte Westcott den Blick
ab, schaute dann aber sofort wieder hin. »Mehr, als mir lieb ist. Nicht aufs
Gesicht, bitte. Mich interessieren nur die Taschen .«
    Gehorsam schwenkte der Lichtschein nach
unten, was den gruseligen Eindruck erweckte, der Sarginhalt würde sich bewegen.
Wortlos reichte ihm der Nachtwächter von hinten ein Paar Gummihandschuhe.
Westcott zog sie sich an. Das leise, quatschende Geräusch, das er dabei
erzeugte, war in der Totenstille, die über der Gruppe lag, deutlich zu
vernehmen.
    Es dauerte nicht lange. Er griff in den
Sarg, knöpfte das Jackett auf und zog es auseinander. Die Männer, die um ihn
herum standen, traten einen Schritt zurück. Ohne Zögern tastete er nach der
Westentasche oben links. Falls ihn das Überwindung kostete, zeigte er es
jedenfalls nicht. Zwei Finger verschwanden im

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