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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornell Woolrich
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ihren
hochhackigen Schuhen donnerte sie für gewöhnlich die harten Holzdielen entlang,
als explodiere bei jedem ihrer Schritte ein kleiner Knallkörper.
    Eine Art sechster Sinn ließ ihn sich
plötzlich umdrehen und nach hinten schauen, zur Eßzimmertür, und er tat es
gerade noch rechtzeitig, um einen Mann langsam auf sich zukommen zu sehen,
gebückt, mit nach vorne gebeugtem Oberkörper. Er war ein paar Meter von ihm
entfernt, befand sich noch im Eßzimmer, aber ehe Stapp, dem vor Überraschung
die Kinnlade herabgefallen war, auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte,
war der andere bereits bei ihm, packte ihn brutal an der Kehle und drückte ihn
fest gegen die Wand.
    »Was machen Sie hier ?« keuchte Stapp.
    »He, Bill, doch jemand zuhaus !« rief der Mann verhalten nach oben. Dann holte er mit der
freien Hand aus und versetzte Stapp einen wuchtigen Schlag gegen die Schläfe.
Stapp konnte nicht ausweichen, denn hinter ihm war die Wand, und die gab ihm
den Schlag mit doppelter Wucht zurück. Einen Augenblick lang drohten ihm die
Sinne zu schwinden, er sah nur noch wirbelnde Nebelschwaden.
    Ehe er wieder einen klaren Kopf hatte,
war in Windeseile ein zweiter Mann von oben heruntergekommen, der sich gerade
noch irgend etwas in die Tasche stopfte.
    »Du weißt, was zu tun ist, los, beeil
dich !« befahl der erste. »Besorg mir was, womit ich
ihn fesseln kann, und dann nichts wie weg !«
    »Um Gottes willen, nicht... « , konnte Stapp trotz des Würgegriffes noch hervorstoßen.
Der Rest ging unter in seinem verzweifelten Versuch, sich freizukämpfen; er
trat wild um sich und versuchte, die Hände des anderen von seiner Kehle zu
lösen. Er wollte den Mann gar nicht abschütteln, er versuchte nur, seinen Griff
so lange zu lockern, bis er herausgebracht hatte, was er ihm sagen wollte, doch
sein Gegner konnte diesen Unterschied nicht erkennen. Er schlug ein zweites und
ein drittes Mal brutal auf ihn ein, und Stapp sackte an der Wand zusammen, ohne
jedoch vollständig das Bewußtsein zu verlieren.
    Der zweite Mann war bereits mit einem
Seil zurückgekommen, das aussah wie Frans Wäscheleine aus der Küche, die sie
immer montags benutzte. Stapp, dem der Kopf benommen nach vorne fiel, auf den
Arm, der ihn noch immer gegen die Wand drückte, bekam verschwommen mit, wie es
nun kreuz und quer um ihn herumgeschlungen wurde, um die Hände, die Beine, den
ganzen Körper.
    »Nicht...«, stieß er hervor. Da wurde
ihm plötzlich der Mund gewaltsam aufgerissen und ein großes Taschentuch oder
ein Stoffetzen hineingestopff, womit all seine Versuche, etwas von sich zu
geben, wirksam unterbunden wurden. Dann wickelten sie ihm etwas um den Kopf und
banden es hinten zusammen, damit der Knebel nicht herausrutschte. Jetzt hatte
er sich wieder gesammelt, doch nun war es zu spät.
    »Kämpfernatur, was ?« stieß der eine grimmig hervor. »Wofür er sich wohl so ins Zeug legt? Hier gibt’s
ja nun wirklich nichts zu holen .«
    Stapp spürte, wie sich eine Hand in
seine Jackentasche schob und seine Uhr herausholte. Dann glitt sie in seine
Hosentasche und kam mit dem bißchen Kleingeld, das er bei sich hatte, wieder
heraus.
    »Wo sollen wir ihn hinpacken ?«
    »Lassen wir ihn doch einfach hier .«
    »Nee. Das letzte Mal bin ich im Knast
gelandet, weil ich einen einfach so liegen lassen hab, da könnt’ er mir zu
schnell die Polypen auf ‘n Hals hetzen. Einen Block weiter ham se mich schon
erwischt. Stecken wir ihn wieder da unten rein, wo er hergekommen ist .«
    Das rief wieder einen heftigen Krampf
in ihm hervor, er zuckte beinahe wie ein Epileptiker. Er krümmte und wand sich
und warf den Kopf vor und zurück. Sie hatten ihn jetzt an Schultern und Beinen
hochgehoben, stießen mit dem Fuß die Kellertür auf und trugen ihn die Treppe
hinunter. Er schaffte es noch immer nicht, ihnen klarzumachen, daß er keinen
Widerstand leisten wollte, daß er nicht die Polizei rufen würde, nicht im
geringsten die Absicht hatte, sie verhaften zu lassen — wenn sie ihn nur mit
sich von hier weggehen lassen würden.
    »So isses schon besser«, meinte der
eine, als sie ihn auf den Boden legten . »Wer immer hier
zusammen mit ihm wohnt — hier unten werden sie ihn nicht so schnell finden .«
    Stapp fing an, den Kopf wie ein
Verrückter auf dem Fußboden hin- und herzurollen, erst in Richtung auf den
Wecker, dann zu den beiden Männern hin, wieder zum Wecker und wieder zu ihnen.
Doch er tat das so schnell, daß sie dem Ganzen gar keine Bedeutung

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