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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornell Woolrich
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zurück, bis er schließlich mit dem
Hinterkopf gegen den Spiegel des Medizinschränkchens knallte.
    Mrs.Archers Verhalten gegenüber dem
Mann, der ihr soeben das Leben gerettet hatte, war typisch weiblich.
»Unterstehen Sie sich, hier reinzukommen! Sehen Sie nicht, daß ich nichts
anhabe ?« Sie wickelte sich, zusätzlich zu dem
Handtuch, den Duschvorhang um den Körper.
    »Bitte vielmals um Entschuldigung,
gnädige Frau«, antwortete er besänftigend und wandte den Blick ritterlich von
ihr ab. »Aber es mußte sein. Sonst wären Sie jetzt tot .«
    Mit einem häßlichen Klicken schnappten
die Handschellen um Archers Handgelenk zu, dann um sein eigenes. Er ging zum
Fenster und winkte jemanden, der draußen ganz in der Nähe stehen mußte, herein.
    »Tot !« stieß
Mrs. Archer hervor. Sie hatte sich so in den Vorhang eingehüllt, daß nur noch
ihre Augen zu sehen waren.
    »Genau. Wenn ich den Strom im ganzen
Haus nicht sofort abgestellt hätte, als Sie den ersten Schrei ausgestoßen haben
— ich hab die Hauptsicherung unten im Keller abgeschaltet — dann hätten Sie
einen tödlichen Stromstoß abgekriegt. Das Wasser in der Badewanne wäre ein
ausgezeichneter Leiter gewesen. Das hat er also vorgehabt, als er immer wieder
diese Lampe umgestoßen hat.
    Wissen Sie denn nicht, was passiert,
wenn so ein Ding in einer Badewanne landet und Sie drinliegen? Der Rand der
Wanne hat Ihnen wahrscheinlich mehrmals das Leben gerettet, weil die Lampe
nicht darüber gekippt ist. Heute hat er dafür gesorgt, daß das nicht passieren
würde, denn er hat den Abstand zwischen dem Lampensockel und dem Wannenrand
nachgemessen und dann die Lampe so nah an die Wanne herangerückt, daß sie auf
jeden Fall über den Rand kippen und ins Wasser fallen mußte. Ich hab ihn durch
das Fenster beobachtet. Los jetzt, Freundchen. Kommen Sie nach unten, sobald
Sie sich etwas übergezogen haben, Mrs. Archer .«
    Westcott und Archer saßen im Wohnzimmer
und warteten auf sie, als sie etwas später ganz wackelig die Treppe
herunterkam, als fühle sie sich sehr schwach, den Morgenmantel fest um sich
geschlungen, als sei ihr kalt. Ein versteinerter, desillusionierter Ausdruck
lag auf ihrem Gesicht. Es war noch ein dritter Mann da, wahrscheinlich
Westcotts Assistent, der ihm bei der nächtlichen Überwachung des Hauses
geholfen hatte.
    Als sie das Zimmer betrat, sagte Archer
gerade mißmutig zu seinem Bewacher: »Sie glauben doch nicht im Ernst, daß Ihnen
meine Frau das Märchen, das sie da oben von sich gegeben haben, glaubt .«
    »Ich hab sie schon überzeugt«,
erwiderte Westcott. »Sehen Sie sie doch an .«
    »Es stimmt, Stephen«, sagte sie mit
matter Stimme, ließ sich heftig zitternd auf einen Stuhl sinken und bedeckte
die Augen. »Es ist zu oft passiert, das konnte kein Zufall mehr sein. Warum
hast du jedes Mal was vergessen und bist immer genau dann
zurückgekommen, wenn ich im Bad war? Warum ist die Lampe jedes Mal
umgekippt? Und was hatte das Maßband aus meinem Nähkasten heute morgen im Bad
zu suchen? Ich hab es nicht da hingelegt .« Aber
sie sah ihn nicht an, während sie das sagte, sondern starrte betrübt zu Boden.
    Archers Gesicht verfinsterte sich;
höhnisch kräuselte er die Lippen. »So eine bist du also, glaubst dem erstbesten
Polypen, der hier reinschneit !« Wütend drehte er sich
zu Westcott um. »Okay, Sie haben sie gegen mich aufgebracht und auf Ihre Seite
gezogen«, knurrte er. »Aber was bringt Ihnen das? Sie können mich nicht für ein
Verbrechen drankriegen, das überhaupt nicht begangen wurde !«
    Westcott sah seinen Assistenten an.
»Hast du irgendwas rausgekriegt ?«
    Der Mann reichte ihm wortlos ein
beschriebenes Blatt Papier. Westcott las es durch, blickte dann lächelnd auf.
    »Wegen des Verbrechens, das Sie begehen
wollten und an dem wir Sie eben gehindert haben, kann ich Ihnen natürlich
nichts anhaben. Wohl aber krieg ich Sie wegen eines Verbrechens, von dem Sie
nicht mal wissen, daß Sie es begangen haben, aber passiert ist es
trotzdem. Und dafür werd ich Sie vor den Kadi schleppen !«
    Er wedelte mit dem Blatt Papier. »Ein
gewisser Tim McRae, angestellt als Bote bei Ideal, dem Spirituosenladen, starb
am Abend des 21. Dezember 1939, ein paar Stunden, nachdem er von der Arbeit
nach Hause gegangen war, eines qualvollen Todes. Das steht hier in dem Bericht.
Man hielt es für einen Unfall, vergifteter Alkohol, Fusel, hieß es damals, und
man hat dem Ganzen keine große Bedeutung beigemessen.
    Aber mit Hilfe von Mrs.

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